«Auferstehung», «Himmelfahrt» – Zeitgenossen können wenig damit anfangen, auch in die Bibel ist das spät gekommen. Sie antwortet damit auf Herausforderungen ihrer Zeit. Wie lässt sich die Wirklichkeit begreifen, wenn sie sich widerständig zeigt gegen alle Hoffnung auf positive Veränderung? Haben Recht und Gerechtigkeit keine Heimat auf dieser Erde?
In Italien gab es Überschwemmungen. Die Nachrichten zeigen einen Mann, der bis zum Hals im Wasser watet. Seine Frau trägt ein Kind. Solche Bilder sieht man immer nach Überschwemmungen, man hat sich daran gewöhnt. Ungewöhnlich war aber, dass das nicht «einer der üblichen Verdächtigen» war, aus den «Problemregionen» dieser Welt, an die wir uns gewöhnt haben. Weiterlesen
„Du bist schön, spricht der Herr, du bist schön!“ Eine alte Frau geht vor mir auf dem Weg. Viele ihrer alten Nachbarn und Bekannten von früher sind gestorben. Es sind wenige geworden, mit denen sie noch Kontakt hat.
„Du bist schön, spricht der Herr, du bist schön!“ Er ist 70 Jahre alt geworden, „mongoloid“ wie man früher sagte. Er hat nie was zur „Wertschöpfung“ beigetragen. Er lebte in der Familie seiner Tante, und als diese starb, bei seinem Bruder. Als dieser starb sorgte die Schwägerin für ihn. Es war nie leicht, immer für ihn da zu sein. Aber alle vermissen ihn, seitdem er gestorben ist. Weiterlesen
Die Welt ist dermassen im Wandel, alles ist flüchtig, manches in Auflösung. So ist die Sehnsucht begreiflich, einen Ort zu haben, wo man sich einfinden kann. Ähnlich wie in der katholischen Kirche, die eine Weltkirche ist, wo ich überall einen Ableger finden kann, aber noch universeller, einen Ort, der nicht in der Aussenwelt, sondern im Innern zu finden wäre. Da wären die Altäre geschmückt, man könnte eine Kerze anzünden. Ein Ort der Stille und Schönheit, des Sich-Einfindens, des Zur-Ruhe-Kommens, des Stille-Werdens, des Einklangs. Weiterlesen
Nach Ostern erleben wir oft einen Rückfall. Die Hochstimmung geht verloren. Wir fühlen uns zurückgestossen, als ob es kein Ostern gegeben hätte. Es braucht nur einen Auslöser, eine bestimmte Begegnung, und es weckt alte Erinnerungen wieder auf an vergangene Zeiten. Weiterlesen
Gestern haben wir den Film «Coup de Chance» gesehen von Woody Allen. Es ist eine Antwort auf seinen früheren Film «Match Point» und nimmt das Thema von Zufall und Glück wieder auf. Dort schlägt es zugunsten des Gauners aus, jetzt zu seinen Ungunsten. Der Mörder fängt sich in der Falle, die er andern zugedacht hat. Weiterlesen
Oft liegen wir mit uns überquer. Haben uns anders verhalten, als gewollt. Haben nicht erreicht, was wir uns vorgenommen hatten. Haben etwas falsch gemacht. Wir lehnen uns selber ab. Weiterlesen
Für das PR-Bewusstsein bedeutet die Rede von Jesus Christus das Alte, das scheinbar abgetan ist. Damit kann die Aufmerksamkeit des Publikums nicht mehr geweckt werden, es löst im Gegenteil ein schnelles Weiterblättern aus. Da ist wenig Bereitschaft, sich auf etwas einzulassen. Die Reizworte, welche Aufmerksamkeit wecken, werden vom Mainstream vorgegeben. (Ich kann nicht von meiner Situation auf andere schliessen: ein Suchender, der bewusst im Rahmen des christlichen Glaubens sucht.) Weiterlesen
Der Brand der Pariser Kathedralen hat Quasimodo wieder in Erinnerung gebracht: jenen unförmigen Glöckner von Notre-Dame aus dem Roman von Victor Hugo. Weiterlesen
Ich war mit dem Fahrrad draussen. Nach einem kalten und regnerischen Zwischenspiel kehrt der Frühling zurück. Beim Fahren gehen die Gedanken voraus. An Ostern kommt die ganze Familie zusammen. Seit ich eine Familie habe, ist Ostern das schönste Fest für mich. Die Familie hilft mir offenbar übersetzen, was es heisst, so wie der Frühling eine Verständnishilfe war, als ich einen Garten hatte. Weiterlesen
Wächter bewachen das Grab Christi.
Unter den Evangelisten erzählt nur Matthäus diese Geschichte. Doch fehlt sie kaum je auf einem Auferstehungsbild. Weiterlesen
Was beweist denn das Kreuz? Ist Gott hier besiegt? Oder kennt Gott eine andere Weise zu siegen als durch Auftrumpfen und Gewalt? Weiterlesen
Eine seltsame Episode berichtet Lukas im Vorfeld von Ostern. Als Jesus in Jerusalem einzieht, bevor sich die Ereignisse dramatisch zuspitzen, die dann zu Karfreitag und Ostern führen, schreien die Steine. Weiterlesen
Spott und Hohn spielen in der Bibel eine grosse Rolle und werden in der Passionszeit besonders bedacht. Das dürfte eine Gesellschaft interessieren, die die mediale Blossstellung zu einem Mittel gemacht hat, mit der Massen auf Linie gebracht und kontrolliert werden. Weiterlesen
«Schaffe mir Recht!», so betet ein Mensch im Psalm. Ist Gott gerecht? Ist das Schicksal gerecht? Oder schläft Gott? Sieht er die Not nicht in der Welt? Die Jünger sind mit Jesus unterwegs in einem Boot. Sie fahren auf dem See und kommen gut voran. Da erhebt sich ein grosser Sturm und die Wellen schlagen ins Boot, so dass es bald voll wird. Jesus ist hinten im Boot und schläft auf einem Kissen. Weiterlesen
Es ist Passionszeit, die Kirchen zeigen den Kreuzweg Christi. Ich erinnere mich an ein Ereignis im letzten Sommer. Ist es möglich, dass der Kreuzweg auch über die Wetterkarte geht? Weiterlesen
«Freue dich!» heisst es an diesem Sonntag. Es ist ein heller Lichtblick mitten in der Passionszeit. Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem. Nicht nur zur Passion, auch zum Sieg. Der Weg, den er gegangen ist und den er heute noch geht unter uns Menschen, kann gedeutet werden von der Passion her, aber auch von Ostern. Und alles bekommt ein anderes Gesicht. Und es ist nicht nur Deutung. Es ist der Sinn der Geschichte, in der wir uns bewegen und die Christus mit uns geht in seinem Leiden und Auferstehen. Weiterlesen
Die Aufklärung ist nicht zum vornherein atheistisch. Die Verfassungsdenker des 17. Jahrhunderts wollten nach dem 30jährigen Krieg eine neue Friedensordnung begründen, konnten dafür aber nicht mehr auf die religiöse Grundlegung zurückgreifen, da diese im Konfessionskrieg gerade strittig war. Darum postulierten sie ein „Naturrecht“, das analog zu einem Gottesrecht „über“ den positiven Rechtsordnungen stehen soll und damit als Legitimationsquelle dienen kann. Weiterlesen
Der Schreck kann lähmen, er kann die Fähigkeit, sich richtig zu verhalten, ausser Kraft setzen. So wird man untauglich für den Weg. In der Antike findet sich immer wieder das Verbot, zurückzuschauen.
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Es gibt diese Geschichten von jungen Leuten, die alles fortwerfen und sich auf den Weg machen. Es gibt die «Road Movies», in denen diese Abenteuergeschichten zu einem eigenen Genre werden. Offenbar entspricht dem etwas in der (männlichen?) Psyche. Diese Filme haben eine eigene Musikwelt hervorgebracht. Sie erzählen von Männern, die mit ihren Motorrädern über endlose Strassen ziehen. Sie knüpfen an die Wildwestfilme an und alte Abenteuergeschichten. Im Hintergrund steht die Tradition des Bildungsromans, der erzählt, wie man ein Mensch wird und was die Gesellschaft zusammenhält. Weiterlesen
Letzte Woche kam das Gespräch auf den „Teufel“. Ich erinnerte mich an eine Frau, die mich als Pfarrer um Hilfe bat, weil sie sich von teuflischen Gestalten verfolgt fühlte. Als ich mich fragte, wie ich mich für diesen Besuch vorbereiten solle, spürte ich: Ich muss nicht alles Mögliche über Teufel und Dämonen nachlesen. Weiterlesen
Am Aschermittwoch gabelt sich der Weg. Hier muss ich mich entscheiden. Ich weiss, dass ich zurückbleiben werde. Petrus, mein Namensvetter macht es vor, und ich bin ihm dankbar. Das ist der weniger anstrengende Weg, der Weg des Versagens. Er will Christus davon abhalten, nach Jerusalem zu gehen, alle wissen ja und spüren, was da geschehen wird. «Geh hinter mich, Satan», sagt Jesus. «Du denkst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.» Weiterlesen
Manchmal verändert sich etwas in unserem Leben. Es kommt fast unmerklich, wir spüren, dass wir in etwas Neues hineinwachsen. Neue Aufgaben stehen vor uns. Das Buch des Lebens blättert eine Seite um. Was eben noch war, ist vergangen, etwas Neues steht vor uns. Und wir spüren, wie sich etwas in uns wandelt. Weiterlesen
Ich bin nachts jetzt oft aufgeregt, kann nicht schlafen. Ich habe die „Deckung“ verlassen, bin zum Handeln übergegangen, zum Zeigen (bekennen) und zum Tun. Ich folge dem, was ich für wahr halte. Weiterlesen
Unsere Tochter lebt für einige Monate am andern Ende der Welt. Geht es ihr gut? Meine Phantasie füllt die Lücken, wenn ich nichts höre, mit Bildern. Ich möchte ihr einen Brief schreiben. Ich möchte ihr begegnen. So kann ich bei ihr sein. Wie kann ich sie ermutigen? Wie umarmen und ihr das Gefühl geben, dass sie aufgehoben und geborgen ist, was immer geschieht? Weiterlesen
Um Würde geht es in diesem Text, um Scham und wie man nach einer Verletzung wieder Oberhand gewinnt. Die Formel von der Würde taucht auf und vom Vertrauen, die im Abendmahl gesprochen wird. Mir ist sie auch als Gebet wichtig. So altmodisch sie klingt, sie hat Kraft, sie begleitet auf dem Weg zur Würde, auch wenn sie vom Gegenteil ausgeht. «Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort…» Weiterlesen
Heute war eine eigenartige Notiz in der Zeitung. «Immer mehr Flüchtlinge warten auf die Umsiedlung in sichere Länder. In diesem Jahr sind es zwei Millionen. Es mangelt allerdings an Angeboten von Ländern, Flüchtlinge aufzunehmen. Weniger als ein Prozent der Menschen, die eine neue Heimat brauchen, können tatsächlich umgesiedelt werden. Vor allem Menschen aus Syrien, Afghanistan, Südsudan, Myanmar und der Demokratischen Republik Kongo benötigen dringend eine neue Heimat.» (NZZ) Weiterlesen
Kultur und Gesellschaft werden heute zunehmend fraktioniert. Die traditionellen Medien, die sich an eine grosse Öffentlichkeit richteten, sind auf dem Rückzug, die sozialen Medien, die an ihre Stelle treten, sind zunehmend personalisiert. Aufgrund der gesammelten Personendaten wird nicht nur die Werbung auf die Kunden massgeschneidert, sondern auch die Information, die Mittel zu Begegnung und Austausch. Internet-Profis sprechen von einem «neuen Internet», das den Bezug zum Allgemeinen verloren habe und sich in immer kleinere Teilöffentlichkeiten zersplittere. Der Zusammenhalt der Gesellschaft selbst werde so in Frage gestellt. Weiterlesen
In der Nacht hörte ich einen Text aus der Bibel. Das Buch Nehemia steht etwas am Rand der Bibel. Aber es hat mich immer wieder angesprochen. Es ist eine existentielle Situation: das Volk kommt aus der Verbannung in die Heimat zurück. Es wird angefeindet, sucht sich eine neue Existenz, baut Tempel und Stadt wieder auf. Weiterlesen
Kinder reisen manchmal um die halbe Welt, die Enkel sind auf fernen Kontinenten. Man möchte sie behütet wissen, schickt ihnen gute Gedanken. Die Bibel berichtet in einem Psalm vom Schirm, den Gott über uns ausbreitet. Da möchten wir uns bergen, da unsere Liebsten aufgehoben wissen im neuen Jahr. Unter einem «Schirm» ist man «am Schärme», wie der Schweizer Dialekt es nennt. Weiterlesen
Die Zeit zwischen den Jahren hat einen eigenen Sinn. Sie ist nicht nur Zwischenzeit, sie ist gefüllt mit … Ja, womit? Wenn ich sie nütze, gelingt mir der Start ins neue Jahr besser. Weiterlesen
Sollte Weihnachten beim ersten Mal gelungen sein? Haben alle mitgespielt im himmlischen Spiel? Gab es ein Casting, um geeignete Darsteller zu finden? Oder nimmt der Himmel Vorlieb mit denen, die nun mal da sind, mit mir und Dir? Weiterlesen
In der Bibel stehen viele unwahrscheinliche Geschichten: dass Gott mitten am Tag die Sonne angehalten hat. Dass Jesus auf dem Wasser gegangen ist. Dass eine Jungfrau ein Kind bekommen hat… Die Bibel hat Freude daran. Ja, es ist, als ob sie uns ein bisschen ärgern wollte mit unserem Verstand. Sie hat besondere Freude an Geschichten, die uns Menschen ganz und gar unmöglich vorkommen.
Und gerade um Advent und Weihnacht herum erzählt sie solche Geschichten. Eine davon möchte ich herausgreifen. Lassen wir uns doch anstecken von ihrer Freude! Sie führt uns in eine andere Zeit und zu einem andern Ort. Weiterlesen
Gestern haben wir wieder mal den Film „Lichter der Grossstadt“ gesehen von Charlie Chaplin («City Lights»). Es ist ein Märchen und passt zur Weihnachtszeit. Der arme Tramp und das schöne Mädchen – sie kommen doch noch zusammen, obwohl eine ganze Welt sie trennt. Weiterlesen
Eine Geschichte zum Advent
Es ist die Geschichte von einem Empfangs-Chef in einem Hotel. Er begrüsst die Gäste. Viele gehen bei ihm vorbei, jeden Tag. Wenn er all die Menschen zählen müsste, die er im Hotel schon empfangen hat, es wären wohl Tausende. Weiterlesen
Im Advent begegnet mir vieles: das Grosse, das in meinen Wünschen lebt, das Korrekte, das man herstellt, und das Fremde, das Unwahrscheinliche. Weiterlesen
Advent. Er spielt nicht irgendwo im Land, sondern in Ihrer Stadt, auch wenn da und dort von jenem Geschehen erzählt wird in Bethlehem, in einer fernen Zeit. Die Feiern sind wie Türen in einem Adventskalender. Wer sie öffnet, dem wird ein Bild gezeigt. Er hört eine Geschichte. Sie ereignet sich auch heute wieder.
Eine erste Türe
Diese Zeit erschlägt uns fast mit ihrer Hektik. Umso stärker spüren wir, was wir eigentlich möchten. Stopp! Anhalten! Zur Ruhe kommen! Das Aufgeregte soll sich setzen, die Ordnung sich wieder einstellen. Wir wollen wieder zu Atem kommen.
