Tag Archive for: Ethik

Manche Nationen haben ein sachliches Verhältnis zu ihrem Siedlungsort, zu ihrer Staatlichkeit, zu ihrem Territorium. An anderen Orten ist die Geschichte mit so viel Auf und Ab, Erfolg und Leid, verbunden, dass die Verbindung schicksalshaft erscheint. Oft wird das Verhältnis religiös gesehen, das Land erscheint als Gottesgabe, das Volk als Verheissungsträger. Das Christentum, im Römischen Reich gross geworden, spricht von einem universalen Reich Gottes. In solchen Begriffen verbinden sich religiöse und weltliche Gehalte. Das gilt es zu verstehen.

Was ist Israel, was ist die Kirche?
Im Theologiestudium begegnet mir immer wieder die Rede vom Gottesvolk, vom Reich Gottes und vom Gelobten Land. In der «Kirchengeschichte» und in der «Geschichte Israels» wird erzählt, wie es diesen Grössen in dieser Welt ergeht. Dabei taucht eine Schwierigkeit auf: Kirche, Volk Gottes, Israel sind in der biblischen Verwendung Ganzheitsaussagen. Sie lassen sich nicht einfach in Begriffen der empirischen Welt abbilden. Sonst landet das Gespräch in Sackgassen.

Sackgassen der Diskussion
In der Bibel ist „Israel“ ein theologischer Begriff. Eine historische Engführung in der „Geschichte Israels“ muss in dieselbe Sackgasse führen wie die „Leben-Jesu-Forschung“ in der Theologie-Geschichte. Viele Autoren plagen sich mit der Vor- und Frühgeschichte Israels: „Wo beginnt jene Grösse, die als „Israel“ anzusprechen ist?“ Es beginnt mit dem Glaubens-Verhältnis, es beginnt mit dem Verhältnis von Gott und seinem Volk, mit dem Akt des Bekenntnisses, es beginnt einmal und immer wieder neu. In der „Geschichte“ ist dafür kein Anfang auszumachen, genauso wenig, wie die Leben-Jesu-Forschung in der Geschichte einen Anfang der Einheit Jesus-Christus ausmachen kann.

Historisch findet man allenfalls Spuren eines historischen Jesus, aber als „Jesus, der Christus“ lebt er nur in Bekenntnis, im „Kerygma“, und also in Bekenntnistexten. Ebenso kann der kerygmatische Charakter des Israel-Verhältnisses nicht historisch unterlaufen werden – ausser in einer Geschichts-Theologie, in welcher „Geschichte“ als direkte Offenbarung Gottes aufgefasst wird. Dort fallen historische und theologische Wahrheit zusammen; der Glaube kann sich „historisch“ seiner selbst vergewissern. Theologie und Geschichte sind aufeinander zugeordnet. Nach dem Bruch dieser Einheit nach dem Zweiten Weltkrieg (das geschah schon früher, wurde aber erst dann breit rezipiert) ist das nicht mehr möglich. Jetzt noch historisch nach einer Vor- oder Frühgeschichte Israels zu fragen (und dabei jene theologische Grösse zu meinen) ist methodisch nicht möglich und erkenntnistheoretisch unsinnig.)

 

Inhaltsverzeichnis

Wer ist „Israel“?. 2

Ethnische Engführung. 2

Positivistische Engführung. 3

Ethische Engführung. 4

Umkehr 4

Zusammenfassung. 5

 

 

Wer ist „Israel“?

In der hebräischen Bibel wird Israel schon in den Vätern präfiguriert. An sie gehen die Verheissungen und über sie an ihre Nachkommen. Über die Volks- und Nachkommens-Verheissung sind die Patriarchen mit den folgenden Geschlechtern verbunden. Genealogie dient als Band, ähnlich wie die apostolische Sukzession im Katholizismus.

Ist das mehr als ein Bild? Die Menschheit und also das empirisch erscheinende Volk Gottes besteht zum grössten Teil aus Toten: denen die vorher gelebt haben und denen die noch folgen. Es ist ein über-empirischer Ganzheitsbegriff, der mit der empirischen Grösse der heute und hier lebenden Menschen nicht abgedeckt werden kann. Also muss der Partner Gottes in der Volk-Gottes-Verheissung auch über-empirisch umschrieben werden, z.B. eben in Form einer Patriarchen-Gestalt: eines Stammvaters eines Volkes, aus dessen «Samen» die kommenden Geschlechter hervorgehen.

Der Rest und das Ganze
(Eindrücklich für diese Frage ist die „Rest“-Vorstellung bei Jesaja. Nach dem Untergang des Nord- und Südreichs bleibt ein Rest, der jetzt das Volk Gottes verkörpert. Erst fällt nur das Nordreich Israel. Juda sagt: Wir sind übriggeblieben! Also waren wir fast wie Sodom. Es gab noch einen Rest von Gerechten, daher gibt es einen Rest von Geretteten. Dann fällt auch Südreich. Ergo: Wir sind ganz wie Sodom, es gab keinen Rest von Gerechten und Geretteten. Die Restvorstellung wandelt sich: Soll es denn wirklich sein, dass Gott die Menschheit ganz aufgegeben hätte? Das hat er ja auch nach der Sintflut nicht getan, er hat einen Rest bewahrt, aus dem wie aus einer Arche ein neues Volk Gottes hervorging.

Es entsteht also ein Rest-Bild im Sinn einer Arché, eines „principiums“, eines keimhaften Restes.  Bei Jesaia in Naturbildern: der Baumstumpf – obwohl der Baum ganz abgeschnitten ist, kann wie durch ein Wunder aus dem Stumpf ein neuer Sprössling emporwachsen. Oder das Bild des Samens. Der Wald ist abgebrannt, aber aus den in der Erde ruhenden Samen sprosst neuer Wald. Oder das Bild des Kindes. Es ist im Mutterschoss noch verborgen, aber aus ihm sprosst ein neues Volk. Das verbindet sich mit der Hoffnung, dass Israel, als Volk Gottes, unter einem neuen Davididen neu erstehen wird. Das Kind aus dem Geschlecht Davids ist schon da. Das «Ganze» des neuen Gottesvolkes entsteht wie das Wachsen eines Kindes: der Friedefürst und sein Volk.

Das zweite Testament formuliert aus diesen Motiven eine Kindheits-Geschichte Jesu: er ist der keimhafte Rest, aus dem das Ganze kommt, er ist der kindliche Davidide, aus dem das Gottesreich neu ersteht.)

Ethnische Engführung

Aufgrund der Väter-Geschichten kann man das Volk Israel also genealogisch umschreiben. Gegen eine ethnisch definierte Engführung eines solchen genealogischen Verständnisses, wie es in der Diaspora, fast notwendig, entstehen muss, hilft eine Besinnung auf den überempirischen Charakter des Gottes-Volkes, was die genealogische Redeweise als Gleichnis erkennen lässt.

