Im Garten

Ich gehe am Abend noch raus, die Füsse vertreten. Unsere Katze Mali empfängt mich im Garten. Willst du mich begleiten? Sie kommt durch das Gartentor, geht mit mir über die Strasse. Dann sitzt sie ab. Sie begleitet mich bis an die Grenze ihres Bezirks. Darüber hinaus geht sie nicht.

An der Grenze
Ich gehe in die Stadt, verbinde den Spaziergang mit einem Weg zum Geld-Automaten. Weiter unten sitzen die Leute in einer Gartenterrasse. Fröhliche Stimmen, Geräusche eines Sommerabends. In diesem Lokal war ich noch nie. Ich gehe bis zur Grenze meines Bezirkes.

Ich komme nach Hause. Soll ich noch arbeiten? Ich fühle mich „ausgepumpt“. Plötzlich ein Miauen, eine Katze springt auf mich zu. Mali. Sie hat mich an der Grenze erwartet. Sie geht ein paar Schritte mit mir, dann bleibt sie zurück. Sie will im Garten bleiben.

Heute haben wir den Dachstock ausgeräumt. Nach den Ferien beginnen sie mit dem Umbau. Zuerst stört es mich. Dann akzeptiere ich es. Das gehört jetzt dazu. Es wird leichter im Haus, wenn das alles weg ist. Beim Ausräumen schweiften die Gedanken.

Was ich noch sagen wollte
„Was ich noch sagen wollte, falls ich morgen tot bin.“ Dieser Satz geht mir durch den Sinn. Er passt zum 1001-Nacht-Spiel von Antonia. Da muss man eine Geschichte wissen, die Leben rettet. Denn grundsätzlich ist es verwirkt. Aber für die Dauer einer Geschichte, für die Dauer einer Nacht…

Was ich noch sagen wollte. Als ich ins Haus komme, riecht es wunderbar nach Gebackenem. Deborah und ihre Kollegin haben für ihre Jugendgruppe zwei Marmor-Cakes gebacken. Einen nimmt die Kollegin nachher mit. Ich darf ein bisschen dabei sein, helfen. Danke.

Sandra ist auf ihrem Abschlussfest nach sechs Jahren Primarschule. Dort backt auch sie etwas. Am Nachmittag bin ich in einer Sitzung. Da klingelt es. Drei Mädchen stehen an der Tür. Sandra schickt sie. Ob wir Käse haben, Reibkäse. Offenbar hat Sandra auch das Mehl mitgenommen. Denn als Deborah mit ihrer Kollegin backen will, ist keins mehr da. Ich bringe ihnen den Käse. Danke.

Antonia ist im Freizeitzentrum. Sie macht dort eine Moderation mit einer Krimi-Autorin. Heute ist ein wichtiger Abend. Das bringt Sponsoren-Gelder für das Zentrum und hilft überleben. Danke.

Dank
Das wollte ich noch gesagt haben, falls ich morgen tot sein sollte. Danke. Es ist unspektakulär und wunderbar. Ich habe irgendwie nichts erreicht von allem, was ich erreichen wollte. Aber rings um mich herum lebt es. Es ist aufgewachsen, ich weiss nicht wie. Es lebt aus einer Kraft, ich weiss nicht woher. Danke für diese Nacht.

1001 Nacht
Ob wohl noch weitere folgen? Ich möchte weitergehen in diesen Garten hinein. Die Katze liegt vorne unter dem Busch. Vielleicht springt sie mich an, wenn ich vorbei gehe. Vielleicht begleitet sie mich ein Stück. Es ist ihr Gebiet. Sie verlässt es nicht. Und findet doch alles, was sie zu einem Wunder braucht.

 

Foto von Gary Barnes, Pexels
Aus Notizen 2009