Das wäre schön: ein Stück Ankommen, ein Stück vom Ziel mitten auf dem Weg. So dass Fragen sich klären, Lasten abgeladen werden, Wünsche ans Ziel kommen. Wenigstens für einen Moment, bevor es weiter geht. Darum gibt es diese Türe im Advent. Dass wir aus dem Alltag austreten können. Aus dem Berufstrott. Aus dem Rummel des Weihnachtsmarktes.
Eine zweite Türe
Anders ist diese Welt und ungewohnt. Sie folgt nicht dem gesunden Menschenverstand. Und doch spricht sie etwas in uns an. In dieser Welt sind nicht die Besten, Schnellsten, Schönsten gefragt. Da werden die letzten die ersten sein. Der Tisch ist nicht leer für den, der zu wenig schnell zugelangt hat. Da werden aus sieben Broten und ein paar Fischen 4000 Menschen gespeist. „Du deckst mir den Tisch im Angesicht meiner Feinde und schenkst mir den Becher randvoll.“
Da ist einer, der Türen aufmacht, wo wir es nicht für möglich hielten. Und er zeigt Wege, wo wir dachten, es gibt keine mehr. Und er sagt: „Siehe, ich habe bewirkt, dass vor dir eine Tür offensteht, die niemand schliessen kann.“ (Off 3,8)
Das ist die Türe von Advent.
Aus Notizen 2004
Foto von Josh Willink, Pexels
1953 erschien das Theaterstück „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett. Es hat seinen Autor berühmt gemacht und der Titel ist zu einer Redewendung geworden. „Warten auf Godot“ heisst dann so viel wie: auf etwas warten, das nicht kommt, und doch nicht loskommen davon. So warten wir und zweifeln, ob es das Erwartete überhaupt gibt, und bleiben diesem Warten doch verhaftet. Das schien wie eine Deutung des Menschen. Das Stück ist berühmt geworden über die Leserschaft hinaus. Sogar die amerikanische Trickfilm-Serie „Die Simpsons“ zitiert es und Kinder hören es heute im Vorabend-Programm. Weiterlesen
Wo steht die Kirche? Kirche als religiöse Instanz scheint heute kaum noch vorhanden, in einer anderen Form begegnet sie an allen Enden. Die Hoffnungen sind aus der Religion ausgewandert, die Versprechungen erfolgen nicht mehr im Namen eines Gottes, die Sehnsucht bindet sich an Gehalte dieser Welt, die aber doch mit religiöser Kraft aufgeladen werden. Das kann als Fortschritts-Versprechen erfolgen, wenn das Handeln in dieser Welt optimistisch eingeschätzt wird. Weiterlesen
Der Plan der britischen Regierung, Flüchtlinge nach Ruanda abzuschieben, ist von den Gerichten abgewiesen worden. In Deutschland, Österreich und anderen Ländern wird dieser Versuch, Flüchtlingsprobleme per Outsourcing zu lösen, auch verfolgt. Weiterlesen
Es wird so viel von Ende gesprochen und das mit so viel schrecklichen Bildern aufgeladen, dass ganz vergessen geht, dass Ende in der Bibel eine Heilskategorie ist. Das Ende wird ersehnt, es wird zugesagt, es ist eine Domäne Gottes und seines Handelns. Der Mensch kann es nicht herbeiführen oder verhindern. Es kommt von Gott her über ihn. Und Gott steht für Gerechtigkeit, er heilt das verletzte Recht, und er steht für Barmherzigkeit. Er weiss, dass der Mensch nicht kann, wie er soll. Selbst die verletzte Schöpfung will er neu machen. Weiterlesen
Es ist kühl. Das Sturmtief Ciarán, das in Europa bisher zwölf Todesopfer forderte, ist mit Ausläufern auch in der Schweiz angekommen und bringt Regen und kühles Wetter. Kalt – das beschreibt die ganze Atmosphäre. Man möchte sich verkriechen, etwas Warmes um sich ziehen, nicht denken, sondern sich ankuscheln. Und doch scheint die Kälte angemessen für das, was zu schreiben wäre, für das Lebensgefühl in dieser Zeit. Weiterlesen
Wie weiss ich denn, dass mir das Leben gelingen wird, falls ich das je weiss? Weiterlesen
Bald ist Halloween. An vielen Haus-Fassaden, aus vielen Schaufenstern grüssen schon Skelette und Gespenster. Die Kinder freuen sich auf gruselig-lustige Parties. Die Erwachsenen können auch ein Vergnügen daran knüpfen. Weiterlesen
Wie hat es angefangen, schief zu laufen auf dieser Erde? Auch die Antike hat die Frage schon radikal gestellt. Auch die Antike kannte schon ökologische Zerstörungen in einem Ausmass, das die Menschen erschrecken liess – ob wohl die Welt aus ihrer Schuld zerstört werden könnte? Weiterlesen
Das Christentum hat den Kampf um die Mythologie aufgegeben – und die Phantasie der Menschen verloren. Dafür wird sie überall sonst wieder entdeckt, auch die Kraft, die in den Mythen steckt. Um die Geschichte und Identität der Schweiz – und die Rolle ihrer Mythen – ist ein kleiner „Historiker-Streit“ entbrannt, ein Streit zwischen politischen Strömungen, die ihr Schweiz-Bild reklamieren. Denn dort spricht man direkt in die Seele der Menschen. Weiterlesen
Mein Lehrmeister ist gestorben. Auch wenn man es sich heute verbieten möchte, etwas anderes zu denken als diesen Krieg und die Katastrophe, die alle elektrisieren, private Ereignisse gib es auch. Ich habe ihn gestern angerufen ins Heim und erfahren, dass er gestorben sei. Ich war vorbereitet, aber es trifft mich doch. Er ist mein ehemaliger Lehrmeister, er war schon 94 Jahre alt, aber er hat auf mein Leben bleibend eingewirkt. Er war wie ein zweiter Vater für mich. Weiterlesen
Gestern waren wir im Kino, wir sahen La Chimera von Alice Rohrwacher, die wir wegen ihres Films Lazzaro Felice lieben. Es ist nicht so, wie ich erst dachte, dass das eine Wende in der kulturellen Stimmung anzeige, dass die Suche sich angesichts der verschärften Probleme (laut «NZZ» bewegen wir uns in einer «Welt der multiplen Krisen») auf kulturelle Werte verlagere. Die Autorin von Lazzaro Felice war immer schon auf dem alternativen Weg. So entspricht es einer alten Erzähl-Tradition, wenn der Grabräuber, die Suchgestalt unter den Grabräubern, die immer wieder neue etruskische Gräber aufspürt, am Schluss selbst in ein Grab gerät. Weiterlesen
Wenn die Zeiten sich verschärfen, wächst auch eine Suche, was helfen kann. Früher forschten viele Menschen in der Bibel und wurden dort auch fündig. Sie ist immer wieder eine Fürsprecherin für Verfolgte und Bedrängte. Aus vielen Stellen liesse sich ein „soziales Evangelium“ zusammenstellen, aber die Bibel redet nicht nur in Einzeltexten, sie ist als Ganzes dem Volk verpflichtet, das Träger der Verheissung ist, dem sich Gott in Erbarmen und Gerechtigkeit zuwendet. Zu den sozial engagierten Texten gehört auch der Jakobus-Brief, der Mitte Oktober in den Kirchen gelesen wird. Weiterlesen
Im Dunkeln, vor dem Aufstehen, höre ich Psalmen. «Gott ist in Juda bekannt, sein Name ist gross in Israel; / in Jerusalem ist sein Zelt und seine Wohnung in Zion. / Dort zerbricht er die Pfeile des Bogens, Schild, Schwert und Kriegsgerät.» (Ps 76) Weiterlesen
Erinnert euch an euern Weg, sagt Moses zu seinem Volk. Ihr seid durch eine Wüste gekommen. Da war kein Weg sichtbar, den ihr gehen konntet. Gott hat vor euch einen Weg aufgemacht. Geht weiter auf diesen Weg, so kommt ihr in das gelobte Land, wo Milch und Honig fliesst. Weiterlesen
Erntedank! Soll man heute noch Erntedank feiern? In unserm Dorf spürt man es noch, dass wir von Landwirtschaft leben. Das Dorf ist von Feldern und Wiesen umgeben. Hier gibt es noch Bauern. In der ganzen Schweiz arbeiten nur noch etwa 5% der Menschen in der Landwirtschaft. Weiterlesen
Als die Zeit sich verdüsterte revidierte er sein Weltbild. Sein bisheriger Optimismus widersprach so vielem, was die Zeit vor Augen stellte. Nicht nur am einzelnen Menschen zweifelte er, die ganze Menschheit schien einem Abgrund zuzulaufen. Weiterlesen
Wir haben den Film «Wilde Fields» gesehen. Er spielt in der Ukraine, nach 2014, als der Krieg im Süden und Osten begonnen hatte. Der Film zitiert einen „Western“, spielt aber im Osten und sagt damit: Das Recht ist noch nicht angekommen. Hier gilt das Faustrecht. Es gewinnt, wer den Revolver schneller ziehen kann. Weiterlesen
Der Kirche brechen die Mitglieder weg. An vielen Orten ist nur noch ein Drittel der Bevölkerung reformiert. Altgewohnte Arbeitsformen werden hier schwer. Es gibt zu wenig reformierte Familien am Ort für einen Familien-Gottesdienst. Am einfachsten geht es noch in der Schule. Da sind alle vereint. Weiterlesen
Heute hatte ich Lust, wieder mal die «Bekenntnisse» von Augustinus hervorzuholen und darin zu lesen. „Was soll all dies Reden, Gott? Kann denn ein Mensch Worte finden, die Deiner würdig wären? Aber wehe denen, die von Dir schweigen.“ Es ist paradox: Von Gott reden ist nicht möglich. Es erreicht ihn nicht. Von ihm schweigen ist aber auch nicht möglich. Auch das heisst, sein Leben zu verfehlen, wenn man es für sich halten wollte! Weiterlesen
Die Bilder von Waldbränden scheinen sich jeden Sommer zu wiederholen. Jetzt ziehen sich die Brände weit in den Norden hinauf. In Schweden hat man versucht, die Brände durch Bombardierung zu löschen und das Feuer zu ersticken. Auf den alten Militärübungsplätzen in den Brandgebieten liegen viele Blindgänger, die in der Hitze explodieren können. So konnten die Rettungskräfte nur von ferne zugreifen.
Was mich erschüttert hat, waren die Bilder aus Griechenland. Wie da innerhalb von kürzester Zeit eine Feuerwalze durch ein Feriengebiet raste und alles in Asche legte. Es ging so schnell, viele hatten keine Zeit, das rettende Meeresufer noch zu erreichen.
Am selben Tag berichteten die Medien über den Dammbruch in Laos. Nicht weniger als 61 Dämme werden derzeit gebaut an den Oberläufen des Mekong. „Am Montag gegen 20.00h Ortszeit ist der Staudamm Xe-Pian Xe-Namnoy geborsten.“ Fünf Milliarden Kubikmeter Wasser ergossen sich ins Tal. Im Radio sagten sie, das entspreche der Menge des Brienzersees. Sechs Dörfer wurden überflutet.
So könnte man weiterfahren und Hiobsbotschaft an Hiobsbotschaft reihen. Ich möchte aber lieber weiterfahren wie das Buch Hiob selbst und mich an Gott erinnern.
Ökologie in biblischer Zeit
Die Bibel ist nicht naiv. Auch die Menschen im Altertum kannten bereits ökologische Probleme – sie haben Wälder abgeholzt, Sümpfe trockengelegt. Sie hatten zu kämpfen mit Dürre, Flut und Epidemien. Es gab Kriege um knappe Ressourcen.
Auch die Frage, was wird, wenn der Mensch die Schöpfung zerstört, haben sie sich schon gestellt. Die Menschen damals haben nachgedacht, und sie haben ihre Erkenntnisse in Geschichten überliefert. Drei solcher biblischer Geschichten möchte ich heute anschauen.
Die Flut
Die erste Geschichte erzählt vom jungen Moses: Der Pharao hat Angst vor dem Volk der Hebräer. Es gab eine Hungersnot damals. So sind viele Flüchtlinge nach Ägypten gekommen, wo es wegen des Nils genug Nahrung gab. Auch die Hebräer kamen so nach Ägypten. Und es wurden immer mehr. Der Pharao fühlt sich bedroht und befiehlt den Hebammen, dass alle Kinder der Hebräer, wenn es Buben sind, nach der Geburt getötet werden sollen. Die Hebammen weigern sich. Da befiehlt der Pharao seinen Leuten, die Knaben in den Nil zu werfen.
Auch Moses ist ein solches Kind. Die Mutter will ihn retten und setzt ihn in einem Kästchen auf dem Nil aus. Die Schwester von Moses, Mirjam, wartet am Ufer. Sie will sehen, wie es ihm geht. Da kommt die Tochter des Pharao an den Fluss, um zu baden. Sie sieht das Kästchen und lässt es holen. Als man es öffnet, sieht sie ein weinendes Kind. Dann heisst es: „Da hatte sie Mitleid mit ihm“.
Mirjam nähert sich der Prinzessin und fragt, ob sie ihr eine Amme besorgen soll. Sie darf, und so holt Mirjam die Mutter von Moses. Sie erhält das Kind zurück und muss keine Angst mehr haben. Sie erhält sogar einen Lohn für das Stillen. Und als Moses gross ist, nimmt ihn die Prinzessin zu sich. Sie nimmt ihn als Sohn an und nennt ihn „Moses“, d.h. „den aus dem Wasser Gezogenen“.
Die Menschen in dieser Geschichte sind nicht einfach nur gut oder schlecht. Sie tun beides: zerstören und retten. Und wenn die Zerstörung in Gang kommt, so sind die Menschen nicht wehrlos. Und die Haltungen, die sie entwickeln, wie Solidarität und Mitleid sind nicht nutzlos. Sie bringen die Rettung in Gang.
Im Hintergrund steht der Strom. Er scheint den Tod zu bringen. Aber er bringt auch das Leben. Der Pharao will die Kinder im Nil ertränken, die Mutter setzt es auf dem Strom aus und rettet es so. Und da sind Menschen, die helfen. Sie verweigern den Gehorsam wie die mutigen Hebammen, sie stehen dem Schwachen bei, wie die Schwester Mirjam, die zur Prinzessin geht und ihr eine Amme anbietet. Und selbst die Tochter des Königs muss beitragen, dass das gerettet wird, was er zerstören wollte.
Warum wollte er es zerstören? Aus Angst vor dem Volk, das eingewandert war und das ihm zu mächtig wurde.
Hier ist etwas, das stärker ist als die Angst. Das sind Mitleid, Vertrauen, Solidarität und sich gegenseitig beizustehen! – Das hat die Menschen damals gerettet. – Das ist eine Geschichte aus dem Altertum, die uns auch heute helfen kann in den Herausforderungen unserer Zeit.
Die Dürre
Moses – als er erwachsen ist – wird zum Anführer der Hebräer. Er führt sie aus Ägypten hinaus, wo sie unterdrückt und versklavt werden. Anfangs gehen sie gern mit ihm. Aber als sie in die Wüste kommen, als es heiss wird, als sie nichts zu trinken haben, da revoltieren sie und sehnen sich zurück nach Ägypten.
Moses betet zu Gott: „Warum hast du uns aus Ägypten gerettet, wenn wir jetzt umkommen in der Wüste?“ Gott antwortet ihm: „Geh zum Felsen am Berg Horeb (das ist der Berg, wo Moses Gott begegnet ist). Schlage mit dem Stab auf den Felsen, so wird Wasser hervor strömen.“ Moses tut so, und das Volk wird gerettet. Dann heisst es: „Und man nannte den Ort Massa und Meriba“, d.h. Versuchung und Hader, „weil das Volk gehadert und Gott versucht hatte, indem es sprach: ist Gott in unserer Mitte oder nicht?“ (Ex 17, 7)
Hadern, das ist die Unzufriedenheit mit dem Weg, wenn es schwierig wird. Versuchung, das ist der Zweifel und die Verzweiflung, ob Gott da ist und uns begleitet, oder ob unser Weg ins Leere geht.