Aber auch bei den Vätern ist Genealogie ohnehin nicht das einzige Band. Schon dort wird Zugehörigkeit durch einen Bekenntnis-Akt gestiftet, die Beschneidung.  Denn Zugehörigkeit erfolgt nicht qua physischer Beschaffenheit, sie erfordert eine Antwort des Menschen, sie wächst ihm nicht zu wie die nationale Zugehörigkeit. Auch das Volk Gotts ist eben eine überempirische Grösse, die nicht ein-eindeutig in empirische Grössen abgebildet werden kann. Deshalb deckt sich der Kreis der Beschnittenen schon bei den Vätern nicht mit dem Kreis der genealogisch zu den Patriarchen Gehörigen: Abraham beschneidet auch die Fremden, die bei ihm sind, die genealogisch nicht Zugehörigen.

Positivistische Engführung

Nach der Reichsgründung gibt es nun eine empirische Grösse, die sich „Israel“ nennt, das Nordreich. (Die Autoren, die sich aufmachen, eine „Geschichte Israels“ zu schreiben, atmen auf: endlich ein fester Anhaltspunkt. Wenn schon Vor- und Frühgeschichte zweifelhaft sind, hier kann die Darstellung endlich auf festem Boden einsetzen. Denkste! Das ist eine positivistische Engführung, welche empirische und überempirische Grössen identifiziert.)

Insofern wir alle in empirischen Verhältnisse leben, sind wir alle auf den Versuch verwiesen, das Reich Gottes schon hier zum Ausdruck zu bringen. Wenn also eine Reichsgründung, eine Staatenbildung gelingt (wie im modernen Israel), muss das nicht zur Versuchung werden, beide Ebenen zu vermischen?  So kann bei positivistischer Engführung eine nationale Definition der Grösse Israel (als Verheissungsträger) entstehen (so wie man halt zur „Kirche“ gehört, wenn man in sie hineingeboren ist).  Das muss ins Abseits führen.

Prophetische Kritik
Ohnehin, jede historische Verwirklichung überhistorischer Grössen steht bleibend in der Differenz: Das im Modus der Verheissung Gegebene und im Glauben Angeeignete ist immer kultur-schöpferisch, es tendiert dazu, empirischen Ausdruck zu finden. Aber es ist immer auch kultur-kritisch; es geht über jeden Versuch hinaus, der immer nur vorläufig sein kann.

Die Differenz zwischen den empirischen und intelligiblen Gehalten im Gottesvolk-Begriff ruft die prophetische Kritik hervor: das Reich Gottes ist nicht „da“, es ist verborgen. Das Recht ist nicht am Verhalten der Menschen einfach ablesbar. Wenn wir vom Gesetz wissen, dann kontrafaktisch, weil das Gewissen uns daran mahnt, weil die Gebote es uns vor Augen stellen. Gott ist allenfalls im Gebot „da“, aber noch nicht in seiner Reichsherrschaft. Das Recht wird aber «offenbar» im Gericht. Im Urteil und in der Rechtfertigung wird offenbar, wer und was recht bzw. unrecht ist.

Eine genealogische oder nationale Definition wird hier aufgesprengt: zum Volk Gottes gehört nicht einfach, wer zur Nachkommenschaft der Patriarchen gehört oder wer zur nationalen Grösse Israel gehört. (Wo ist sie denn geblieben, diese nationale Grösse? Von den Assyrern zerstört. – Sollten die Assyrer stärker sein als Gott, sollte Gott kein Volk mehr haben, nur weil es den Assyrern so gefällt? Das sei ferne! Hier offenbart sich Gott, im Gericht, das sich der Assyrer als Mittel bedient. Damit wird aber auch das Volk Gottes neu definiert).

Die Propheten sprechen von einem “Buch“, in das die Zugehörigen des Gottes-Volkes eingetragen werden. Das Buch ist noch verborgen, nur Gott kennt es, aber im Gericht wird es für alle offenbar. (Die Zugehörigkeit wird „am Ende“ offenbar. Die Eschatologie wird beigezogen um das Ineinander von Ganzheit und sinnlicher Wirklichkeit in der Geschichte zu umschreiben.)

Ethische Engführung

Wird das Volk Gottes hier zu einer ethischen Grösse? Nützt es gar nichts mehr, über die Genealogie an den Verheissungen teilzuhaben? Dass die Ganzheit als „Volk Gottes“ nicht über eine ethische Verhaltenszumutung an die Menschen verwirklicht werden kann, wussten auch die Propheten. Sie haben es bitter erfahren. Denn das Volk antwortet nicht auf den Umkehrruf, es ist verstockt (und als die Katastrophen immer weitergehen, heisst es: Gott selbst hat sie verstockt, bis das Gericht zu Ende ist. Dann ist die Schuld abgebüsst. Dann kommt ein neuer Anfang: Dann gilt wieder die Verheissung: Wer die «Richtigkeit» einhält, wird Erfolg haben, wer dagegen verstösst, wird untergehen. Diese Konzeption gerät aber in die Krise, bis zur Schuldvertiefung, bis zur Erkenntnis: der Mensch kann das Gesetz gar nicht halten. Er kann aus eigener Kraft Sein und Sollen nicht versöhnen. Wenn diese nicht schon in Gott zusammenstimmen, gibt es kein Heil und keine Ganzheit.

Aus der Klage gegen den Schöpfer geht Gott in der Theodizee als Sieger hervor.  Gott hat die Welt gut geschaffen, aber der Mensch ist aus eigener Schuld in diese Unfähigkeit gefallen. Die Güte Gottes als Schöpfer und Erhalter zeigt sich jetzt aber in seiner Neuen Schöpfung, in seinem Erlösungswerk, in welchen Motiven und Traditionen das auch immer ausgesagt wird: er schafft einen «neuen Menschen», der sich nicht in dem unvereinbaren Dualismus von Gebot und Herz zerreibt, sondern dem das Gesetz direkt ins Herz geschrieben ist. Er führt uns «aus der Sklaverei» und erlöst uns wie seinerzeit in Ägypten. Er wird aus dem «Rest», der der Ausrottung entgangen ist, ein «neues Volk Gottes» erstehen lassen. Er sendet einen «Herrscher aus dem Geschlecht Davids» …)

Das Tun des Nichttuns
So wie die Propheten alte, vorläufige Gottes-Volk-Vorstellungen, die in eine Krise geraten waren, aufheben und neue formulieren, so wird in ihrer Tradition die weitere Erfahrung im Sinn einer Schuldvertiefung fortgeschrieben. Dieser läuft aber eine Fortschreibung der Verheissungen parallel. Die von Gott seinem Volk zugesagte Ganzheit überwindet auch diese historisch neu erfahrenen Brüche und Schuldmöglichkeiten des Menschen. Das Reich Gottes kann nicht durch Gebots-Frömmigkeit errichtet werden. Es ist ein gnadenhaftes Geschenk Gottes, wobei die Freiheit des Menschen aber nicht einfach aufgehoben wird. Diese „Dialektik“ oder das Spannungsverhältnis von Gottes-Gabe und Gottes-Forderung, von Glaube und Verantwortung, von Religion und Ethik, wird im Dekalog mit seinen beiden Tafelhälften ausgesagt, vor allem im Sabbat-Gebot, das in jener Zeit ins Zentrum rückt.