Aber da ist eine Quelle. Dort finden wir Orientierung. Dort können wir unser Vertrauen wieder finden, dass Gott da ist, mit uns auf dem Weg, und dass wir finden, was wir brauchen.
Die Kinder
Die dritte Geschichte handelt von Josua. Vierzig Jahre sind vergangen. Das Volk ist immer noch in der Wüste. Jetzt stehen sie am Fluss Jordan. Es ist die Grenze zum „Gelobten Land“. Es ist eine andere Generation. Die Auswanderer-Generation ist gestorben, auch Moses. Wer führt sie jetzt in die Zukunft?
Gibt es überhaupt eine Zukunft für die nächste Generation?
Die Bibel erzählt:
„Nachdem Mose gestorben war, sprach der Herr zu Josua: Mein Knecht Mose ist gestorben; so mach dich nun auf und zieh über den Jordan, du und dies ganze Volk, in das Land, das ich ihnen geben werde. Wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich auch mit dir sein. Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen. Sei getrost und unverzagt; denn du sollst diesem Volk das Land austeilen, das ich ihnen zum Erbe geben will.“ (Josua 1,1ff)
Heute
Auch heute gibt es Menschen, die zweifeln, ob wir die ökologischen Probleme noch in den Griff kriegen können. Die drei Geschichten aus der Bibel zeigen uns: Ökologische Probleme gab es schon damals. Schon damals kannten die Menschen diese Angst, dass sie die Schöpfung aus eigener Schuld zerstören. Sie haben uns ihre Erfahrungen in der Bibel überliefert. Darin sieht man ihre Not, aber auch ihr Vertrauen und ihren Mut. Der Weg, der sie weiterführte, ist das Vertrauen in Gott.
Auch heute gibt es auf unserem Weg ein „Massa und Meriba“, eine Station, wo wir hadern und zweifeln, ob Gott noch mit uns ist, oder ob unser Weg ins Leere führt.
Auch heute gibt es Mächte, die die Zerstörung vorantreiben. Aber auch Menschen, wie die Hebammen damals und Mirjam, die Mut zeigen und Solidarität. Das ist nicht nutzlos. Die Schwachen sind nicht wehrlos. Ihre Stärke, das ist das Interesse füreinander, die Anteilnahme, das Mitleid und das gegenseitige sich beistehen.
Auch für unsere Kinder gilt die Zusage, die Gott den Vorfahren gegeben hat, dass er ein „gelobtes Land“ für sie bereithält. Dort darf das Leben blühen. Auch heute noch gilt der Segen, den Gott Josua gegeben hat und mit ihm allen kommenden Generationen:
„So spricht Gott: Mache dich auf und zieh über den Jordan. Ich will mit dir sein. Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen. Sei getrost und unverzagt, dass du gehst auf dem Weg, den ich dir gezeigt habe.“ Amen
Aus einem Gottesdienst
Mitte 19. Jahrhundert kamen zwei Deutsche nach Zürich, der eine ein liberaler Theologe, der andere ein Kommunist. Der erste bekam einen Lehrstuhl, der andere landete im Gefängnis. Der erste brachte die Bevölkerung gegen sich auf, der zweite die Obrigkeit. Weiterlesen
Gebet
Gott, ich weiss, dass Du da bist!
Ich höre Dich nicht, aber ich weiss es gegen alles Schweigen!
Ich sehe dich nicht, aber ich weiss es gegen alles Dunkel!
Ich spüre Dich nicht, aber ich weiss es gegen alle Beweise meiner Hand, die ins Leere tastet.
Ich weiss es einfach, und damit weiss ich was „Wissen“ ist.
„Wissen“ ist einzig und allein diese Gewissheit, mit der ich Dich weiss.
Alles andere ist nur Panik, Illusion, falsche Beweise.
Mein Stolpern beweist nichts, meine Hände stolpern wie die Beine,
die Augen irren wie die Hände…
Lieber Gott, führe mich, hier meine Hand.
Ich bitte – ich weiss, du wirst mir geben.
Ich klopfe an – Du machst auf.
Du bist, ich bin. Weiterlesen
Ab und zu steige ich ins vierte Untergeschoss hinab. Hier im «Bauch von Zürich» lagern die theologischen Zeitschriften aus aller Herren Länder. Was mir hier auffällt, wo alle Religionen vorhanden sind: wie weit es mir wird bei den katholischen Zeitschriften und wie eng bei den reformierten. Weiterlesen
Ich lese von jemandem, der seinen Grossvater sucht. In seiner Familie ist auf Vaterseite alles klar, auf Mutterseite nicht. Ich lese es atemlos, obwohl es kunstlos aufgezählt wird. Diese Frage hat eine Notwendigkeit bei sich, da ist es egal, wie es literarisch daherkommt. Weiterlesen
Ich fahre vor der Arbeit eine halbe Stunde mit dem Fahrrad hinaus. Bei der Kaserne sehe ich die Rekruten stehen. Als ich vor etwa 50 Jahren hier einrückte, war es eine stabile Welt. Man konnte damit rechnen, bei der Entlassung wieder dieselbe Welt anzutreffen, die man beim Einrücken hinter sich lassen musste. So war die Rekrutenschule erträglich, es waren 17 Wochen „Pause“, bevor das „eigentliche Leben“ weiterging. Weiterlesen
Ob sich jemand in der Lebensmitte an Gott wendet, ist nicht eine Frage, ob er sich seinen Kinderglauben bewahrt hat, sondern eine Frage, ob seine Verzweiflung gross genug ist. Erst die Verzweiflung hebt auf diese Höhe, wo das Ganze des Lebens in eine Gestalt zusammen fliesst, z. B. indem jemand sein Leben fortwerfen will und dabei, in diesem Moment, die Erfahrung macht: „fortwerfen kann ich es ja immer noch, ich will es einsetzen“. Weiterlesen
Die Liebe, das ist eine völlig neue, alte Sehweise. Ja, es ist nichts Kompliziertes, Unentdecktes es ist altbekannt und doch fern und scheinbar verloren. Die Liebe – das ist das Neue, Uralte, Überraschende – ist die Rückkehr in den Geheimnisstand der Kindheit, die das Leben deshalb als „geheimnisvoll“ erlebt, weil sie in Erwartung lebt, weil sie der Zukunft, dem Begegnenden, etwas zutraut, weil sie Vertrauen hat und mehr als das: positive Erwartung! Weiterlesen
Zurück aus den Ferien. Ich habe die Fotos gesehen, die von mir gemacht wurden: Ich bin erschrocken. Ich hatte Mühe, das anzusehen. Es fiel mir schwer, den als «ich» wahrzunehmen, der da zu sehen war. So down in den Ferien, so bitter der Zug um den Mund, so traurig das Gesicht. Ich erschrak, als ich mich sah. Weiterlesen
Ich sah gestern im Fernsehen einen Film von 1962 – ich war damals 13 Jahre alt. Ich erinnere mich an diesen und andere solche Filme. Sie standen noch unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Krieges und handeln von Doppelagenten. Das war damals neu und aufregend: Weiterlesen
Hier steige ich immer ab. Da vorne verengt sich der Feldweg, Bäume treten näher heran und markieren so etwas wie einen Durchgang. Hier halt ich immer an und spreche ein Gebet. Es ist vielleicht zu einer Gewohnheit geworden, aber der Grund, der mich zum ersten Mal hier beten liess, macht sich immer wieder bemerkbar: Weiterlesen
Wenn ich in der Frühe Psalmen höre, bleibt oft etwas hängen, das mich durch den Tag begleitet. Die Verse sind manchmal unscheinbar. Aber es liegt doch ein Glanz darauf und untertags entfalten sie ungeahnte Kraft. Weiterlesen
In der Post liegt ein Brief mit Trauerrand. Ich erschrecke. Wer kann das sein? Ich gehe im Kopf die Namen durch. Nach dem Öffnen aufatmen, es ist eine Danksagung, die Beerdigung war vor zwei Wochen. Weiterlesen
Vor dem Einschlafen höre ich Psalmen. Da betet einer, er wasche seine Hände in Unschuld. Und er beteuert, er habe «ohne Schuld gelebt». Mit dem Schlafen ist es erstmal vorbei, wie kommt einer zu einer solchen Aussage? Weiterlesen
Jeden Abend sitzen wir vor dem Fernseher und schauen zu, wie ukrainische Städte bombardiert werden. Gestern war die Reihe an … Ich erinnere mich nicht mehr, die Namen verschwimmen in der Erinnerung und die Zeitung heute früh melden es schon gar nicht mehr, wenn es nicht etwas «Grosses» war. Am Abend sitzen wir dann wieder vor dem TV und schauen zu. Es ist obszön. Weiterlesen
Wo ist die alte Welt? Es geht immer mehr verloren. Aber es gibt Restwassermengen. Die Wasserläufe sind noch nicht ganz leer. Weiterlesen
Ich habe den Film «Reste un peu» («Bleibe bei uns») gesehen, eine Komödie aus dem Jahr 2022 von Gad Elmaleh. Der Film handelt von einem Komiker, aber er meint es ernst. Er spricht von Religion und möchte sich taufen lassen. Aber weil er bereits Jude ist, ist das kein leichtes Unterfangen. Zudem möchte er katholisch werden, weil die Jungfrau Maria es ihm angetan hat, seit er als Kind einmal in eine Kirche eingedrungen ist. Das scheint der grösstmögliche Konflikt, so richtig ein Rezept für eine Komödie. Aber offenbar meint er es ernst. Er macht sich über keine der Religionen lustig. Weiterlesen
Am Samstagabend habe ich mir einen alten buddhistischen Film angesehen, «Regen in den Bergen». Es beginnt mit einer Räubergeschichte, zwei Diebe dringen in ein Kloster ein. Auch Würdenträger sind auf dem Weg, ein General und Gouverneur der örtlichen Provinz und ein Mäzen, der das Kloster immer wieder unterstützt. Alle sind hinter einer alten Textrolle her. Weiterlesen
Die verpönte Religion kommt zurück unter anderer Gestalt, in Dienst genommen von populistischen und autoritären Strömungen, die damit ihre Machtausübung kulturell-ideologisch grundieren. Weiterlesen
Ein Zettel liegt auf dem Pult: «Kosmische Waschmaschine». Da war eine Phantasie, ich würde gefragt, was ich zu all diesen Krisen sagte, die das Leben auf allen Ebenen zu bedrohen scheinen. (War ich nicht mal Pfarrer? Müsste ich nicht einen Glauben haben, der dem widersteht?) Ich erinnerte mich an die Antwort, die ich für mich mal gefunden hatte. Man kann sie nicht erzählen: Weiterlesen
Ein Pfarrer, der sich „Oben-ohne-Theologe“ nennt, fordert dazu auf, endlich zuzugeben, dass „Gott“ nur „eine Chiffre für Hoffnung, für Mut“ sei und dass ihm sonst keine Realität zukomme. Weiterlesen
Wo beginnt ein Weg und wo endet er? Wie soll man einen Anfang erzählen und wie das Ende? Muss eine Geschichte einen Abschluss finden, soll der Knoten gelöst, das Verlorene gefunden, das verletzte Recht geheilt werden, dann reicht es nicht, nur den Abbruch eines Ereignisses zu erzählen. Die Geschichte ist dort nicht fertig, der Konflikt nicht gelöst. Das wurde mir besonders deutlich, als ich wieder einmal Gottfried Kellers Buch «Der Grüne Heinrich» las. Weiterlesen
Weiss künstliche Intelligenz etwas von Erlösung? Definitionsgemäss nicht, weil «Erlösung aus der Welt» von einer Instanz «über der Welt» kommen muss, und das liegt auch ausserhalb der KI. Aber die Rede, «nicht von der Welt» zu sein, ist «in der Welt» und kann von KI kopiert werden. Weiterlesen
Der Krieg eskaliert, aber noch bin ich so privilegiert, dass er bei mir nur am Morgen in der Zeitung auf dem Frühstückstisch stattfindet. (Und beim Einkaufen im Supermarkt, wenn die Preise wieder angezogen haben.) Erst ist es ein Schock, wenn wieder eine neue Stufe erreicht wurde, dann ist es bald zur «Lage» geworden, wie sie halt ist. Weiterlesen
«Wer aus Gott ist hört Gottes Wort», so steht es unter der Kanzel. An Pfingsten sind wir bei einer Wanderung daran vorbeigekommen. Die Versuchung ist, das auf die Situation der Kirche anzuwenden und sie von daher zu deuten: Wer dabei ist, das hat seinen Grund, und wer nicht in der Kirche ist – der ist nicht aus Gott. So kann man sich einrichten in der Randständigkeit und Bedeutungslosigkeit.
In der Vergangenheit sprach man viel von „Schlüsselgewalt“ und man hat Machtansprüche davon abgeleitet. (Dass die Kirche vergeben kann oder nicht vergeben, dass sie die Tür zum Paradies aufschliessen kann oder nicht.) Weiterlesen
Über Mittag hörte ich Stellen aus dem Johannes-Evangelium, aus den Abschiedsreden. Zwischendrin schlief ich ein. Das passt, dieser metaphysische Stil und das veränderte Bewusstsein im Halbschlaf. Für das Handlungs-Bewusstsein, das heute alleinherrschend geworden ist, wirken mythologische Bilder seltsam, Ganzheitsaussagen unverständlich, das Gehen auf den «Suchwegen der Seele» kindlich. Weiterlesen
Der Jesus, der gekreuzigt wurde, war nicht der Seelenfreund. Es war der „Messias“, von dem seine Anhänger eine neue Friedensordnung erhofften. Und die Auffahrt, die wir bald feiern, war ursprünglich nicht ein Gedankending, das niemand begreift. Es war verbunden mit handfester Hoffnung. Weiterlesen
Der Muttertag erinnert uns, wie sehr die Gesellschaft sich verändert hat. Die Wirtschaft braucht Arbeitskräfte und sie hat die Frauen in den Arbeitsprozess eingegliedert. Viele Frauen haben das als Befreiung erlebt aus den Zwängen der alten Rollenbilder. Dafür sind sie jetzt den Zwängen des Arbeitsmarktes unterworfen. Das spüren wir besonders in dieser Zeit, wo die Wirtschaft stagniert oder rückwärts geht und wo es zu Entlassungen kommt. Der Muttertag lädt uns darum auch ein, genauer hinzusehen auf die Gesellschaft und ihre Veränderungen. Was hieße das, eine mütterliche oder väterliche Verantwortung wahrnehmen in dieser Zeit? Weiterlesen
Ich bete nachts für unsere Tochter. Sie ist in Afrika und hat sich schon seit einigen Tagen nicht mehr gemeldet, sie wollte in die Hafenstädte im Norden fahren. Ihr Handy ist ohne Kontakt. So habe ich früher für meine Frau gebetet. So ist überhaupt mein Interesse an Religion erwacht, im Beten für andere Menschen. Weiterlesen
Früher hiessen sie „Aussteiger“. Sie wollten nicht mehr mitmachen in dieser Arbeitswelt, in der man sich selbst verlor. Sie suchten eine Alternative, zogen sich in die Berge zurück, auf eine Alp, oder in eine Alternativ-Kneipe mit Selbstverwaltung. So sollte die Arbeit wieder Freude machen, ohne Arbeitsteilung und Hierarchie, in selbstbestimmter Lebensweise. Manche verzichteten auch auf die Annehmlichkeiten dieses Lebens und zogen sich in ein asketisches Leben zurück. Sie reichten der Welt die Kündigung ein. Weiterlesen
Es ist anstrengend, das Leben mit Kindern, immer präsent zu sein. Auch das Berufsleben fordert uns bis ins letzte. Gut, dass es im Alltag immer wieder Inseln gibt, wo wir auftanken können, wo wir uns wohl fühlen, wo alles irgendwie leichter geht, die Arbeit, die Begegnungen. Es ist, als ob wir dort in besonderer Weise in uns selbst ruhten. Weiterlesen
„Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!“, sagt Christus in der Lesung dieses Sonntags (Joh 20, 21). So ist Kirche von Gott zu Menschen gesandt. Was sollen sie? Was machen sie? Die Welt erobern? Armut und Gewalt abschaffen? Das Reich Gottes errichten? Weiterlesen
Er hatte sich von allen Verpflichtungen frei gemacht. Er war um die halbe Welt gereist. Nun lag er in einem Hotelzimmer und konnte nicht aufstehen. Er hatte sich von allem frei gemacht und war doch wie gelähmt. Er nahm das Notizbuch, das ihn auf seiner Reise begleitete und schrieb: Weiterlesen
Für viele Menschen ist Ostern eine Legende. „Das kann gar nicht sein, dass ein Toter aufersteht.“ Für mich ist Ostern ein Fest der Wahrheit, ein Festhalten an dem, was richtig ist, eine Beschwörung des Schönen, auch wenn es noch so viel Hässliches gibt auf der Welt, auch wenn so vieles nicht läuft, wie es sollte. Weiterlesen
Ein herrlicher Tag, der Himmel strahlend blau, die Büsche weiss vor Blüten. Das scheint nicht zur Karwoche zu passen – als ob die Wirklichkeit sich den Bildern anpassen müsste. Vielleicht habe ich die falschen Bilder von Passion und Ostern? Weiterlesen
Der „Skandal“ für den Verstand, das ist nicht Ostern, sondern der Karfreitag. Dort ereignet sich der Glaube, der den Verstand übersteigt. Das ist die Geburtsstunde eines Glaubens, dem die Welt nicht mehr genügt. Weiterlesen
Heute Abend kommen die Kinder. Dann werden wir zusammen um den Tisch sitzen wie früher. Aber es ist jetzt nicht diese Stimmung des Aufgehobenseins von früher. Ich bin ein alter Mann geworden, die Kinder schon lange ausgezogen. Die Zeit läuft aus. Sie steigt nicht mehr auf zu neuen Aufbrüchen und Aufgaben. Alles ist in Elegie getaucht. Weiterlesen
Das Schöne, was wir im Leben erfahren, hilft mit, uns im Leben zu verankern. Jede gute Erfahrung sagt, dass wir willkommen sind auf dieser Welt. Jedes gute Gespräch lässt uns erleben, dass wir uns verständigen können und nicht allein sind. Und es sind viele gute Erfahrungen im Lauf eines Lebens, die sich schliesslich zu einer Art Grundvertrauen verdichteten. Und dieses sagt, dass wir in dieser Welt gehalten und geborgen sind. Weiterlesen
Eintreten
in die Mitte
in die Stille
in die Gegenwart
im Einklang sein Weiterlesen
Gestern Abend haben wir eine neue Serie auf ARTE angefangen, «Blackport», wir haben den ersten Beitrag gesehen mit der Exposition. Es wirkt etwas düster, im Stil des «Verismo» in der Opernliteratur, der Ende des 19. Jh. das soziale Elend aufnehmen wollte, aber damit immer noch im Rahmen der bürgerlichen Oper verblieb. So stirbt Mimi / Lucia wunderschön und der bürgerliche Held leidet. Aber sein Leben geht weiter. Weiterlesen
Das Christentum wird oft geschmäht, weil Gott hier «seinen Sohn geopfert» habe. Dabei ist das Christentum der denkbar grösste Gegensatz zur heutigen Opfer-Kultur. Das wird deutlich gerade in der Passionszeit mit ihrer Aufforderung, Christus «nachzufolgen» und «das Kreuz auf sich» zu nehmen. Hier wird die Verantwortung für das eigene Leben auf die Spitze getrieben und umfasst auch Momente der Fremdbestimmung, die aber doch in die eigene Verantwortung übernommen werden. Weiterlesen
Das Leben als Weg betrachten heisst: es als Aufgabe annehmen und auf ein Ziel hinsteuern. Das ändert das Gesicht von allem, was uns begegnet, es ist dann nichts mehr, was uns einfach widerfährt, es ist eine Aufgabe, es erhält eine Bedeutung von dem Ziel her, zu dem wir unterwegs sind. Weiterlesen
In Krieg und Krisen, wenn die Entwicklung in eine verhängnisvolle Richtung zu laufen scheint, wenn man sich gefangen fühlt in unguten Zwängen, wird oft – in einem paradoxen Umschlagen der Empfindung – in der grössten Enge die Freiheit wiederentdeckt. Diese Freiheit findet sich nicht in der Befreiung von Zwängen, das ist jetzt nicht möglich, sondern im Gegenteil, in der freien Übernahme der äusseren Umstände. Diese werden aber nicht mehr als Bedingungen verstanden. Der Mensch kann sich entscheiden, er besitzt eine Freiheit, die durch keinen äusseren Zwang aufgehoben werden kann. In der Übernahme seiner Situation ergreift er sich selbst und bringt sein Leben zu wahrer Existenz. Weiterlesen
Was bedeutet «Umkehr», der Ruf, der in der Bibel an zentraler Stelle erhoben wird? Auch die Politik hat den Umkehrruf übernommen. Wie kehrt man um? Ist es ein ethisches Tun oder eine Glaubenshaltung? Ein politisches Programm oder moralischer Selbstaufruf? Weiterlesen
Mit den Umweltproblemen sind in den letzten Jahrzehnten auch neue Bewegungen in Politik und Gesellschaft entstanden. Der Radikalisierung der Problem-Wahrnehmung entsprach dabei die Radikalisierung der gesuchten Antworten. Das meint nicht zwangsläufig eine politische Radikalisierung, sondern eine Vertiefung der Suche nach Ursachen und Abhilfen. Dabei spielt auch die christliche Tradition eine Rolle, wie das Wort «Umdenken» deutlich macht, das seit den 80er Jahren politisch Karriere machte. Wie das Wort «Wende» entstammt es einer ethisch-spirituellen Sphäre. Der einzelne mit seinem Verhalten soll «erweckt» werden (auch das Wort «woke» hat eine religiöse Tradition) und einen Beitrag leisten, ohne den es nicht mehr geht. Weiterlesen
Eigentlich ist Befreiung damit gemeint, auch wenn es aussieht wie harte Notwendigkeit. Eigentlich ist Heil gemeint, auch wenn sich dieses versteckt unter Not und Schmerzen. Eigentlich ist Gott am Werk, auch wenn man ihn nicht sieht. Weiterlesen
Erlebnisse in Militärdienst und brutale Zeitungsmeldungen verdichten sich zum Gefühl einer kulturellen Wende. Im In- und Ausland spricht sich die Interessenpolitik immer deutlicher aus. Hohn und Spott halten Einzug in die Politik. Der Mantel von Demokratie und Rechtsstaat wird auch mal fallen gelassen, wenn direkte Machtausübung schneller zum Ziel führt. Für mich ist es wie Schock. Es stellt sich die Frage, wer „Wirklichkeit“ besser wahrnehme. Glaube ist auch ein Streit um die Wirklichkeit. Weiterlesen
Was braucht ein Pfarrer zu wissen? So fragte ich mich. Was muss ich lernen? Mit dieser Ausbildung wird man für viele Tätigkeiten angestellt. Darum brauche ich mich gar nicht zu kümmern. Was wichtig ist für mich, und was es für die Seelsorge braucht, das ist eines: dass ich die elementaren Gefühle kennen und akzeptieren lerne, und so die Angst davor verliere. Weiterlesen
«Es ist wohl auch für Dich wichtig, auf einem Weg zu sein, der für Dich stimmt. Egal, wo er durchführt, Du willst und kannst Dich nicht verleugnen.» Aus dem Brief eines Vaters an seine Tochter. Weiterlesen
„Wann kommt das Glück?“, fragen wir manchmal. Und wir schauen auf das, was uns noch hindert, wo uns etwas beengt. „Wann trifft uns das, was wir befürchten?“ Auch diese Frage kennen wir. Christus gibt eine Antwort. Und er spricht eine Einladung aus. Weiterlesen
Manchmal kann das Schreckliche auch schön sein. Die überforderte Psyche rettet sich. Sie verengt die Aufmerksamkeit auf einen Spalt, auf ein kleines Detail: das Licht, wie es gerade scheint, einen Ton, ein Muster an der Wand… Die Welt verschwindet und macht der Schönheit Platz. Diese Reaktion auf ein unerträgliches Erlebnis begegnet auch in dem Film «Foxtrot» von Samuel Maoz aus dem Jahr 2017, den wir im Rahmen der Veranstaltung Psychoanalyse und Film gesehen haben. Weiterlesen
Neue Schreckensmeldungen. Ich habe gestern Abend nicht Nachrichten gehört. So überfällt es mich am Morgen mit grossen Lettern auf den Titelseiten. Ich spüre, wie ich mich dagegen schütze. Schon diese ganze Zeit. Ich habe mich als Zeitgenosse abgemeldet. Ich habe keine Zeit dafür. Ich ziehe mich zurück in Unabkömmlichkeit. Mein Projekt hält all meine Gedanken besetzt. Ich mag nicht darüber hinausschauen, darum bin ich ihm besonders ausgesetzt. Es überfällt mich immer wieder von hinten. Weiterlesen
Führt der Weg immer nur bergauf? Keiner, der ehrlich ist zu sich selber, wird so von seiner Karriere erzählen. Oder ist der Weg eine einzige Talfahrt? Was man in dunklen Stunden denken mag, trifft es genau so wenig. Ein realistisches Bild zeigt der Weg Jesu, ein Bild, das Hoffnung macht und zeigt, worauf es ankommt. Weiterlesen
Ich wusste gar nicht – ich habe mich völlig davon entwöhnt – dass diese Welt noch so viel Schönes hat. Am Morgen war ich schon in der Dämmerung draussen. Eine dünne Mondsichel hing in den Bäumen. Es war zauberhaft. Abends, als ich wieder in der Dämmerung unterwegs war, stand der Jupiter hell am Himmel. Ich wollte ihn nicht aus dem Blick verlieren und schlug die Strasse zur Hauptstadt ein. Weiterlesen
Krisenzeiten erfinden ihre eigenen Formen des Redens. Besonders eindrücklich, wenn eine Rede stockt, wenn ein Erzähler sich umwendet und die Hörerenden direkt anspricht. Das Publikum verwandelt sich zu Beteiligten. Sie müssen die Distanz aufgeben und Stellung nehmen. Berühmt ist die Friedensrede Chaplins am Ende seines Films «The Great Dictator». Auch die Bibel kennt Beispiele. Weiterlesen
Heute soll es stürmisch werden, in den Bergen ist wieder Schnee angesagt. Als ich Morgengymnastik mache, sitzt eine Taube vor dem Fenster. Seit einigen Jahren schon sehen wir sie in der Nachbarschaft, freuen uns über ihr «Tu-tu-tu». Sie sucht einen Ort, wo es etwas geschützt ist. Ein Sturm ist angesagt. Weiterlesen
Diesen Januar jährt sich zum 500. Mal die «Zürcher Disputation», die die Weichen zur Reformation in Zürich gestellt hat. Dieses Datum – 500 Jahre Reformation – kann die Kirche wohl nicht übergehen. Es einseitig für Werbung nutzen zu wollen, ist aber auch nicht möglich, zu sehr steht die Kirche heute in der Kritik. Das Krisenbewusstsein geht heute weit über die Kirche hinaus. Diese könnte sich der Situation stellen und aufnehmen, was viele Menschen heute zutiefst verunsichert und an der Zukunft zweifeln lässt. Das könnte eine würdige Feier der Reformation und ihrer Anliegen sein. Weiterlesen
«Es freue sich das Herz derer, die den Herrn suchen!», sagt der Psalm. Es ist ein Weg der Freude! Da ist jemand, der «Herr» ist über unser Leben und Ergehen. Wenn das Herz sich auf die Suche macht, wird es ihn finden. Und schon das Suchen wird ihm Freude bringen. Weiterlesen
Gott sagt auch den Mächtigen das Gericht an, so in einzelnen Übersetzungen der Bibel. In anderen Übersetzungen wird das geglättet und ins Gegenteil verkehrt: Gott wird die Mächtigen behüten. Begreiflich, wenn die Kirche aufrührerische Stellen glättet. Es gibt aber Zeiten, wo man froh ist um starke Worte, ganz ohne Aufruhr. Wenn das Unrecht von Staaten ausgeht, der Terror von Staatslenkern – soll die Bibel da ohne Antwort sein? Weiterlesen
«Uhu, Weltuntergang!», sagt Antonia. Es ist rabenschwarz draussen. Es regnet. Die Dramatisierung hat sich erschöpft. Das hatten wir noch und noch, die «Krise», die «Zeitenwende», die neue Weltlage. Ja es ist dunkel. Juhui. Wir leben noch! Und jetzt?
Was ich gesucht habe
Heute Morgen sah ich ein Foto aus der Zeit, als wir an diesen Ort umgezogen sind. Damals habe ich begonnen, meine Texte durchzusehen aus all den Jahren. Ich wollte wissen, was denn die Frage war, die sich damals gestellt hat. Jetzt weiss ich, was ich gesucht habe in all den Jahren, jetzt, im Nachhinein, liegt es vor mir. Es ist nichts Wunderbares, auch wenn ich, als ich unterwegs war, immer dem Wunderbaren gefolgt bin, der Ahnung, dem Reiz… Aber es ist wunderbar genug.
Was ich gefunden habe
Wenn ich bete, bin ich wieder beim Besten, was ich gefunden habe. Wenn ich mich Gott anvertraue, bin ich im Zentrum von allem, was ich gesucht habe und was mir zwischendrin immer wieder das Gefühl gab, am Richtigen dran zu sein, auf Schatzsuche zu sein, das Leben nicht zu verfehlen und zu verpassen.
Jeder Schritt hatte ein Versprechen bei sich. Und der Morgen war ein Aufbruch in etwas Wunderbares. Ich konnte Gott danken, am Morgen und am Abend, ich konnte einschlafen im Vertrauen auf ihn. Und selbst wenn ich herausgerissen war, wenn ich Schmerzen hatte, wenn ich bestellt war zu einer Operation, konnte ich mich hier wieder einfinden, konnte ich zur Ruhe kommen und zu einem Neuanfang.
Was kommt jetzt?
Letzte Woche steckte ich den Finger in die Bibel und stiess auf einen Text von Jesus Sirach: «Wer sich selbst nichts gönnt, wem kann er Gutes tun? Er wird seinem eigenen Glück nicht begegnen.» Es ist ein guter Zuspruch in einer Zeit, die von Krise redet, ein gutes Wort am Jahresanfang.