Es gebietet ein Nicht-Tun. Das Tun des Menschen, das zur Gerechtigkeit führt, ist das Gedenken, dass das Heil von Gott kommt. Erst so wird er frei aus der Lähmung der blossen Ethik, die aus innerer Notwendigkeit hypertroph werden muss (der Mensch ist nun mal nicht das Subjekt der Geschichte, das seine Existenzgrundlagen selber in Händen hält. Er findet sich vor, hat sich nicht selbst geschaffen…).

Umkehr

So gewinnt der Umkehrruf einen neuen Gehalt. Er ist nicht nur ethische Umkehr, sondern, wie es der Name sagt: Umkehr zu Gott, in dem Sein und Sollen bereits zusammenstimmen, ohne dass das dem Menschen aber als quasi ontologischer Besitz einfach zukommt. Umkehr ist weder ein ethischer Akt allein, eine Tatvermittlung von Sein und Sollen durch den Menschen, noch ein symbolischer Akt allein: die Ganzheitsrepräsentation, das im Glauben erfahrene Zusammenstimmen von Sein und Sollen bereits in dieser empirischen Welt, wo beides real noch auseinanderklafft.

Umkehr ist ein Begriff auf der Scheide zwischen Ethik und Religion, von Verantworten und Glauben. Im zweiten Testament heisst es «Metanoia»: Es ist ein metanoetischer Akt, wo immer der Übergang von intelligiblem Glauben in empirisches Tun gegeben ist (Ethik), wo es sich aber darin nicht erschöpft, denn aus der Enge der empirischen Grenzen ist umgekehrt immer der Übergang zur Ganzheit möglich.

Das Ganze in einem Augenblick
So kann Jesus am Kreuz dem Verbrecher neben sich noch in dessen letztem Lebens-Augenblick das Heil zusagen. «Noch heute wirst du mit mir im Paradiese sein.» Hier hat das Ganze in einem Augenblick Platz, sei es als glaubend erfahrene Heilsrepräsentation, sei es Befreiung aus der Lähmung blosser Ethik zur Tatwerdung.

Zusammenfassung

Auch wenn der heutige nicht-jüdische Synagogen-Besucher den Eindruck hat, dass der Begriff «Volk Israel» hier mit einer ethisch definierten Grösse gleichgesetzt wird (was aus der historischen Situation erklärbar ist), die hebräische Bibel hat viel umfassendere Antworten darauf parat. Es geht um dieselben Fragen, wie sie sich die christliche Kirche seit je stellen musste und auch heute stellen muss. Es geht um Heilszugehörigkeit, um das Verhältnis von Gott, Welt und Mensch, um die Ganzheit.

„Volk Gottes“, „Kirche“ und „Israel“ stehen im Spannungsfeld sich wechselseitig bedingender Grössen: Weder können sie als empirisch auffindbare Grössen in ihrem vollen Bedeutungs-Gehalt ausgesagt werden, noch leben sie allein in bloss intelligiblen Gehalten. Wie der Begriff der „Menschheit“ selbst gehören sie beiden Bereichen an, in wechselseitiger Beziehung. Sie müssen empirisch konkret und zeitlich werden, gehen in der „Verwirklichung“ aber nicht auf (sie ver-wirken sich nicht). Insofern stiften sie empirische «Wirklichkeit“ und stehen dieser in all ihren Ausprägungen auch kritisch gegenüber.

Wenn sie nicht einfach empirisch feststellbar und umgrenzbar sind, so gelingt es doch auch nicht, sie nur ethisch zu definieren: „wer das und das tut, der gehört dazu!“, weil die Grenzen des Menschen das verhindern. Er ist nicht das Subjekt der letztendlichen Versöhnung von Sein und Sollen. Und doch, wenn es eine solche Versöhnung nicht gäbe, höbe sich Ethik in Absurdität auf und Leben wäre vollends unmöglich. Das Zusammenstimmen von Sein und Sollen in einer Ganzheit kann deshalb auch symbolisch in den Bedingungen der empirisch begrenzten Lebenswelt repräsentiert werden. Es wird im Glauben ergriffen, so dass sich der Lebensvollzug vertrauensvoll darauf verlassen kann, Verantwortung wird wieder möglich. Neben dem Spannungsfeld empirisch-intelligibler Gehalte steht das Gottes-Volk also auch im Spannungsfeld von Glauben und Verantworten, Ethik und Religion.

Umkehr als vermittelnde Grösse
Die Einheit all dieser Spannungen liegt nun in einem Begriff, der selber die Polarität in sich aufnimmt. Weder gehört er nur der empirischen, noch nur der intelligiblen Sphäre an. Weder ist er nur ein Glaubensbegriff noch nur ein religiöser Begriff: Umkehr, Metanoia. Zum Volk Gottes, zur Kirche, zu Israel gehört, wer umkehrt. Umkehr ist das, was die biblischen Autoren selbst in der letzten Stufe der Schuldvertiefung dem Menschen noch zumuten. Selbst wenn all seine Fähigkeiten für korrumpiert gehalten werden, umkehren kann er immer noch, und sei es im letzten Augenblick des Verbrechers am Kreuz.

Mögliche Autonomie
Es ist aber nicht einfach ein Symbolbegriff, der Freiheit und Verantwortung aufhöbe, weil alles vom Glauben erwartet wird. Er stiftet Freiheit, nicht im Sinn einer absoluten ethischen Autonomie. Aber im Sinn einer ethischen Autonomie, wie sie dem Menschen möglich ist:  Als Befreiung zur Tatversöhnung zwischen Sein und Sollen unter der Voraussetzung, dass sich beides überhaupt versöhnen lässt. Die Vertrauenshaltung des Glaubens sagt das als Geschenk Gottes aus. Die Welt ist kein Chaos, sondern da ist ein Gott, ein lebendiger Gott.

Die Einheit der Lebenswelt beschränkt sich nicht auf den physikalischen Bereich, wo sie in Form einer „universellen Weltformel“ ausgesagt wird (die gesuchte Vereinigung aller bekannten Energieformen, nachdem durch Einstein schon die Bereiche Energie und Materie auf die Formel «E= m x c 2» zurückgeführt werden konnten), auch die notwendigen Lebensintuitionen von Vertrauen und Verantwortung sind dort aufgehoben. Leben ist möglich; und alles, was Leben ermöglicht, wird vertrauensvoll in Gott gesetzt.

 

Aus Notizen 1988
Foto von pw

Im Dunkeln, vor dem Aufstehen, höre ich Psalmen. «Gott ist in Juda bekannt, sein Name ist gross in Israel; / in Jerusalem ist sein Zelt und seine Wohnung in Zion. / Dort zerbricht er die Pfeile des Bogens, Schild, Schwert und Kriegsgerät.» (Ps 76) Weiterlesen

Erinnert euch an euern Weg, sagt Moses zu seinem Volk. Ihr seid durch eine Wüste gekommen. Da war kein Weg sichtbar, den ihr gehen konntet. Gott hat vor euch einen Weg aufgemacht. Geht weiter auf diesen Weg, so kommt ihr in das gelobte Land, wo Milch und Honig fliesst. Weiterlesen

Als die Zeit sich verdüsterte revidierte er sein Weltbild. Sein bisheriger Optimismus widersprach so vielem, was die Zeit vor Augen stellte. Nicht nur am einzelnen Menschen zweifelte er, die ganze Menschheit schien einem Abgrund zuzulaufen. Weiterlesen

Der Gedanke der «Erbsünde» – heute hat man schon vor dem Wort einen Horror -half damals, den Konflikt zu überwinden zwischen dem Glauben an einen guten Gott, der lebensnotwendig war, und der gegenteiligen Erfahrung eines Lebens, das einen mit Leid und Unrecht konfrontierte. Und es lag nicht am guten Willen, die Menschen hatten das Gefühl, in etwas verstrickt zu sein, was sie lähmte und Dinge tun liess, die sie nicht wollten. So erlebten sie sich selbst dabei, wie sie beim besten Willen das Falsche taten, was das Leben belastete und verstörte.