Aus Notizen 2022
Foto von cottonbro studio
Vor Tag höre ich auf You-Tube das Weihnachts-Evangelium. Wenig später erzählt Lukas vom ersten öffentlichen Auftreten Jesu, wie er die Weissagung des Jesaja für erfüllt erklärt. Weiterlesen
Bald beginnt die Vorbereitung der Weihnachts-Anlässe. Ich will Weihnachten nicht als etwas behandeln, das automatisch kommt wie der Frühling. Vorher ist ein gewaltiges Gebirge zu überqueren. Und es ist nicht sicher, ob man es schafft. Das sind die Ereignisse um die Passion. Weiterlesen
Unsre Zeit liebt den Wettbewerb: Wer als erster durchs Ziel geht, der hat gewonnen. So werden überall Wettrennen veranstaltet. Die ersten drei stehen auf dem Podest, von den andern erfährt man nichts. Dabei wäre es doch auch interessant, was die andern erleben. Wie findet man seinen Weg im Leben? Was hilft dabei? Und was tut man, wenn etwas dazwischenkommt? Und was hilft in den dunklen Momenten, wenn man meint, es gar nicht mehr zu schaffen? Diese Frage hat die Menschen schon immer beschäftigt. Seit ältester Zeit finden sich Geschichten, die fragen, was der Weg des Menschen ist, und wie er ans Ziel kommt. Weiterlesen
Soll man heute noch von Gott erzählen? Das Christentum scheint verdunstet, Religion hat eine schlechte Presse. Vielleicht muss man sich vom Erfolg emanzipieren, nicht mehr auf das Echo schielen. Die Motive müssen von anderswo kommen. Daran erinnert Hermann Hesse, wenn er berichtet, warum er überhaupt noch schreibt. Weiterlesen
Kain erschlägt Abel. Bei einem Totschlag scheint es eindeutig, es geht so schnell: «Da ist ein Täter, da ein Opfer». Betrachtet man die Vorgeschichte und die Nachgeschichte, nimmt man auch Verletzungen dazu, die nicht in einem Schlag erledigt sind, zeigen sich Eigenheiten einer traumatischen Verletzung. Sie prägt die Wahrnehmung und das Verhalten, als ob das Erleben auf das Ursprungs-Geschehen fixiert wäre. Oft ist es schwierig, sich aus dem prägenden Erlebnis zu lösen, die Geschehnisse werden zwanghaft wiederholt. Das hilft den Betroffenen nicht und verewigt die Konflikte. Weiterlesen
Wir haben den Film «Der Unschuldige» gesehen (l’Innocent von Louis Garrel). Es ist ein Beitrag zu Schuld und Unschuld, Täter und Opfer – Zuschreibungen, die heute in Politik und Gesellschaft ungeheure Wirkung entfalten. Wer ist Opfer? Wer ist Täter? Gibt es einen Weg hinaus? Weiterlesen
Alles ist schon für Weihnachten geschmückt, alles schaut schon voraus auf das Ziel. Dabei wird übersprungen, um was es dem Advent geht. Es ist eine eigene Zeit, hat einen eigenen Sinn in Kirchenjahr und im Leben. Wir leben nicht vom Ende her, sondern vom Anfang. Wenn wir wissen, wie es ausgeht, ist die Spannung aus der Geschichte. Wenn wir den Antwort auf eine Lebensfrage wissen, wird alles Vorherige weniger wichtig. Aber wir kennen das Ende nicht, unsere Fragen beschäftigen uns mit ihrem ganzen Gewicht. Weiterlesen
Man will immer Kirche machen mit denen die gehen. Das sind ganze Völkerschaften. Man will nie Kirche machen mit denen die kommen. Das sind auch Völkerschaften. Weiterlesen
Bald gedenkt man wieder der Toten. Am Ewigkeitssonntag werden Kerzen entzündet, Namen werden verlesen, Trauer erhält ihren Ort. Kann ich auch für unsere verstorbene Katze beten? Sie hat unsere Familie begleitet, sie war da, als die Kinder klein waren. Kann ich für all die Tiere beten, die gestorben sind, und da nicht nur Tiere sterben, sondern ganze Arten – kann ich auch um sie trauern? Weiterlesen
Nach heftigem Regen und schwarzen Wolken ein Regenbogen. Er geht über die Kirche hin, alles strahlt in goldenem Licht. Ich möchte arbeiten, aber ich muss in den Regen hinaus, um ihn anzusehen. Weiterlesen
Durch den Abschied bin ich aus der alten Welt herausgelöst, die neue ist noch nicht vorhanden. So bin ich empfänglich für alle möglichen Gefühle von Unwirklichkeit und Absurdität, wie es ein Blick in die Zeitungen ohnehin nahelegt mit ihren Bildern von Krieg und absichtsvoller Zerstörung. Dazu gehören Klimawandel und Artensterben, was nicht erledigt, aber von anderen, teils gegenläufigen Bestrebungen abgelöst worden ist. Weiterlesen
„Siehe, das ist dein Sohn! Siehe, das ist deine Mutter!“ Maria und Johannes waren nicht verwandt. Aber „von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.“ Die Geschichte will uns die Augen öffnen, uns lehren: Wir sind nicht allein. Andere sind noch da: Verwandte, Nicht-Verwandte, die Nachbarn mit den Kindern vom untern Stock, die Leute vom Haus nebenan. Da ist die Gemeinde, die ganze Welt… Weiterlesen
Wenn man Menschen fragt, wie sie zur Kirche gekommen sind, erinnern sie sich an Begegnungen. Sie erzählen von einem Menschen, der ihnen Eindruck machte. Oft sind es unspektakuläre Erlebnisse, aber es war mit Glauben verbunden. Es war eine innere Freiheit dabei. Es war so, dass sie das auch lernen wollten. Weiterlesen
Die Zeitungsnotiz trägt den Titel: „Mit dem Liebling bis in den Tod vereint.“ Er handelt von einem Tier-Friedhof, wo sich jetzt auch Menschen neben ihren Haustieren begraben lassen können. Weiterlesen
Wir haben den Film «Triangle of Sadness» von Ruben Östlund gesehen. Wir haben vor einigen Jahren bereits den Film «The Square» von ihm gesehen. Er hat uns gefallen, weil es ein «engagierter Film» war in einer Phase, in der das ausgestorben schien. Noch einmal nahm einer die Werte ernst, auf denen das Zusammenleben beruht und die jeder einzelne benötig, um überhaupt ein Ich-Bewusstsein aufzubauen und gesund leben zu können: Gerechtigkeit, Würde, Wahrheit, der Wert jedes einzelnen Lebens. Weiterlesen
Die Bibel erzählt von Moses. Seine Mutter wusste in ihrer Not nichts Besseres, als das Neugeborene in ein Kästchen zu stecken und es mit dem Nil stromabwärts zu schicken, in der Hoffnung, dass es so der Verfolgung entgehen werde. Weiterlesen
Im Traum finde ich in einer Buchhandlung eine bisher unbekannte Bibel-Übersetzung. Es gibt die Bibel in zwei Versionen: Sie stehen für Abspaltung und Gespaltenheit oder für Versöhnung und Heilung. Es ist, als ob ich mich entscheiden sollte: die Welt als Hölle oder in Gottes Hand. Weiterlesen
Nachts konnte ich nicht schlafen und stellte den Fernseher ein. Spät kam noch ein Film über den Völkermord in Ruanda. Ich erinnere mich, noch von meiner Arbeit im Journalismus her, die Gegend hiess „afrikanische Schweiz“, weil sie so grün war. Es war lange ein Schwerpunktland der Schweizer Entwicklungshilfe. Weiterlesen
Eine Stimme im Dunkeln. Ich höre einen Psalm, überfliege vor Tagesanbruch die Nachrichten: Krieg, Teuerung, drei Lecks an der Pipeline, Sabotage auf dem Meeresgrund. Eine Nachricht erschlägt die andere. Draussen regnet es. Der «Starkregen» ist ausgeblieben, vor dem sie warnten. Weiterlesen
Diesen Oktober jährt sich zum 100. Mal der «Marsch auf Rom», die Machtübernahme der Faschisten in Italien. Auch die Bibel kennt einen Marsch auf eine Hauptstadt zu, auch sie kennt eine Machübernahme, aber sie erzählt sie anders. Weiterlesen
Im Zug habe ich „Ivanhoe“ gelesen von Walter Scott. Es ist Abenteuer-Lektüre für Jungen – und sehr klug. Es liest sich auf weite Strecken wie eine Variante der Odyssee. Die Helden sind im Ausland, auf einem Kreuzzug, und zuhause breiten sich Profiteure aus, sie reissen das Erbe an sich. Weiterlesen
Es ist wie der Beginn einer neuen Zeit! Die Sonne scheint freundlich, nicht drückend. Endlich ist der lang ersehnte Regen gefallen und hat richtig abgekühlt. Als ob alles neu geworden wäre. Nachts kann ich wieder schlafen, und ich sinke tief hinunter bis zu jenem Brunnen, aus dem das Leben sich erneuert. Weiterlesen
Beten, zumal öffentliches Beten, scheint seine Zeit hinter sich zu haben. Der Bettag, den die Kirchen im Herbst feiern, geht zurück auf eine Anordnung des Obrigkeits-Staates. In einer Krise sollte Gott um Beistand gebeten werden. Vielleicht hat das Beten aber auch eine Zeit vor sich? Es muss nicht nur ein angstvolles um-Hilfe-Rufen sein. Weiterlesen
Zwei Tage waren wir im Elsass. Das Land hat eine Geschichte zwischen den Grossmächten. Manchmal hat die Herrschaft in kürzester Zeit gewechselt. Das konnte man gar nicht verinnerlichen, man musste einen Weg «dazwischen» suchen. Weiterlesen
Morgen ist der Todestag meines Vaters. Alles geht so schnell vorbei. In mir ist alles noch lebendig, ich möchte am liebsten hingehen und meine Eltern besuchen. Aber dort sieht alles anders aus, neue Häuser stehen da, das Grab meiner Eltern liegt anderswo auf dem Friedhof. Weiterlesen
Gestern Morgen um 06.00h begann der Herbst mit einem lauten Knall. Ein Blitz hat bei uns eingeschlagen, so nah, wie ich es noch nie erlebte. Danach Regen, dazu ein Temperatursturz. Jetzt welken die Blätter. Da und dort sieht man noch Kastanien am Boden. Die meisten Kastanienbäume sind im Zuge der Überbauung der letzten Landreserven gefällt worden. Weiterlesen
Man spürt immer, wenn es nicht stattfindet, wie hilfreiche eine Beerdigung ist. So war es fast etwas gespenstisch in der Wohnung. Alles war noch wie früher, nichts verrückt, ihre Utensilien lagen da, die Bücher… Man glaubte, sie sei einfach nur schnell ins andere Zimmer gegangen und wusste zugleich, dass sie nie mehr zurück kommen würde. Weiterlesen
Er erkennt: er trägt seinen bittersten Feind in sich selbst. Dort ist der Kampf noch nicht zu Ende. Und er begreift: Er muss hinabsteigen in sein tiefstes Inneres, wo er jene peinvollen Erinnerungen versteckt hält. Wenn er dort nicht zum Frieden kommt, bleibt er für immer gebunden an seine Geschichte. Sie hat sich ihm eingebrannt, immer wieder ist er verurteilt, sie zu wiederholen. Weiterlesen
Gilt das nicht mehr, dass wir von Gott gehalten sind, dass er uns einen guten Weg führt? Zeigt die Wirklichkeit hier ein abgründiges Gesicht? Wird der Boden plötzlich löchrig und abschüssig, auf dem wir bisher standen? Müssen wir schwarzsehen für den Weg der Menschheit? Müssen wir Angst haben für unsere Kinder und Ihre Zukunft? Weiterlesen
Im Stress der Feiertage hat sich vieles verdichtet. Ich stehe an der Grenze, aber da sind auch neue Ausblicke. Wir waren zwei, drei Tage in den Bergen. Einmal spüre ich etwas Neues in der Nacht: Ich spüre mit innerer Gewissheit, was ich wirklich will in Leben. Weiterlesen
Kinder haben Zugang zu Zauberkräften. Sie verwandeln sich, sie können im Traum fliegen. Ihre Phantasie rettet sie. Ihre Phantasie gleicht aus. Ihre Phantasie ist geimpft von dieser menschlichen Möglichkeit, sich und sein Leben zum Ganzen zu ergänzen. Ihre Phantasie ist von der Quelle her religiös verfasst: auf das Gelingen angelegt, auf das Ganze des Lebens. Weiterlesen
Der Wohlstand der Nachkriegsjahre in Europa ist vorbei. In Zukunft werden die Menschen im Westen deutlich ärmer sein. Der Mittelstand gerät weiter unter Druck. Die soziale Frage kehrt zurück. Das ist die Botschaft vieler Beobachter der wirtschaftlichen Verwerfungen dieser Zeit. Weiterlesen
Die Kirche fühlt sich nicht in der Lage, das prophetische Erbe auszurichten. Die Prophetie, das Amt des Mahnens, ist ins Feuilleton und in die Börsen-Berichterstattung abgewandert. Bei den Märkten meint man es noch ernst, im Feuilleton ist es allegorisiert, ein Spiel mit Traditionen. Weiterlesen
Was soll ich tun, wenn in der Partnerschaft Spannungen auftreten? Etwa die Kirche fragen? Was mache ich, wenn ich abends von Haushalt und Kindern fix und fertig bin? Weiss da etwa der Pfarrer Rat? Und die Probleme im Beruf – hat da die Bibel vielleicht Rezepte? Auch wer im Glauben Orientierung sucht, findet für die konkreten Fragen des Alltags nicht schnell eine Antwort. Weiterlesen
Die alte Kirche war vom Friedhof umgeben: Es war ein Tabu-Bezirk, von einer Mauer umgeben. Ältere erzählen vom «Schauder», den sie als Kind empfanden, und wie sie sich nicht getrauten, den Ball zu holen, wenn er über die Mauer fiel. Der Tod war tabu. Weiterlesen
Es gibt Menschen, die sind anders als andere Menschen. Es ist, als ob sie eine Mitte in sich trügen. Sie leben irgendwie selbstverständlicher, mit mehr Erlaubnis. Sie rennen nicht irgendeinem Ziel nach, das ausserhalb von ihnen wäre. Und so lange sie es nicht erreicht haben, sind sie unruhig. Weiterlesen
Die spinnen, die Römer. Eben noch war Hysterie auf allen Kanälen. Alle möglichen Endszenarien wurden durchgespielt, vom Klima zur Energie, von der Seuche zum Krieg. Plötzlich ist Stille, der Laden ist zu, die Strassen sind leer, alle stecken in Ferienorten, nachdem der Gotthard tagelang im Stau stand und Flughäfen im Andrang erstickten. Weiterlesen
Kennen Sie das: Der Zug, in dem Sie reisen, macht plötzlich Halt? Die Gedanken, die Sie immer begleiten, stehen still. Die Gefühle, die um die Arbeit kreisen, die Geschäftigkeit, die angetrieben wird vom Nächstliegenden – plötzlich ist es still und ein Gedanke steht klar vor Ihnen. Das ist es! Das ist der Schlüssel, der Ihr Tun auf eine neue Bahn bringt! Weiterlesen
Kann man Glauben lernen? Auf diese Frage hat die Theologiegeschichte die unterschiedlichsten Antworten gegeben: vom scholastischen Gottesbeweis bis zu Pascals Skeptiker, der in einer Wette zum Glauben bewegt werden soll, von der reformatorischen Auffassung der Erbsünde, welche die natürliche Glaubensfähigkeit korrumpiert bis zur rationalistischen Naturreligion, die jeder natürliche Mensch über die Vernunft einsehen kann, von Schleiermachers „Gefühl der schlechthinnigen Abhängigkeit“ bis zu Barths Offenbarungstatsache. Weiterlesen
Es gibt einen Text in der Bibel, den habe ich immer wieder aufgesucht, ein Gedicht wie ein Haus, da bin ich immer wieder eingekehrt: Weiterlesen
Es ist heiss geworden. Man geht dem Schatten entlang, sucht das Wasser auf. Die Arbeit verlangt noch mal eine grosse Anstrengung, dann sind Ferien. Es ist die Zeit der lauen Nächte, man bleibt lange draussen sitzen, plaudert, geniesst das Zusammensein. Die Geräusche, die Düfte – alles verbindet sich zu einer zauberhaften Stimmung.