Es war, als ob man auf eine abschüssige Bahn geraten war, bei aller Anstrengung, den geraden Weg zu gehen. Es rutschte alles ab und es gewann an Fahrt. So antiquiert sich das alles anhört, ein Zeitgenosse kann das wohl nachvollziehen, wenn er an die Klimazerstörung denkt, an das Artensterben. Da ist etwas ins Rutschen geraten. Und von morgens bis abends, als Angehöriger der «westlichen Welt», erlebt man sich als Profiteur einer Weltwirtschaftsordnung, die zulasten von anderen Menschen und Kontinenten geht, und man kann nicht aussteigen. Weiterlesen

Wir haben den Film «Wilde Fields» gesehen. Er spielt in der Ukraine, nach 2014, als der Krieg im Süden und Osten begonnen hatte. Der Film zitiert einen „Western“, spielt aber im Osten und sagt damit: Das Recht ist noch nicht angekommen. Hier gilt das Faustrecht. Es gewinnt, wer den Revolver schneller ziehen kann. Weiterlesen

Einleitung
«Immer schneller und radikaler wird das öffentliche Leben in der Schweiz eingeschränkt», schreibt die NZZ. «Die Börse reagiert mit Panik auf die Entwicklungen der Corona-Krise.» Geht die Entwicklung nur noch bergab?
Im Gespräch lässt jemand das Wort «apokalyptisch» fallen. Als ich jung war, hatten meine Eltern ein Bild an der Wand: „Die apokalyptischen Reiter“. Ich verband es mit den Schrecken, die sie durchgemacht hatten und die nur in dunklen Gerüchten auf mich gekommen waren: der zweite Weltkrieg, Bombardierung, die Gräuel der Nazizeit …

Kein Untergangs-Gerede
Heute redet man von «Apokalypse» im Sinn von Weltuntergang. Sieht man die Bibel an, so ist das ein Missverständnis. Dort geht es nicht um Weltuntergang, auch wenn dieser dort angesprochen wird, sondern um Rettung. Es geht nicht um Angstmachen, sondern um Ermutigung.
Das Wort Apokalypse meint „das Geoffenbarte“. Es gibt in der Antike viele Schriften zur Apokalypse. Im Neuen Testament findet sie sich in den Evangelien und in der „Offenbarung“ nach Johannes.

Trotz der schweren Zeit
Entstanden ist sie in einer Zeit der Not und der Verfolgung. «Wo ist Gott?», fragen die Menschen. «Warum hilft er nicht? Warum verzögert sich seine Hilfe?» Der Seher Johannes schaut in die Zukunft und sieht: Gott kommt, im Himmel ist der Kampf schon entbrannt (der Chaos-Drache wird gestürzt). Bald wird sein Eingreifen hier auf der Erde spürbar. Gott steht auf, er richtet seine Herrschaft auf.
So kann der Seher die Menschen trösten. Sie verzweifeln nicht an ihrem Weg, sie können wieder vertrauen: Gott hat es in der Hand, mein Leben, mein Schicksal und was um mich geschieht. Bald wird man es sehen.

Gegen den Zynismus
In diesem Vertrauen müssen wir nicht unsere besten Intuitionen verraten und zynisch werden. Wir müssen uns nicht selber helfen, weil es in dieser Welt kein Recht mehr gibt und nur der Stärkere überlebt. Wir können am Glauben festhalten: dass es Gerechtigkeit gibt und Barmherzigkeit, dass Unrecht nicht ungestraft bleibt, dass die Opfer Recht erhalten. Und die Welt wird nicht einfach untergehen. Auch das ist eine Intuition, die wir täglich brauchen, gegen die Ängste einer aufgewühlten Zeit.

Da ist ein Schöpfer, der sie in der Hand hält. Er ist die Quelle des Lebens. Er steht zu allem, was er geschaffen hat. Er stand am Anfang. Und er begleitet uns auf unserm Weg.

 

Inhaltsverzeichnis
Einleitung 1
Ein Globus fällt aus der Halterung 2
Katastrophen-Angst und Katastrophen-Lust 3
Die Normalitäts-Illusion 4
Die Geschichte kehrt zurück 5
Erweckung 6
Zuschauen wie die Bibel denkt 7
Die Apokalypse als «Schatten» des Evangeliums? 7
Eine Theologie der Geschichte 9
Der Jubel der Gerechtfertigten 10

 

Ein Globus fällt aus der Halterung

„Der Globus fällt aus der Halterung – mit diesem Bild hat der „Tages-Anzeiger“ an Sylvester Rückschau auf das vergangene Jahr gehalten. So will die Zeitung unsere Zeit auf den Punkt bringen: Die Welt hat ihre Achse verloren, das, was ihr Halt gibt, die Mitte, um die sich alles dreht.“

1. Januar 2002

Ein neues Millennium
Wie ein Fanal steht am Anfang des Millenniums der Anschlag von „Nine Eleven“. Als ob der Terror dem neuen Jahrtausend seinen Stempel aufdrücken wollte. Aber es war nicht der Terror allein. Ökologie und Ökonomie produzierten immer neue Schreckensmeldungen. In der Schweiz ist das Jahr 2001 als eigentliches „Katastrophenjahr“ in die Geschichte eingegangen.

„Wann hört das endlich auf?“, fragten sich viele Schweizer nach dem Absturz einer Crossair-Maschine bei Bassersdorf. Seit dem September häufen sich die Katastrophen-Meldungen. Auch Bundespräsident Moritz Leuenberger sprach von einem „schwarzen Herbst“ und erinnerte an die Terroranschläge in den USA, das Attentat in Zug, den Unfall im Gotthard-Tunnel und den Niedergang der Swissair.“

„1992 haben rund 1700 Wissenschaftler aus der ganzen Welt, darunter die meisten der Nobelpreisträger, eine „Warnung an die Menschheit“ verfasst: „Viele unserer gegenwärtigen Verhaltensweisen stellen ein ernsthaftes Risiko dar für die Zukunft, die wir für die menschliche Gesellschaft wünschen, aber auch für die Pflanzen- und Tierwelt. Und ohne Änderung können sie die lebende Welt so beeinflussen, dass diese das Leben nicht mehr tragen kann – in der Form, wie wir es kennen.“

Aus Notizen zum Jahr 2001

 

Katastrophen-Angst und Katastrophen-Lust
Überschwemmungen, Tierseuchen, Klimawandel, Ozonloch… – kaum ein Tag, an dem die Medien heute nicht von einer „Katastrophe“ zu berichten wissen. Die Gefährdung des Lebens ist zu einem grossen Thema unserer Zeit geworden. Hollywood hat die neue Gattung des „Katastrophenfilms“ geschaffen, und kürzlich brachte sogar das Kinder-Fernsehen einen Trickfilm, in dem ein Bärchen die Welt retten musste, weil die Zeiger der Weltzeituhr auf „fünf vor zwölf“ standen.

Katastrophen-Angst…
Seit den 70er Jahren wird es uns zunehmend bewusst, dass unsere Welt endlich und die Erde verletzlich ist. Nach dem Buch „Die Grenzen des Wachstums“ sprach man oft vom „Raumschiff Erde“ und verglich unseren Planeten mit einer „Arche Noah“, in der das Leben zwar behütet, aber auch gefährdet ist. In den 80er Jahren schufen Waldsterbe-Debatte, Unglücksfälle wie Tschernobyl und die Entdeckung von Ozonloch und Klima-Wandel ein eigentliches Katastrophen-Bewusstsein.

Die Soziologen sprachen von „Risiko-Gesellschaft“. Die Gesellschaft sei aus einem Zeitalter der Not in ein Zeitalter der Angst übergetreten. Nicht mehr die wirtschaftlich zu bekämpfende Not des Daseins stehe heute im Zentrum, sondern die Gefährdung der Lebensgrundlagen.

Auch technik-bedingte Unglücksfälle alarmierten immer wieder die Bevölkerung. Die Abdankungs-Gottesdienste für die Opfer von Flugzeugabstürzen oder Zugs-Kollisionen wurden zu medialen Grossereignissen, wo eine ganze Gesellschaft ihre Erschütterung, ihre Trauer und ihr Mitgefühl ausdrücken konnte. Die Gesellschaft fühlte sich als ganze mitbetroffen, weil die Krisenanfälligkeit zugenommen hatte und jeder sich damit konfrontiert sah. (Wie die Rückversicherungs-Gesellschaften berichten, haben sich die Katastrophen-Schäden zwischen 1970 und 1992 verzehnfacht).

… und Katastrophen-Lust
Neben einer „Katastrophen-Angst“ lässt sich aber auch eine Art „Lust an der Katastrophe“ beobachten. Die fast täglichen Berichte über Gefährdungen, Unglücksfälle und Übergriffe können auch eine übertriebene Selbstwahrnehmung als „Opfer“ erzeugen. Opfer sein ist zwar mit Ohnmacht verbunden, hat teilweise aber auch eine eigene Gratifikation bei sich, weil man Verantwortung abgeben kann, sich als „unschuldig“ fühlt.

An die Grenzen der Angst zu gehen, hat ebenfalls etwas Anziehendes an sich, weil diese Angst dort angesehen und bearbeitet werden kann. Es ist ein kreativer Prozess, der hilft, sich aus Lähmungen zu befreien und vorwärts zu gehen. So gibt es ein ganzes Genre von Hollywood-Filmen, die „den Mann“ zeigen, wie er auf dem Höhepunkt seiner Karriere „alles“ verliert: Stelle, Ansehen, Frau, Familie.

Es ist eine individuelle Katastrophe, Inbegriff der Ängste im Alltag vieler Männer. Aber das mal ausgemalt vor sich zu haben und zu sehen: das Ende ist oft nicht nur Endpunkt, sondern auch Ausgangspunkt von etwas neuem, das kann die Angst beruhigen und hat therapeutische Wirkung. Analoges gilt für kollektive Katastrophen-Ängste.

Eine andere Art Lust an der Katastrophe feiert diese als Vollstreckerin einer höheren Weisheit. Für viele Menschen haben die weltweiten Probleme heute ein derartiges Ausmass erreicht, dass einfach keine Partei, keine Regierung und kein System mehr sichtbar ist, dem man es zutraut, das Ganze noch in den Griff zu kriegen. So gibt es ein heimliches Einverständnis mit der Katastrophe, weil man hofft, dass die heute wirkenden Kräfte an ihre Grenzen stossen und von dort her eine Korrektur erfahren.

Das ist letztlich die Frage nach dem Subjekt, welches „das Ganze“ in Händen hält. Und das ist eine religiöse Frage. Die Faszination durch die Katastrophe hat damit zu tun, dass wir an der Grenze „dem Ganzen“ begegnen. Heute sei die Menschheit erstmals in der Lage, sich selbst auszulöschen, heisst es manchmal etwas pathetisch. In der Religions-Geschichte finden sich aber sehr frühe Beispiele für diese Vorstellung. Schon bei den ältesten Religionen finden sich Erzählungen von einem durch Menschen verschuldeten Untergang der Welt, weil dort, an der äussersten Grenze, die Kraft sichtbar wird, die alles trägt. Und in der Begegnung mit dieser Kraft können wir zur Ruhe finden – und zu einem neuen Verhalten. (…)

11. Juni 2001

Die Normalitäts-Illusion

Normalität, Alltag – das sind Begriffe, die die Gewissheit verkörpern, dass alles immer so weiter gehen werde, wie wir es gewohnt sind. Und wenn ein Problem auftaucht, so können wir es isolieren und bekämpfen. „Alltag“, da gilt die Formel „ceteris paribus“ – alles Übrige bleibt sich gleich. Zwar ist eine Frage da, aber alles andere läuft weiter. Darum können wir das eine identifizieren als „Problem“.

Die heutigen „Probleme“ haben aber die Tendenz, dass sie sich verzweigen, dass sie exponentiell wachsen wie die illegalen Glücksspiele im Schneeballsystem. Und wie dort werden nur wenige reich, die andern zahlen. Es treten Kipp-Punkte ein, wo das System in einen anderen Zustand wechselt und der alte Zustand ist nicht mehr wiederherzustellen. Da ist das Problem kein Einzelfall mehr, der sich abhebt vor einer überwältigenden Menge von Bedingungen, die gleich bleiben. Da ist es umgekehrt. Das Beharrende wird zum Einzelfall und alles andere verändert sich.

20. Juli 2012

Spinne ich?
Die Propheten sind die beruhigendste Lektüre in dieser Zeit. Sie nehmen die Unruhe auf, sie lügen nicht wie die ewig gut gelaunten Stimmen in den Medien, wie der ewig positiv gestimmte Konsum-Ton am Fernsehen.

So kann ich mich beruhigen bei ihrem Alarm. Wenigstens spinne ich nicht, denke ich, andere sehen es auch. Ich lebe nicht in einer Wahnwelt, es ist wirklich etwas los in der Welt. Aber wenn ich dann wieder an die Arbeit gehe, wenn ich ansehe, was die Kirche beschäftigt, dann denke ich wieder, ich spinne.

21. Juli 2012

Die Geschichte kehrt zurück

Ich mache Pläne für meine Pensionierung. Das sieht so aus, als ob ich alles selber ordnen könnte. Aber über meine private Zeit gestülpt ist wie eine Glasglocke die übergeordnete Zeit: In der Schweiz ist jetzt Ferienzeit. Viele sind weggefahren, es gab die üblichen Staus auf der Gotthardroute. Und zu dieser sozialen Zeit kommt jetzt wieder die historische Zeit.