Zurück von einer Wanderwoche im Jura. Meist kamen wir am Regen vorbei. Auf dem Weg nach St. Ursanne mussten wir mehrmals umsteigen, mit schlechten Verbindungen. In Delémont hatten wir Zwischenhalt. Wir hasten beim Regen über die Strasse zu einem Café, um dort die Zeit zu überbrücken. Weiterlesen
Es ist manchmal nicht zum Zuschauen, wenn wir andere Leute sehen: wie sie sind, was sie tun, wie sie ihre Kinder erziehen! Und der Ärger schafft sich Luft, wir tuscheln mit unseren Nachbarn. Selber wollen wir aber nicht kommentiert werden. Wir wissen doch, wie schwierig das Zusammeneben ist, wenn man sich dauernd beobachtet fühlt von bösen Augen. Weiterlesen
Je näher er dieser Stelle kommt, desto nervöser wird er. Er findet vieles aus seiner Zeit in diesem Text, darum fühlte er sich erst so angezogen. Und er hat eingewilligt, ihn zu lesen. Da ist das Gefühl, in eine falsche Richtung zu gehen. Da ist das Hin und Her: Soll man sich ängstigen, soll man es beschwichtigen? Weiterlesen
Sollte auch der Widerstand zu etwas nütze sein? Wäre das nicht verlorene Liebesmüh, wenn wir wieder und wieder an einer Frage scheitern? Lässt sich noch etwas lernen, was der Erfolg uns nicht beibringen kann? Werden wir hier vielleicht noch danke sagen, wo wir so oft schon verzweifeln wollten? Weiterlesen
Gewitter, Regen – das war das Wetter den ganzen Juli über und auch jetzt im August. Zuerst lag lange ein stabiles „Omega“ über Mitteleuropa, das uns Regen und Überschwemmungen brachte, während in Mittelschweden die Wälder brannten. Jetzt ist „blödes Wetter“, wie ein TV-Meteorologe sagte, weil es schwer vorhersagbar ist, labil, mal so, mal so, aber eher heiss, regnerisch mit Gewittern. Weiterlesen
Unser Töchterchen ist jetzt bald ein Jahr alt. Sie hat sechs Zähne, geht an einer Hand und sagt „Papa“. Sie ist von einer fast unerschütterlichen Lebensfreude und Kontaktoffenheit. Weiterlesen
Es gibt heute ein grosses Suchen bei den Menschen, eine grosse Bereitschaft zum Glauben. Man spricht sogar von einer neuen „religiösen Welle“. Viele Menschen lassen sich leiten von ihren Ahnungen, sie sind auf einem Weg zu Gott. Weiterlesen
Das Thermometer klettert auf über 30 Grad. Der Wetterdienst gibt Hitzewarnung aus. Wie sollen wir mit der Hitze zu Rande kommen? Wie ausharren in der Wohnung? Nicht das Schlechteste ist, ein Buch hervor zu nehmen und die heissen Nachmittage mit Lesen zu verbringen. Weiterlesen
Die Wirklichkeit ist nicht nur das, was wir auf unserem Weg erleben: all die Bruchstück und unfertigen Anfänge, all der gute Wille und das häufige Scheitern. Weiterlesen
Es ist eine Haltung
Wer Vertrauen hat, der ist nicht einfach nur ein Optimist, der im Gegensatz zu einem Pessimisten eine fröhlichere Natur hat. Er ist nicht einfach nur naiv und blauäugig und macht sich über die wirkliche Welt noch Illusionen, weil er noch nicht erfahren hat, wie sehr das Leben verletzen kann. Weiterlesen
Erlebnisse in Militärdienst und brutale Zeitungsmeldungen verdichten sich zum Gefühl, in einer eigentlichen Zeitenwende zu stehen. Im In- und Ausland spricht sich die Interessenpolitik immer deutlicher aus. Hohn und Spott halten Einzug in die Politik. Der Mantel von Demokratie und Rechtsstaat wird auch mal fallen gelassen, wenn direkte Machtausübung schneller zum Ziel führt. Für mich ist es wie ein Schock. Weiterlesen
Es gibt wohl keinen Gott, sagen sie. Er lässt sich nicht erkennen. Für die Gläubigen ist Gott gegenwärtig. Dort lässt er sich finden. Auf dem schmalen Grat zwischen Vergangenheit und Zukunft, wenn man sich dort einfindet, in der Gegenwart. Weiterlesen
Pfingsten gilt als Geburtstag der Kirche. Der Auferstandene erscheint den Jüngern und schickt sie in die Welt: «Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker.» (Mt 28,18) Mission hat einen schlechten Ruf. Gibt es Mission ohne Kolonialismus? Lässt sich Glaube verbreiten ohne zu unterdrücken? Ist der Wahrheitsanspruch des Christentums autoritär? Weiterlesen
Die Pfarrer würden nicht von ihrem Glauben reden, so lautet ein Vorwurf. Es war wohl in der Zeit meines Theologie-Studiums, da fiel mir auf, dass ich im Zugsabteil mit fremden Leuten ohne weiteres in ein Gespräch über Sexualität kommen konnte, aber nicht über Glauben – die Scham hatte sich verlagert. Für das Gespräch über Sexualität gab es eine öffentliche Sprache, für das Gespräch über Religion nicht. Weiterlesen
Auffahrt – Plädoyer für ein Fest
Ostern sagt: Christus ist gestorben und auferstanden. Ist damit alles in Ordnung? Ist er nicht zu Unrecht verklagt und hingerichtet worden? Mit Ostern kann der Zyklus der Feiertage nicht abbrechen. Die Himmelfahrt gehört dazu, unbedingt, oder wir müssen auf wesentliche Bedürfnisse unseres Menschseins verzichten. Ein Plädoyer für ein verkanntes Fest. Weiterlesen
«Um jene Zeit liess der König Herodes einige aus der Gemeinde verhaften», so erzählt die Bibel. «Jakobus liess er mit dem Schwert hinrichten und Petrus warf er ins Gefängnis.» Die Bibel erzählt es als Traum und meint es doch als Wirklichkeit. Weiterlesen
Mit dem Älterwerden ist es seltsam: Was gestern war, daran erinnert man sich oft nicht mehr, aber Dinge, die vor 40, 50 Jahren geschahen, die weiss man noch ganz genau! Viele sagen, im Alter lasse das Gedächtnis nach. Ich denke, es verändert sich. Weiterlesen
„Am Anfang war das Wort“, heisst es in der Bibel. Gott hat alles ins Leben gerufen. War dieses Schöpfungs-Wort ein gesprochenes oder ein gesungenes? Weiterlesen
Wenn wir uns dieses Bild vor Augen halten, so lernen wir, unser Leben anders zu verstehen. Unser eigenes Leben können wir nicht modellieren wie ein Werkstück auf der Werkbank. Und trotzdem gibt es auch in diesem Bereich ein sinnvolles Verhalten. Die Bibel nimmt als Bild nicht die Arbeit, nicht das Herstellen, sondern das Bild des Baumes. Weiterlesen
Wenn brutale Akte geschehen, wenn Zeitungen von Vorfällen berichten, hat man oft das Gefühl, die Zivilisation sei nur ein dünner Mantel, der dem Menschen übergestülpt sei. Es brauche nicht viel, so werde er fallen gelassen und darunter tauche das «wahre Gesicht» hervor: der Mensch als brutales Wesen. Weiterlesen
„Maria stand draussen vor dem Grab und weinte. Sie wandte sich um und sah Jesus dastehen. Sie meinte, es sei der Gärtner. Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich ihm zu und sagte: Meister. Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen.“ (aus Joh 20,11-18)
Nach der Hinrichtung Jesu am Kreuz ist Maria von Magdala verzweifelt. Sie geht zum Grab. Im Garten kommt sie etwas zur Ruhe. Sie empfindet etwas von heiliger Gegenwart. – „Bist Du es?“ Weiterlesen
Ich lese in der Baruch-Apokalypse. Hier wird der Schritt getan, von einer messianischen Hoffnung zu einer Jenseits-Welt, die in einer Endzeit kommt, aber jetzt schon erfahrbar ist, wo man sich hin fliehen kann. Weiterlesen
Wenn wir heute Auferstehung feiern, dann sieht das aus wie nichts – verglichen mit den Kriegsmeldungen aus der Zeitung. Die Christen, die an Auferstehung glauben, das wirkt wie ein kleines Häuflein von Menschen – gegenüber dieser Gewalt, die hier entfesselt wird. Weiterlesen
Karfreitag – dieser Tag hat einen dunklen Klang. Er erinnert an so viel Leid. Und doch ist es ein Festtag im christlichen Glauben. Er erinnert uns an unsere Hoffnung. Hier wendet sich der Weg zu Ostern, zur Freude. Weiterlesen
Leben heisst anfangen, immer wieder neu. Jeden Tag nehmen wir den Faden wieder auf, den wir am Vortag abgelegt haben. Immer wieder kommt ein neuer Abschnitt, Kindheit, Jugend, Erwachsenenleben… Es gibt keinen Stillstand. So wächst das Leben und wird stark. Doch manchmal sehnen wir uns danach, anzukommen. Weiterlesen
Die Kirche, wenn sie vom Glauben erzählt, kann heute gar nichts mehr voraussetzen. Im Gegenteil, es steht im Gegenwind und stösst auf aktive Abwehr (nicht nur passives Desinteresse). Weiterlesen
Bei vielen Anlässen, auch in der Kirche, habe ich mit Menschen zu tun, die zwar eine Beziehung zu Gott haben, aber nicht zu Jesus Christus. Eigentlich ist Christus nicht schwer zu vermitteln, wenn wir auf uns selber hören. Alles in uns strömt ihm entgegen – das Evangelium ist wie die Antwort zu den Fragen, die wir in uns selber tragen. Weiterlesen
Ich habe „das“ Streichquintett gekauft von Schubert. (Ich war gestern in der Stadt). Ich habe mir früher geschworen, diese Musik nie zu kaufen, obwohl es mir schien, das sei das schönste Stück Musik, das ich je gehört hätte. Ich hatte es kennengelernt als Musik in einem Film über Auschwitz. Da war ein Nazi-Offizier, ein KZ-Leiter. Später sah man die Schuhe und Brillen der Opfer, ganze Berge. Und da sass dieser Offizier und höre den langsamen Satz dieser Musik! Weiterlesen
In einer Krise erleben wir die Grenzen unserer Kraft, aber wir erfahren auch das andere, das nicht aus uns kommt. An diesem Punkt beginnt alles umzuschlagen. Am Ende wird ein Anfang sichtbar. Wenn wir an der Grenze stehen mit unseren Möglichkeiten, entdecken wir das andere, das uns trägt. Weiterlesen
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat die Rede vom «Imperium» wieder in Umlauf gebracht. Imperien, das waren vor der Globalisierung die grössten Gebilde, die menschliches Handeln hervorgebracht hat. Der Fall der antiken Imperien hat Himmel und Erde erschüttert, der Lärm brandete bis in die Unterwelt. Das fand auch in der Bibel grossen Widerhall. Weiterlesen
Wie Unfrieden heilt
Wer je Gewalt erlebt hat, der weiss, dass Friede notwendig ist – wie die Luft zum Atmen. Wer Gewalt erlebt, dem stellt es buchstäblich den Atem ab. Es ist ein Schock, der das Leben teilt in ein Davor und Danach. Wer vorher ohne Mühe auf Menschen zugehen konnte, nachher kann er es nicht mehr. Das Vertrauen ist erschüttert. Und es ist eine lange Heilungsgeschichte, bis man dieses Trauma überwunden hat. Weiterlesen
Ich lese abends in der Bibel und stosse auf Psalm 82: Gott stürzt die anderen Götter! Einen solchen Göttersturz gibt es auch in anderen Religionen. Interessant sind hier die Kriterien: Weiterlesen
Ein leidenschaftlicher Text steht heute in Mittelpunkt: Gott wird vermisst in der Welt. Viele fragen ihm nicht nach, verhalten sich, als ob es keinen Gott gäbe. „Steh auf, Gott!“ heisst es in dem Psalm, der heute im Gottesdienst gelesen wird. „Greif ein!“ Weiterlesen
Der Angriff auf die Ukraine hat den Krieg nach Europa zurückgebracht. Ältere erinnern sich an frühere Kriege, die nachts ins Leben einbrachen, auch wenn sie nicht bis Europa vordrangen. Das Leben war von heute auf morgen ausgetauscht. Am frühen Morgen des 17. Januar 1991 begann der Krieg gegen den Irak. Wir wurden im Predigerseminar davon überrascht. Weiterlesen
Wenn wir jemanden lieben – erinnern wir uns noch, wie das war, als wir verliebt waren? – Wie nur schon der Gedanke an ihn oder sie uns Freude machte! Weiterlesen
Eine Beschämung in der Kindheit wirkt oft ein Leben lang fort, sie wird immer wiederholt. Hier löst sich das Geheimnis, warum immer wieder dieselben Menschen ausgewählt werden für solche Spiele. Weiterlesen
Ich lege mich mittags hin, im Halbschlaf meditiere ich die Bibelstelle: „Du sollst Gott, deinen Herrn, lieben mit all deiner Kraft…“ Ich verstehe den Satz noch kaum, ich kann ihn nicht mal auswendig behalten. Die Instanzen, die da aufgezählt werden und die aktiv werden sollen, sind vom modernen Denken ja alle aufgelöst. (Was ist Geist und Herz und Kraft etc.?) Weiterlesen
Der Körper bewahrt in sich die Erinnerung an die Verletzung und er verkrümmt sich so, dass diese nicht mehr ins Bewusstsein aufsteigt. Damit verewigt er sie aber im Gegenteil. Das Kind hat sich totgestellt, es hat den Atem angehalten, die Glieder eingezogen. So spürt es nichts. Wenn immer etwas an seine schmerzhafte Erinnerung rührt, nimmt dieser Mensch unwillkürlich diese Haltung wieder ein, der Atem stockt, der Körper erstarrt, die Empfindungen werden nicht mehr verspürt. Das Kind fühlt sich wie tot. Weiterlesen
„Seht, der Sämann ging aus, um zu säen.“ So erzählt Christus. „Und beim Säen fiel etliches auf den Weg; und die Vögel kamen und frassen es auf.“ Diesen Text kennt man. Und leicht könnte man darüber hinweg gehen: Man kennt ja auch solche Menschen, die keinen Bestand haben. Schnell sind sie begeistert, aber sie haben keine Ausdauer. Weiterlesen
Wenn es heiss ist, fahren wir mit dem Rad dem Fluss entlang zur Badestelle. Heute habe ich dort nach 40 Jahren ein altes Buch wieder gelesen. Eine Stelle habe ich angestrichen: „Sind sie gläubig?“ – „Nachts“. Weiterlesen
Im Lauf der Jahre ist mir deutlich geworden, dass meine Erlebnisse im Glauben eine Vorgeschichte haben, die in vorbewusste und vorsprachliche Zeit zurückreicht. Ich bin immer wieder auf solche Überreste einer «Archäologie» meines Glaubenslebens gestossen. Sie laden zum Ausgraben ein wie die Schätze versunkener Kulturen. Weiterlesen
Gibt es hinter all den verschiedenen Lebenswegen so etwas wie einen Weg des Lebens, eine Spur durch das Gestrüpp? Ein Pfad, der ans Ziel führt? Das müsste etwas anderes sein als die Trampelpfade der Psyche: jenes Verhalten, das wir gelernt haben und das wir immer wieder abspulen, so dass wir immer wieder in derselben Falle landen? Weiterlesen
Die Zeitungen berichteten von Kriegsvorbereitungen. Die letzte Friedensinitiative des UNO-Generalsekretärs vor Ablauf des Ultimatums ist ohne Ergebnis abgelaufen. Weiterlesen
Traumatische Erfahrung und der Weg zum Vertrauen
Mit Kirche und Religion wird man heute nicht gern belästigt. Die Themen, die in dem Büchlein angeschlagen werden, haben zunächst nichts mit Religion zu tun, eher mit Gewalt, Krieg, «ins Wasser gehen». Da ist die Religion noch unter ihrem Gegenteil verborgen, in der Behauptung einer anderen, besseren Welt. Weiterlesen
Gerade der Umweg ist für mich nötig, weil er auf einer Wahrheit insistiert, die ich nicht wahrhaben will, die ich aber für mein Leben brauche. Weiterlesen
Der Taufweg für Erwachsene
Es gibt in unserem Leben so etwas wie einen „Regisseur“, der uns begleitet, der bei den grossen Wendepunkten die Weichen stellt. Wir spüren es und wir wissen, es ist nicht unsere Vernunft, die das macht. Und doch ist es auch in uns wirksam, an unserem Leben.