Die Geschichte kehrt zurück. Wir hatten sie lange vergessen. Wir dachten, sie sei für uns mit dem Datum „1945“ (Ende des 2. Weltkriegs) oder „1989“ (Zusammenbruch der UdSSR und Ende des Kalten Kriegs) zu Ende gegangen. Aber sie ist wieder da, sie stört die sozial verordnete Ferienzeit, in der die Welt eigentlich still zu stehen hat, damit man Urlaub machen, die Zeitung vergessen, das Handy abstellen und sich ganz jener anderen Welt überlassen darf – bevor man dann wieder zurückkehrt, die Zeitungen überfliegt (es war nichts los) und die Postberge sichtet. Dann holt man bei den Nachbarn den Schlüssel zurück und dankt ihnen mit einem Mitbringsel für das Giessen der Blumen während der Abwesenheit. Mit der sozialen Zeit möchten wir die Zeit aufheben, sie in einen Zyklus von berechenbaren Wiederholungen zwingen. Es soll nichts Neues mehr geben, nur die rhythmisch wiederkehrenden Aufgaben, für die wir die Lösungen schon im Computer haben. Wir können sie abrufen aus dem Speicher unseren Gewohnheiten.

Aber jetzt ist etwas Neues geschehen. Die Geplänkel um die Arrondierung von Russland, das sich von der EU eingekreist fühlt, haben zu einem ernsten Zwischenfall geführt. (…) „Aus Versehen“ haben sie ein Zivilflugzeug abgeschossen, das die Ukraine überflog. Die Welt wurde aufgerüttelt. Und wieder ist sie ein Stück chaotischer geworden. Die Menschen reagieren zunehmend mit dem Gefühl von Überforderung. Es braucht nur noch zwei, drei andere Nachrichten, so werfen wir die Hände hoch, wie die alten Israeliten am “Tag des Herrn“, wenn ein Unglück nach dem andern über ihnen hereinbricht, in der typischen Kaskade von Unglücksfällen, die die Propheten beschreiben:
«Weh denen, die des Herrn Tag herbeisehnen! Was soll er euch? Denn des Herrn Tag ist Finsternis und nicht Licht. Gleich als wenn jemand vor dem Löwen flöhe, und ein Bär begegnete ihm; und er käme in ein Haus und lehnte sich mit der Hand an die Wand, und eine Schlange stäche ihn.” (Amos 5, 18f).

24. Juli 2014

 

Erweckung

Der Super-GAU in Fukushima ist verhindert, dank der improvisierten Wasserkanonen. Es werden Stromleitungen zu den AKWs gebaut. Ob das normale Kühlsystem wieder in Betrieb gesetzt werden kann, ist offen.

In den nächsten Tagen wird „Japan“ auf den Titelseiten und Aufmachern der Medien wieder verdrängt von Libyen, wo der Krieg eskaliert, wo der Aufbruch in der arabischen Welt in einem Krieg zu ersticken droht.
Den einen war es zu schnell, dass man die Katastrophe in Japan gleich mit politischen Forderungen verband, etwa zur Änderung der Energiepolitik, zur ökologischen Umkehr. Dass man das Unglück ausschlachtet für parteipolitische Interessen. (Werden die Grünen die nächsten Wahlen gewinnen?) Andere erinnern sich an Tschernobyl vor 25 Jahren und sagen: Nach einem solchen Ereignis öffnet sich ein Zeitfenster von höchstens fünf Jahren, wo die Menschen für solche Fragen sensibel sind, wo es möglich ist, den Pfad dieser Zivilisation umzustellen. Danach geht das Interesse wieder verloren. Man kehrt zum alten zurück.

Japan
War es das, was wir erwartet haben – oder kommt noch etwas?
Bei mir löste es auch eine Deblockierung aus, es erinnerte von den Folgen her an eine „Erweckung“, dass ich endlich tun und machen konnte, statt immer zu warten:

War es das, was wir erwartet haben – oder kommt noch etwas?
Auch in der Kultur gibt es so etwas wie ein Erweckungs-Erlebnis: ein Deblockieren. Die Menschen ermächtigen sich. Es bilden sich neue Koalitionen und Gruppierungen, die Menschen öffnen sich füreinander. Ich finde Anschluss an meine „Souveränität“, aus dem ich mein Leben entscheide, ich schaue nicht mehr links und rechts, frage nicht mehr, darf ich und soll ich?

Eine solche Krise hat auch eine befreiende Kraft. Viele Menschen ermächtigen sich. Sozial definierte und verteilte Kompetenzen, wer reden darf, wer Öffentlichkeit beanspruchen darf, wer zurückstehen muss, wessen Rede etwas gilt, noch bevor er den Mund aufmacht, wessen Rede nichts gilt (man weiss es, bevor er noch ein Wort gesagt hat) – solche Regeln treten ausser Kraft. Eine Zeit lang ist vieles möglich, bis sich neue Dominanzen herausbilden, neue Sprachregeln etablieren, bis neue Herren und neue Knechte definiert sind.

20. März 2011

 

Zuschauen wie die Bibel denkt

Die Toten stehen auf oder der Engel der Geschichte

Wie umgehen mit Erfahrungen von Zerstörung, Gewalt und Unrecht, die den Menschen traumatisieren und aus seiner gewohnten Bahn werfen? Diese Frage stellte sich nicht nur im neuen Millennium mit dem Terrorismus und der Infragestellung des Lebens durch die Klimaveränderung. Vor dieser Frage standen auch die antiken Hochkulturen, die Krieg und Krise in vielfacher Form erlebten. Darum ist die Bibel nicht nur ein religiöses Buch, sondern auch ein Archiv der Menschheit, wo Verhaltensweisen und Modelle des Leben-Könnens seit der Antike aufbewahrt sind.

Das Alte Testament redet kaum von Auferstehung und Auffahrt, im Neuen Testament steht es im Zentrum. In zwischen-testamentlicher Zeit taucht es auf: in Apokalypsen, Weisheitsschriften, späten Psalmen. Das Thema begleitet das Werden der Bibel.

Man kann zusehen wie eine Religion denkt, wie viele Generationen ihre Erfahrungen vor Gott bringen. Und wir sehen, wie sie ihr Vertrauen zu Gott neu begreifen lernen.

So verändert sich auch ihre Auffassung von Wirklichkeit, immer mehr Erfahrungen werden vom Glauben durchdrungen. So finden sich schliesslich auch Antworten auf Erlebnisse, die uns schwer verstören, z.B. die Fragen:
• Wie ist es mit dem Unrecht, das auf der Erde keinen Richter findet?
• Wie ist es mit all den Toten der Kriege, die immer wieder die Erde verwüsten und Elend verbreiten?
• Wie ist es mit all den Armen und Unterdrückten – bleiben sie für immer auf der Verliererseite?
• Gibt es also kein Recht auf der Erde? Ist alles nur blindes Schicksal oder Zufall oder folgt die Welt einfach dem Recht des Stärkeren?

5. Mai 2002

 

Die Apokalypse als «Schatten» des Evangeliums?

Bergpredigt und Apokalypse scheinen verschiedenen Welten anzugehören. Der Kontrast fällt sofort auf. Und das wird der Kirche oft zum Vorwurf gemacht: Sie vertritt eine Lehre voller Sanftheit, aber die Offenbarung steckt voller Gewalt. Da wird getötet, in die Hölle gestürzt, ins Feuer geworfen, da sind grausame Strafen.

Man könnte sagen: Die Apokalypse ist so etwas wie der „Schatten“ der Bergpredigt. Das helle Licht der Gewaltlosigkeit wirft einen grossen Schatten: all die Gewalttätigkeit in der Offenbarung.

Rächt euch nicht selbst
Beim genaueren Hinsehen wird aber deutlich: Es ist kein Gegensatz. Schon in den vorangehenden Büchern wird gesagt: «Rächt euch nicht selbst, werft es auf Gott. Er wird richten.» Das genau zeigt die Apokalypse. Erst so wird es möglich, auf Rache zu verzichten. Das Unrecht ist geschehen, das darf man nicht verleugnen. Aber man übergibt die Strafe Gott. Er kann es aufklären. Er kann richten. Denn er ist auch der Schöpfer, der seine Geschöpfe liebt. Er kennt Barmherzigkeit.

Unbarmherziges Recht, barmherzige Rechtlosigkeit
Nur Gott ist in der Lage, beidem gerecht zu werden: dem Recht und der Barmherzigkeit. Wenn Menschen wirklich gerecht sein wollen, wird es oft unbarmherzig. Wenn Menschen barmherzig sein wollen, wird das Unrecht oft unter den Tisch gewischt. Beides braucht seinen Ort. Die Apokalypse sagt: Der Gekreuzigte kommt wieder, das Opfer sitzt zu Gericht. Er weiss zu richten. Er weiss aber auch, wie es tut, wenn man verfolgt wird. So kennt er auch die Barmherzigkeit.

Paulus sagt: „Rächt euch nicht selbst, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: „Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.“ (Römer 12,19) Das macht die Apokalypse im Grossen. Der seelsorgerliche Rat wird zu einem geschichts-philosophischem Ausblick, beides wirkt psycho-hygienisch.

Die Bibel auf der Couch
So kann man die Apokalypse auf die psychologische „Couch“ legen. Das Hell-Dunkel fällt auf, die Entsprechung, aber es ist mehr. Die Gewalttätigkeit, die eine normale Reaktion auf Gewalterfahrung ist, wird wahrgenommen. Sie wird nicht verdrängt (so dass sie mit noch mehr Gewalt durchbricht), sie wird „übergeben“.

Damit wird der Weg der Vernunft frei gemacht: Revanche und Rache verewigen die Konflikte. Für Frieden brauche es Akte des Gewalt-Verzichts und der Vergebung. Ein Zwischenschritt ist, das Leiden Gott als Richter zu übergeben und zu vergegenwärtigen, wie er richtet.

So könnte man die Apokalypse des Johannes die „Psychotherapie der frühen Kirche“ nennen. Und es ist keine billige Religionskritik. Der Schatten wird zugelassen, weil ein Umgang damit gefunden ist. Und der heisst: Nicht verdrängen, nicht immer nur lieb sein. Dem Zorn Raum geben, dem leidenschaftlichen Ruf nach Gerechtigkeit. Der Gewaltverzicht, das Unterordnen, das die-Welt-stehen-lassen findet eine Kompensation in dem Ruf nach seiner Rückkehr, im Vertrauen, dass Christus als Richter wiederkehrt, dass er in Herrlichkeit regiert.
So kann alles ihm übergeben werden. Und die Leidenden, Verfolgten ersticken nicht mehr an ihrer verschluckten Wut. Sie bekommen keine Magen-Geschwüre mehr von ihrer zurückgehaltenen Pflicht, ihre Lieben zu verteidigen, Unrecht zu rächen, für das Wahre und Rechte einzustehen mit ihrem Leben.

So kann das erste wieder in sein Recht eintreten. Es ist nicht widerlegt durch den Geschichtsverlauf. Der sanfte Jesus, der nicht zur Waffe greifen wollte, er hatte recht, denn jeder, der zum Schwert greift, wird durch das Schwert umkommen. So ist kein Friede zu finden in dieser Welt.

Aus Notizen 2013

 

Eine Theologie der Geschichte

Versöhnung für die Opfer der Geschichte

Dritter Tag der Ausgangssperre. Draussen ist Frühling, die Blüten schiessen heraus, als ob die Büsche explodieren wollten. Die Regierung hat ältere Menschen wegen der Pandemie aufgefordert, das Haus nur für Einkäufe oder dringende Arztbesuche zu verlassen.
Ich beschäftige mich mit Apokalypse. Ist das eine Beschäftigung für eine solche Zeit?

Aber es geht nicht um Angstbilder, im Gegenteil. Apokalyptik ist eine antike Geschichts-Theorie, die nach der Versöhnung fragt – nicht nur im individuellen Massstab, sondern geschichtlich.

Da geht es um die Unterjochung von ganzen Völkern, um Vertreibung, Völkermord, Exilierung. Und da auch die grossen Reiche untergehen und von andern, noch grösseren aufgefressen werden (Assyrien, Babylonien, Perser, Griechen, Römer…) – was bestimmt Aufstieg und Niedergang der Reiche?

Kann man die Intuition auf Gerechtigkeit damit in Verbindung bringen? Gibt es Gerechtigkeit nicht nur im Kramladen, wo es um rechte Bezahlung geht, gibt es das auch, wenn man ein ganzes Leben anschaut, das Leben eines Volkes? Gibt es Gerechtigkeit für die Unterjochten?
Die Apokalyptik ist der spannende Versuch, all diese Fragen zu beantworten.

18. März 2020

Ein Pfui-Thema
Die grossen Kirchen haben die Apokalypse den Freikirchen und Sekten überlassen, aber die Kirche muss wieder lernen, apokalyptisch zu reden: um die Angst der Menschen aufzunehmen und um Gott grösser zu denken als die Angst. Hollywood hat die Bilder, die von der «Hochkultur» nicht mehr bearbeitet werden, aufgegriffen, von wo sie zahlreiche populäre Untergangs-Phantasien alimentieren.

Die Distanz der Kirche zur Apokalyptik erklärt sich aus ihrer Rolle in der Geschichte, weil sie immer wieder messianische Bewegungen inspiriert hat. In grossen Notzeiten schien das «Ende» überhaupt nahegerückt, jetzt «musste» Gott einfach eingreifen. Christus musste zurückkehren und zugunsten seines Volkes eingreifen, wie er es in der Apokalypse versprochen hat.

Nur noch ein Märchen
Einen ironischen Nachklang auf diese politische Apokalyptik findet man noch in Heines Gedicht «Deutschland, ein Wintermärchen». Der Dichter kehrt über den Rhein nach Deutschland zurück. Der Aufbruch der liberalen Revolution in Frankreich ist in Deutschland abgewehrt, die revolutionären Ausbrüche von 1848 stehen noch aus. Im Traum begegnet er Kaiser Friedrich Barbarossa, der nach einer Legende im Kyffhäuser begraben liegt.