In dieser Zeit las mir unsere kleine Tochter ein Märchen vor. Es berührte mich wie ein Traum. Es handelte davon, wie Quellen austrocknen, und wie der Mensch auf einer Reise zu den Quellen den Anschluss wieder finden kann. Dieses Märchen beschäftige mich lange. Und ich begriff, dass es von denselben Dingen handelte wie das Abendmahl. Weiterlesen
Hier ist Revolte nötig. Hier kann der junge Mensch nur wachsen, wenn er gegen Gott selber revoltiert und gegen den Vater, wenn er sich von der Religion überhaupt lossagt. So wird Pubertät lebbar – mit einem „pubertären Atheismus“. Keinesfalls ist es aber so, dass der Mensch überhaupt gegen Gott revoltieren müsste, um Mensch zu werden, um frei zu werden, wie es Hesse sieht, wenn er seinen Helden nach dem Bild Kains zeichnet. Weiterlesen
Über die Festtage wurde manche Flasche entkorkt. Sylvester war auch eine Begegnung mit Rausch und Drogen. Partydrogen werden heute im Abwasser der Grossstädte nachgewiesen. Die Kultur reagiert mit Einschränkungen und Rauchverbot. Unsere Kirchengemeinde suchte einen Weg zur Suchtprävention. Müsste eine Kirche nicht die Sehnsucht verstehen, die sich in der Sucht verbirgt? Was haben Rausch und Religion miteinander zu tun? Weiterlesen
Ich wache auf. „Ach, ja, es ist Neujahr!“ Zum ersten Mal habe ich das Gefühl, dass etwas Neues beginnt; fast steigt etwas Furcht auf, aber auch Freude. Sonst war es immer nur „mehr desgleichen“. Weiterlesen
Wir schreiben ein neues Datum. Ein neues Jahr in unserer Zeitrechnung hat begonnen. Ist es auch eine neue Zeit? Oder kehrt unter dem neuen Datum nur das Alte wieder? Weiterlesen
Es gibt Atheisten, die sagen: Es gibt keinen Gott. Im Himmel war einmal ein Streit um die Frage: gibt es den Menschen? Schaut euch doch um in der Welt, meinten einzelne Engel. Soviel Krieg und Unrecht! So viel Prasserei und Prunksucht, und auf der andern Seite Hunger und Armut! Ist das human? Wo ist da der Mensch? Weiterlesen
Gestern ist die Religion drei Mal Thema geworden in der Tageszeitung. Wie das geschah, das gibt ein gutes Bild für ihre Stellung in unserer Zeit: Da ging es um Übergriffe und kriminelle Verwicklungen, um den Mythos und um die Angst vor dem Ende der Menschheit und wie man davon reden könne. Weiterlesen
Die Menge bringt eine Frau zu Jesus, die sie beim Ehebruch ertappt haben. Als sie nach der Antwort von Jesus abziehen, heisst es: „Als sie seine Antwort gehört hatten, ging einer nach dem anderen fort, zuerst die Ältesten. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die noch in der Mitte stand“. (Joh. 8,9) Weiterlesen
Mitte November ist eine neue Covid-Variante in Südafrika aufgetaucht. Die Schweiz sperrt den Luftraum für Einflüge aus Südafrika und einem Band von nördlich angrenzenden Staaten. Dort wurden keine Fälle gemeldet. Es ist ein Sicherheits-Abstand: es betrifft das betroffene Land und einen Gürtel drum herum. Weiterlesen
Neben dem üblichen Kalenderjahr gibt es auch ein «Kirchenjahr». Es beginnt mit dem Advent. Die Zeit wird hier anders aufgezogen, die Wirklichkeit anders aufgefächert, es bringt anderes zur Sprache als das bürgerliche Jahr. Weiterlesen
Da war ein Mann mit einer grossen Nase. Als Kind wurde er gehänselt. Als Jugendlicher verliebte er sich. Aber er getraute sich nicht, das Mädchen anzusprechen. Im Militärdienst wurde er aufgezogen deswegen. Auch im Berufsleben stand seine Nase ihm im Wege. Weiterlesen
Lieber Gott!
Wir sagen «Lieber Gott», wie wir als Kinder gebetet haben:
voll Vertrauen, dass wir gehalten sind und Du da bist.
Dieses Vertrauen suchen wir wieder.
Jetzt, wo so vieles weh macht und uns verwirrt. Weiterlesen
Vertrauen ist nicht nur eine passive Haltung, in der das Subjekt auf eine „gute“ Wirklichkeit reagiert, es ist eine aktive Haltung und eine soziale Dynamik, die die Interaktion der Menschen verändert. Im Glauben geht es nicht nur um eine individuelle Haltung. Weiterlesen
Weihnachten gibt uns ein Bild vom Ziel. Statt des Dunkels, das wir im Alltag oft vor uns sehen. Statt der verschlossenen Türen und der verrammelten Hoffnungen, statt der Absagen „es geht nicht“ und „du kannst nicht“ ist da…- was? Weiterlesen
Vor der Arbeit drehe ich eine Runde durchs Quartier. Viele traurige Menschen auf der Strasse, die schamvoll den Blick senken, sie schauen weg. Ich kann die Kirche nicht einfach als Lösung anpreisen. Auch in der Kirche gibt es viele schamvolle Erfahrungen, da werden Menschen gedemütigt und klein gemacht. Weiterlesen
Auch unser Körper hat in seinem Gedächtnis Schlüssel gespeichert, die Türen aufschliessen zu wohltuenden Speichern und Seelenlandschaften, zu Erfahrungen der Geborgenheit und des gelungenen Hinausgehens. Weiterlesen
Das klingt nach Wunschdenken und Selbstüberschätzung, über die «Rückkehr der Religion» zu sprechen. Überhaupt ist das Büchlein voller Themen, für die man einem Landpfarrer die Kompetenz abspricht. Aber ich habe mir diese Themen nicht ausgesucht. Weiterlesen
Es ist ein schöner Brauch, an Allerseelen oder am Totensonntag auf das Grab der Angehörigen zu gehen. Mit dem Älterwerden wird es einem wichtig. Es ist voller Ruhe und Schönheit. Jüngere haben vielleicht noch offene Fragen. Da kann Versöhnung geschehen. Und das Vergangene öffnet eine Türe in die Zukunft. Weiterlesen
„Für meinen Glauben brauche ich die Kirche nicht. Gott finde ich in der Natur.“ Diese Aussage hört man häufig. Auch die Bibel kennt eine Offenbarung in der Natur. Hat Gott sie nicht hervorgerufen? Aber er zeigt sich auch in der Geschichte: in den Heilstaten des ersten und zweiten Testamentes. Das Reformationsfest erinnert an ein jahrhundertelanges Ringen um Glauben, Wissen und Weltgestaltung. Weiterlesen
Damals war ich auf der Suche nach dem Glauben. Ich ahnte etwas von Religion und Glauben, aber die Beschäftigung mit Religion war damals noch „verboten“. Die Religionskritik wurde damals von der Linken vorgetragen. Weiterlesen
Das Christentum als Erlösungsreligion kennt keine Tragik. Es versöhnt die Konflikte, die für den Menschen nicht zu lösen sind. Weiterlesen
Gesundheit oder Krankheit – junge Menschen kümmert das wenig. Gesundheit erleben sie als etwas Selbstverständliches. Sie essen, was ihnen schmeckt und nicht, was als „gesund“ gilt. Ihr Körper scheint unverwüstlich. Sie können sich ganze Nächte um die Ohren schlagen – am nächsten Morgen stehen sie wieder am Arbeitsplatz. Weiterlesen
Man kann die Religion aufsuchen bei den Glücksmomenten, die sie begleitet: wenn ein Kind geboren wird, wenn zwei heiraten… In den Texten des Büchleins, das hier angezeigt wird, scheint die Religion etwas Dunkles, jedenfalls verbunden mit Dunklem. Das ist heute nicht verwunderlich, wo Religion fast nur noch in Zusammenhang mit kirchlichen Fehlleistungen thematisiert wird. Und doch ist hier etwas anderes gemeint. Weiterlesen
Geschichte kann verletzten. Nicht nur dann, wenn sie mit kriegerischen Ereignissen einhergeht, auch wenn sie friedlich verläuft. Der Wandel hebt Altgewohntes auf, er respektiert keine althergebrachten Rechte, setzt sich über Traditionen hinweg. Weiterlesen
Die Zeitungsschlagzeilen heute (14.1.1991): Die letzte Friedensinitiative des UNO-Generalsekretärs im Irak vor Ablauf des Ultimatums am 15. Januar ohne Ergebnis abgelaufen. Im Schatten dieser Kriegsvorbereitungen hat die Sowjetarme militärisch in Litauen interveniert und eine Marionetten-Regierung an die Macht gebracht. Weiterlesen
Sandra hat mir ein Buch geschenkt. Die Haupt-Erzählung ist die Analyse einer verfehlten Hingabe in den 30er Jahren. Scheinbar geht es um einen jungen Mann, der von einem Kreis von Menschen ausgewählt wird, weil er eine Aufgabe in dem kommenden «neuen Zeitalter» übernehmen soll. Weiterlesen
Gibt es einen fröhlichen Bettag? Erfunden worden ist er von der weltlichen Obrigkeit. Wenn eine Katastrophe über das Land hereinbrach, wenn Krieg oder Teuerung das Volk bedrohten, dann setze man einen Bettag an. Durch Busse und Umkehr sollte das Unglück abgewendet werden. Weiterlesen
Mit dem Begriff „Volk“ sind in Politik und Religion wichtige Veränderungen vorgegangen. Ich würde mich nie getrauen, das Wort „Pöbel“ aus den 50er Jahren wieder hervor zu nehmen. Aber da und dort finde ich es in den Medien. Es taucht wieder auf, und mit ihm eine Geringschätzung des Volkes, weil es als Masse erfahren wird, die sich manipulieren lässt und die Politik unberechenbar macht. Weiterlesen
Dieser Psalm hat mich gestern Nacht gefangen genommen: Weiterlesen
Zum 20. Jahrestag von Nine Eleven
Wie ein Fanal steht am Anfang des Millenniums der Anschlag von „Nine Eleven“. Als ob der Terror dem neuen Jahrtausend seinen Stempel aufdrücken wollte. Aber es war nicht der Terror allein. Ökologie und Ökonomie produzierten immer neue Schreckensmeldungen. In der Schweiz ist das Jahr 2001 mit Flugzeugabsturz, Unfall im Gotthardtunnel und «Grounding» der Swissair als eigentliches „Katastrophenjahr“ in die Geschichte eingegangen, am schrecklichsten war vielleicht der Amoklauf im Zuger Kantonsparlament mit 14 Toten und 18 Verletzten. Weiterlesen
Wir stehen kurz vor der Konfirmation – und haben das Wichtigste noch nicht angesprochen! Es ist auch nicht leicht zu vermitteln, ich weiss nicht, ob ihr so etwas von mir annehmt. Das ist der Glaube – Gott im Leben, die Mitte im persönlichen Leben. Das, worum wir all das machen, weshalb es Konfirmation und Kirche gibt. Ohne das ist alles nichts. Um das dreht sich alles. Weiterlesen
Im Prinzip ist es nichts Neues, nur das Auftauchen von Fremdenfeindlichkeit im Mittelstand, der sich bisher davon frei glaubte, auch in seinem liberalen und linken Spektrum, das bisher noch in einem Bewusstsein von Solidarität und Internationalismus gelebt hatte. Grund ist nicht Rassismus, sondern eine Begrenzung der Güter, eine Bedrohung der eigenen sozialen Situation, die plötzlich als bedrohtes Privileg wahrgenommen wird. Weiterlesen
Dieser Text hat mich durch das ganze Jahr begleitet. Weiterlesen
Unsere Kinder werden die Welt nicht mehr so erleben, wie wir das noch durften. Das hat mir lange am meisten zu schaffen gemacht. Es macht mir Angst, in die Zukunft zu gehen und die Kinder auf diesem Weg allein lassen zu müssen. Wer behütet sie? Auch der Tod hat sein Gesicht verändert. Alles ist unbekannt und unerprobt. Wer könnte hier Führer sein, wer hat das schon erlebt? Wer könnte die Worte sprechen, die Trost und Vertrauen geben, weil er weiss, dass es einen Weg hindurch gibt? Weiterlesen
Fukushima als «Erweckungserlebnis»
Bei mir löste «Fukushima» auch eine Deblockierung aus, es erinnerte von den Folgen her an eine „Erweckung“, dass ich endlich tun und machen konnte, statt immer zu warten: «War es das, was wir erwartet haben – oder kommt noch etwas?» Weiterlesen
Zur Erinnerung an Fukushima
«Im Katastrophengebiet gingen die Rettungsarbeiten trotz heftiger Nachbeben weiter. 100.000 Soldaten und Helfer aus aller Welt konnten vielerorts jedoch nur noch Tote bergen. Jetzt droht in Japan der Super-GAU – wer kann, verlässt Tokio.» Weiterlesen
Ein Rabbi kommt in den Himmel. Und da stellt sich heraus, er hat immer richtig gelebt, er hat alle Gebote erfüllt. Darum wird sein Name ins Buch des Lebens eingetragen. Da fragt ihn Gott nach der Stadt, in der er gelebt hat. „Gab es dort nicht ein schreckliches Blutbad, wo Unschuldige verfolgt wurden?“ „Ja, sagt der Rabbi, es war furchtbar.“ „Ja, hast du denn dagegen protestiert?“ „Nein“, sagt der Rabbi, „hätte es denn etwas genützt?“ „Ich weiss nicht, ob es den Verfolgten genützt hätte“, sagt Gott, „aber Dir.“ Weiterlesen
Die Geschichte der drei Reiche, eine alte chinesische Erzählung, ist ein Höhepunkt der antiken Weisheits-Tradition, ähnlich wie die Thronfolge-Geschichten Davids im ersten Testament oder die Josephs-Legende. Da sind Staatsmänner am Werk, Strategen, die die Gesetze kennen, nach denen das Leben in Gesellschaft und Politik abläuft. Sie sind alles andere als naiv. Weiterlesen
Ich fahre mit dem Fahrrad hinaus. Ich möchte die abgeernteten Felder sehen. Die Getreideernte ist eine erste starke Botin vom kommenden Herbst. Es beschäftigt mich, dass diese Herbstbilder sich nicht mehr einordnen lassen in einen natürlichen Zyklus von Jahreszeiten. Die Klimakrise hat alles durcheinander gebracht. Weiterlesen
Ein Zeitungs-Artikel diese Woche führte die Überschrift: „Die Regierung fühlt sich ohnmächtig.“ Es ging um die Doha-Konferenz zur Klima-Veränderung in diesen Wochen. Experten sagen, das Zwei-Grad-Ziel sei schon verfehlt, also die Verhinderung eines Temperaturanstieges, bevor irreversible Mechanismen in Gang kommen. Wir gingen auf Erfahrungen zu, die für die menschliche Zivilisation bisher unbekannt seien. Weiterlesen
Das gesellschaftlich-kulturelle Klima gegenüber Kirche und Religion hat sich in den letzten Jahren völlig verändert. Schon früher gab es Vorwürfe gegen die Religion, damals konnte man es aber abwehren. Man brauchte sich nicht darum zu kümmern in der Gewissheit, im Glauben ginge es um den Weg zum richtigen Leben. Religion bei uns war apolitisch. Weiterlesen
«Wie in Massa und Meriba» – diese Orte sind in der Bibel sprichwörtlich geworden. Sie erinnern an eine Episode aus dem Befreiungskampf, bei der Flucht aus der Sklaverei. Es kamen Rückschläge, das Ziel rückte in weite Ferne. Statt in der verheissenen Zukunft war man in einer Wüste gelandet und litt Mangel an allem. Die Menschen verzweifelten und revoltierten. Sie fühlten sich von Gott und Menschen verlassen. Weiterlesen