Wenn die Not am allergrössten ist, wird der Kaiser zurückkommen, so erwarten die Menschen in dieser Legende, um seinem Volk beizustehen. Dann wird er die Übeltäter bestrafen und Recht und Frieden schaffen. Heine zitiert die Legende, um sie zu brechen: In Frankreich hat das Volk seinen König guillotiniert. Das Volk hat sich selber zum «historischen Subjekt» gemacht, das Recht und Freiheit erkämpft. Es braucht keinen mittelalterlichen Kaiser mehr und keine religiöse Hinterwelt, denn jetzt wird der Tisch im Diesseits gedeckt. Und Recht, das wird schon hier erlebt, nicht erst in einem Jenseits.

Das revolutionäre Subjekt
Dass die Apokalyptik ein Versprechen für die Geschichte bereit hält, ist durch die Jahrhunderte immer wieder in Erinnerung gerufen worden durch chiliastische Bewegungen. Diese übersprangen auch leicht die Hürde der Säkularisierung. Ihre Bilder von Endzeit und Vollendung konnten sich auch in nicht-kirchliche Ideologien kleiden.
Wenn Heine auf die Französische Revolution verweist, die den Jenseits-Trost unnötig mache, weil der Mensch sein Schicksal jetzt selber in die Hand nehme, so ist die Revolution schon bald zu einem Haupttreiber von Geschichts-Ideologien geworden, die ihre Herkunft aus der Geschichts-Theologie nicht verbergen können, so deutlich in den Schriften des Marxismus. Auch anti-christliche Bewegungen wie der Nationalsozialismus sahen ein letztes Geschichtssziel vor sich, dem sie alles unterordneten. Sie riefen das «tausendjährige Reich» aus.

Verständlich, wenn man bald lieber die Hände liess von solchen Gedankengängen. Apokalyptik hat es als Theologie mit dem Absoluten zu tun. Wo ein Staat, eine Partei ,sich anheischig macht, dieses absolute Ziel im Diesseits zu erreichen, schlägt das Absolute in Totalitarismus um.

 

Der Jubel der Gerechtfertigten

Apokalypse und jüngstes Gericht

Der Jubel der Gerechtfertigten, den man in der Apokalypse hört, der ist bereits im ersten Testament zu finden. Lange haben sie gewartet, gelitten und „eingesteckt“. Alles haben sie Gott anvertraut, damit er endlich „aufsteht“ und sich als Richter erweist, dass er eingreift und Recht schafft.
In den Siegesliedern ist dieser Ton zu finden. Anders geht die Welt nicht auf.
Ohne Gerechtigkeit bleibt sie eine Räuberhöhle und ein Hohn auf Gott. Aber jetzt geschieht es, „endlich“, und sei es in einem letzten Moment, der schon nicht mehr zur Geschichte zählt, der mathematisch einem Grenzbegriff gleicht, der aber doch den ganzen Definitionsbereich prägt: Es ist vielleicht erst im „jüngsten Gericht“.
Aber das wirkt nach vorne und hinten. Die Welt wird erlöst, auch bezüglich von Recht und Unrecht, von Leid und Demütigung und falschem Triumph. Gott rückt es wieder zurecht. So kann man aushalten, notfalls ein ganzes Leben lang, notfalls, ohne dass man auch nur ein Quantum davon erlebt, von dieser Gerechtigkeit. Aber die Gewissheit, dass sie kommt, lässt die Leidenden aushalten, es hält die Balance.

Das Reich Gottes hat (in der leidvollen Erfahrung der Zeit, in der hier gesprochen wird) keine „Brückenköpfe“ mehr auf dieser Seite des Lebens. Der Brückenkopf ist fast nur virtuell: in der Gewissheit des Glaubens, die ausstrahlt in die Hoffnung. Sie verlieht die Fähigkeit, zu vergeben, die Kraft, immer wieder aufzustehen und weiter zu gehen. Sie nährt die Kraft, den Menschen zu begegnen und nicht zu verbittern, sie verleiht die Geborgenheit einer „neuen Unschuld“, so verletzt und entstellt die Gesichter auch sind durch das erlittene Unrecht. Aber sie müssen die Welt nicht in Brand stecken, diese Menschen, sie müssen das höllische Feuer, das sie erleiden, nicht nach aussen tragen. Denn sie vertrauen auf einen Gott, der – trotz allem – das Recht in der Hand hält. Und der aufsteht zum Gericht.
Brutalität in der Bibel?

Und so kann man auch die „brutalen Szenen“ würdigen in diesen Texten. Es ist nichts gegen die Filme, die jeden Tag im TV laufen und die auf einer sozialtherapeutischen Ebene am selben Problem arbeiten: an der Erfahrung von Ungerechtigkeit in der Gesellschaft.
Es ist die Genugtuung der Opfer, die gelitten haben und die gerade nicht zur Rache greifen, die gerade nicht Amok laufen, die gerade nicht eine gewalttätige Revolution anzetteln, die gerade nicht einen Wind säen, der nur zu einem Sturm werden kann und mehr Uebel erzeugen als er lösen soll…

Es sind die Menschen, die alles vor Gott getragen haben, all ihr Leiden, all ihre Demütigung und Bloss-Stellung, all ihre Zurücksetzung, den ganzen Betrug, die Falschheit und Lüge, der sie ausgesetzt sind.

„Gott steht auf, seine Feinde zerstieben;
die ihn hassen, fliehen vor seinem Angesicht.
Sie verfliegen wie Rauch verfliegt;
wie Wachs am Feuer zerfliesst,
so vergehen die Frevler vor Gottes Angesicht.
Die Gerechten aber freuen sich und jubeln vor Gott;
sie jauchzen in heller Freude.“ (Aus dem Ps 68)

15. Juli 2013

 

Foto: Pieter Bruegel the Elder – The Tower of Babel

Zwei Tage waren wir im Elsass. Das Land hat eine Geschichte zwischen den Grossmächten. Manchmal hat die Herrschaft in kürzester Zeit gewechselt. Das konnte man gar nicht verinnerlichen, man musste einen Weg «dazwischen» suchen. Weiterlesen

Die Unschuld, mit der man am Morgen aufsteht und den Tag beginnt, hatte er verloren. Die Unbefangenheit, mit der man der Zukunft ins Auge blickt, war vorbei. Die Spontaneität, mit der man andern Menschen begegnet und ihnen das Beste zutraut, die hatte er schon lange verloren.

 

Der Bettag in seiner heutigen Form ist nicht von Kirche und Pfarrern begründet worden, sondern vom Staat. Wenn eine Notzeit war, rief die Obrigkeit die Untertanen auf, zu Gott zu beten, damit er das Unheil abwende.

Beten auf Geheiss der Regierung
Dass das auch heute noch geschieht, haben wir diesen Sommer erlebt. Als es in Polen so stark regnete, forderte die Regierung die Bevölkerung zum Gebet auf. Und als das Feuer in Griechenland monatelang wütete, sprach die Regierung von einer „von Gott gesandten Plage“. Weiterlesen

Ich sitze beim Coiffeur auf dem Stuhl. Die Brille habe ich abgelegt und blinzle kurzsichtig mein Konterfei im Spiegel an: eher ein dunkler Schatten als ich selbst. Wie ich unbeschäftigt so da sitze, gehen meine Gedanken voraus: Ich muss einen Beitrag über mich schreiben für die Rubrik „Persönlich“. Das Lied von Mani Matter fällt mir ein: „Bim Coiffeur bin i gsässe vor em Spiegel, luege dri“. Weiterlesen