Im Gebet für die Menschen, die durch die Flutkatastrophe Schaden genommen haben. Weiterlesen
Es ist schön, am Tisch zu sitzen, ein Bier neben sich, bald kommt das Essen. Vor mir die Zeitung: Es ist ein Vorgefühl von Ferien. Auch das Wetter spielt mit, der «Hexenkessel» über den Atlantik, der immer neue Gewitterfronten über das Land schaufelte, gibt heute Ruhe. Selbst Corona hat ein Einsehen. Viele Einschränkungen sind aufgehoben. Man kann wieder wandern und einkehren. Ein Gefühl «wie früher». Weiterlesen
Ich lese „Die Räuber vom Liang Shan Po“. Sie leben am Rand, sind ausgestossen. Sie haben gegen Unrecht protestiert. Es ist ein Zustand der „Desintegration“ – er zeigt sich in ihrer Randständigkeit, er meint aber das ganze Reich, das sich nicht einen kann. Die Gegensätze nehmen zu. Auch der einzelne kann so nicht zur Ganzheit kommen und mit sich übereinstimmen. Weiterlesen
Wassernot – die «Sündflut»
Unrecht schreit zum Himmel – und der Himmel gibt Antwort. Die Schreibweise „Sündflut“ bringt es zum Ausdruck: die Überzeugung, dass die Natur das Unrecht strafen wird. Eine Naturkatastrophe wird mit dem Recht zusammengedacht. Es wird Verantwortung gesucht und zugeteilt. Weiterlesen
Gott offenbart sich, sagt man. Aber sein Offenbaren gleicht manchmal mehr einem Verbergen. Weiterlesen
Haben Warnungen Folgen? Ende Juni ist in Seoul ein Warenhaus eingestürzt und hat über 1.000 Menschen unter seinen Trümmern begraben. Am Vortag hatte das Personal Risse in den Stützpfeilern und in der obersten Decke gefunden. Die staatliche Bauaufsicht warnte darauf die Geschäftsleitung, dass das ganze Gebäude zusammenbrechen könnte. Nichts geschah. Weiterlesen
Es könnte einer auf die Idee kommen, es gebe eine «heimliche Kirche» und diese sei gestiftet von Nikodemus oder von Josef von Arimathäa. Denn diese widersprachen den Autoritäten ihrer Zeit und sie schützten sich, indem sie bei Nacht zu Jesus kamen und im Geheimen. Viele könnten sich darin wiedererkennen, die sich von der Mehrheitskirche nicht anerkannt fühlen oder sie insgesamt verwerfen. Weiterlesen
In Politik und Kirche werden die Behörden neu gewählt. In der Antike war der Hirte ein Symbol für den Herrscher. Wünsche für einen gute Herrschaft oder Kritik an schlechter Amtsführung wurden mit Hilfe dieses Symbols zum Ausdruck gebracht. Damals gab es keine verbriefte Mitsprache des Volkes und keine Verfassung, an die sich Herrscher halten mussten. Weiterlesen
Wir haben den Film „Melinda und Melinda“ von Woody Allen gesehen. „Ist es eine Tragödie? Ist es eine Komödie? Es liegt im Auge des Betrachters.“ Die Rahmen-Erzählung handelt von zwei Schriftstellern, die sich über diese Frage streiten. Ist das Leben zum Lachen oder zum Weinen? Es lässt sich so oder anders erzählen. Weiterlesen
Wir haben den Film „Match Point“ von Woody Allen gesehen. Der Ball im Tennis schlägt auf der Netzkante auf und kann hinüber oder vorneüber fallen. Es scheint eine Frage von Zufall. So interveniert der Zufall beim Meisterschafts-Tennis gegenüber dem Können. Wird das Können dadurch aufgehoben? Weiterlesen
Über «Dreifaltigkeit» kann man sich aufregen: wie kann das sein, dass «eins» zugleich «drei» ist? Ich freue mich, dass es drei Wege gibt, wie ich Gott erfahren kann: als Schöpfer, als Erlöser und als Tröster. Weiterlesen
Zwei Teenager treffen sich nach der Schule regelmässig zum Aufgabenmachen. Auch danach stecken sie immer zusammen. Als „beste Freundinnen“ können sie alles besprechen – oder unausgesprochen teilen. So viel Neues geschieht in dieser Lebensphase, alleine kann man es kaum „packen“. Am freien Nachmittag fahren Sie gemeinsam in die Stadt und erobern sich neue Lebensräume, in die ihr Leben jetzt hineinwächst. Weiterlesen
Die Sagen der Völker kennen einen Jungbrunnen, wo alte Menschen wieder jung werden und schwache wieder stark. Das erste Testament erzählt vom Propheten Ezechiel. Der Geist zeigt ihm ein Feld voller Totengerippe. «Siehe, jetzt sprechen sie: Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren, und es ist aus mit uns. Siehe, ich will meinen Geist in euch geben, dass ihr wieder leben sollt.» Weiterlesen
Heute noch kann man festliche Pfingstmusik hören, die auf eine Melodie aus dem 9. Jahrhundert zurückgeht. Ein Mönch in St. Gallen hat sie damals gedichtet und vertont. Er konnte leider nicht gut reden, er stotterte beim Reden, und darum gab man ihm den Übernamen Notker, der Stammler. Weiterlesen
„Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben?“ fragen die Umstehenden Jesus. Es geht um Glauben. Sie wollen sehen, damit sie glauben können. Ein Zeichen, wie damals beim Auszug aus der Sklaverei, als Gott den Vätern Manna zu essen gab. Weiterlesen
Gespräch von Gott und Teufel vor dem Vorhang, bevor das Stück anfängt
Das Buch Hiob, ein Weisheitsbuch des Alten Testamentes, fügt die Hiob-Tradition in eine Rahmenhandlung ein. Bevor das Drama um Heil und Unheil beginnt, treffen sich die himmlischen Mächte vor dem Vorhang und es entspannt sich ein Dialog zwischen Gott und Teufel. (Goethe wird das später imitieren, er setzt vor das Faust-Drama einen «Prolog im Himmel».) Weiterlesen
Früher gab es feierliche Flurumgänge. Man umschritt das Dorf, die Felder, um sie zu schützen. So wird alles bewahrt, von dem man lebt. Was müsste man heute umschreiten? Was gehört zu der heutigen Welt, von der wir leben? Wie umschreitet man eine ganze Welt? Der «Sonntag Rogate» im Mai hat darauf eine Antwort. Weiterlesen
Vor 200 Jahren starb Napoleon. Das Buch „Der Graf von Monte Christo“ erzählt von dieser Zeit. Es handelt von Rache. Sein Thema ist Gerechtigkeit. Sollte es das in der Geschichte geben? Von der Gerechtigkeit in der Geschichte handeln auch die biblischen Apokalypsen. Der Graf von Monte Christo erscheint wie eine Apokylypse der napoleonischen Zeit. Weiterlesen
Im alten China gab es ein Musik-Instrument, eine Art Laute, die war so gebaut, wie man sich die Welt vorstellte. Da war die Erde nachgebildet im Boden des Instruments. Darüber wölbte sich der Himmel, nachgebildet in der Rundung des Schallkörpers. Darüber waren fünf Saiten gespannt, nach den fünf Elementen, aus denen nach damaliger Auffassung der ganze Kosmos besteht. Weiterlesen
Die Kirche tut sich schwer mit dem Tag der Arbeit. In den Arbeitskämpfen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts hat sich die Arbeiterschaft unter dem Einfluss religionskritischer Bewegungen organisiert. „Religion ist Opium für das Volk!“ soll Karl Marx gesagt haben. Umgekehrt war die Kirche mit traditionellen Schichten verbunden und lehnte das sozialistische und kommunistische Gedankengut ab. Das hat ihr später den Vorwurf eingetragen, sie habe im 19. Jahrhundert «die Arbeiterschaft verloren». Weiterlesen
Etwas herstellen, erzeugen, das ist ein menschliches Verhalten, das die Wirtschaft und das ganze Leben prägt. Die Antike stellte daneben das Handeln, ein Verhalten, das nicht auf Herstellen aus ist, aber auf Lebensvollzug. Das Grösste im Leben, das wird aber nicht hergestellt, das liegt ausserhalb der Grenzen des menschlichen Handelns. Das können wir nur schauen, so sagte einst Aristoteles. Weiterlesen
Ich rede vom «Weg» des Glaubens, als ob man darauf gehen könnte, eine Stunde, zwei Stunden. „Wie weit ist es noch um Ziel?“ Aber es ist kein Wanderweg. Mir scheint, ich hätte es noch nie geschafft, mehr als zwei, drei Schritte hintereinander auf diesem Weg zu gehen. Verdient er es da noch, ein Weg zu heissen? Aber diese zwei, drei Schritte haben mich weiter gebracht als alle Anstrengung zwischendrin, als ich nicht auf diesem Wege ging. Weiterlesen
In der Bibel ist der Hirte ein politisches Symbol: Er steht für den Herrscher, der seine Herde weidet. Wünsche für einen gute Herrschaft oder Kritik an schlechter Amtsführung wurden mit Hilfe dieses Symbols zum Ausdruck gebracht. Aber auch für das persönliche Leben ist der Hirte eine Schutzgestalt. Christus wird gern als guter Hirte dargestellt. Der Psalm 23 ist einer der beliebtesten Texte der Bibel, er gibt diesem Vertrauen Ausdruck und wird darum gern bei Beerdigungen zitiert. Weiterlesen
Im Leben geschieht es immer wieder, dass man sich verliert. Man ist abgewichen von dem, was man selbst als richtig spürt. Man möchte es überspielen, es ist ja auch meist keine grosse Sache, es geht meist nicht um Gesetzesverstösse, vielleicht nicht einmal um moralische Gebote. Und doch ist es nicht der richtige Weg. Weiterlesen
Der Bauer schickt den Jockel aus
«Es gibt keinen Gott», sagen die Spötter, «er tut ja nichts». Dass Gott oft nicht spürbar ist, das wissen auch die Gläubigen, das hat sie schon in der Bibel beschäftigt und immer wieder in der Glaubensgeschichte. Eine Antwort gibt das Judentum in einer Kindergeschichte, die auch im Christentum bekannt und beliebt geworden ist, hier unter dem Titel: „Joggeli söll ga Birli schüttle“ (in der Schweiz) oder «Der Bauer schickt den Jockel aus» (in Deutschland). Weiterlesen
Quasimodo: So heisst das Ungeheuer, das in der Kirche lebt. Ältere erinnern sich an das Buch „Der Glöckner von Notre-Dame“ von Victor Hugo, das früher viel gelesen wurde, oder an seine Verfilmung. Als Kind wurde er ausgesetzt, auf die Treppe der Kirche gelegt. Und weil das am Tag „quasimodo geniti“ geschah, gab der Ziehvater ihm den Namen Quasimodo. Weiterlesen
Und sie wunderten sich sehr
Unglaube kann sehr hilfreich sein. Auch an Ostern. Der Evangelist Lukas jedenfalls, wenn er von Ostern erzählt, berichtet nicht vom Glauben der Jünger, im Gegenteil, er erzählt drei Mal von ihrem Unglauben. Offenbar ist das so gewollt. Offenbar hat das einen Sinn. Weiterlesen
„Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“
Sieben Worte hat Christus am Kreuz noch gesprochen. Weiterlesen
Christus betet im Garten Gethsemane. Botticelli hat das Bild gemalt. Ein Engel reicht ihm den Kelch. Unten sieht man die Jünger, die schlafen. Es ist ein Bild der Passions-Geschichte, aber er hat dieses Bild kombiniert mit dem Motiv des „hortus conclusus“. Der Garten ist eine Felsplatte, über den Rest erhoben. Und er ist von einem Gartenhag umgeben. Weiterlesen
Die ersten Osterglocken sind schon da. Sie wecken die Erinnerung an die Osterfeste, wie wir sie früher gefeiert haben: Es ist Sonntag, eine warme Sonne scheint, wohltuend nach der lagen Winterkälte. Die Kinder sind im Garten und suchen zwischen Frühlingsblumen ihr Oster-Nestchen. Der Garten ist ein Bild des Friedens. Die Familie ist beisammen. Frieden und Glück blühen auf. Weiterlesen
Gott ist gnädig, so sagen wir in der Kirchensprache. Ist er auch gerecht? Wenn wir die Welt anschauen, fragen wir uns manchmal, ob es gerecht zugeht. Und wir empfinden das Bedürfnis nach Gerechtigkeit. Wir brauchen sie nicht für uns. Aber wir sehen es bei anderen: dass sie leiden müssen, dass sie niemanden haben, der sie hört, der ihnen hilft. Und das tut uns in der Seele weh. Weiterlesen
Zürich war damals keine provinzielle Ecke in Europa, sondern stand an vorderster Front der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Entwicklung. Was hier geschah, fand damals weite Beachtung. Der Liberalismus fand in Zürich eine Heimstätte, als in Europa noch Restauration und Reaktion das Feld beherrschten. Der Versuch, die Kirche dem liberalen Zeitgeist zu unterwerfen, fand weitherum Beachtung und das Wort „Putsch“ ging von Zürich aus in die deutsche Sprache ein. – Auslöser war eine Revolte der Untertanenbevölkerung gegen das liberale Kirchenregime. Weiterlesen
Manchmal sitzt man da und denkt an sein Leben. Aus dem Nebenzimmer hört man Geräusche vom Mann oder von der Frau, die etwas arbeiten. Auf der Anrichte stehen die Fotos der Kinder und Enkel. Die Zeit ist schnell vergangen. Man begreift gar nicht, wo sie geblieben ist…
Im Zentrum der Passion steht der Tod Christi, der auch als Opfer bezeichnet wird.
Das ist ein starker Begriff, und er kann auch Unheil anrichten. Darum ist er heute umstritten. Es gibt Richtungen, die wollen überhaupt nicht mehr von einem Opfertod sprechen. Weiterlesen
Zu unserem Haus gehörte auch ein Garten und ein Gartenweg. Im Frühling begann es zu wachsen. Auch zwischen den Steinen kam das Grün hervor. Der Weg sah unordentlich aus. Gift wollte ich nicht spritzen und Flammenwerfer, wie ich sie in anderen Gärten sah – mir graute es für die kleinen Lebewesen. Weiterlesen
Aufgrund der Seuche soll man nicht reisen, so besuchen wir die Ausstellung in der Stadt. Sie zeigen Bilder von Carl Spitzweg. Er floh in seinem Leben zwei Mal vor einer Seuche, als in München die Cholera herrschte. Ein Freund erlag der Krankheit. So war das Seuchenthema auch in der Ausstellung wieder da. Weiterlesen
Hat die Phantasie noch einen Platz im Glauben? Die Bibel gibt ihr Platz. So findet sie Zugang zu den Menschen. Sie hebt deswegen nicht ab in esoterische Geisteswelten. Gerade die grossen Fragen dieser Zeit, die harten Fragen der Geschichte, finden so eine Antwort. Selbst die «Höllenfahrt», in der die Passion kulminiert, ist verankert in leidvollen Erfahrungen auf dieser Welt, die hier eine Antwort brauchen. Weiterlesen
Das Leiden Christi, das die Kirche sich in der Passionszeit vergegenwärtigt, das wird im Neuen Testament erzählt ohne mythologisches Beiwerk. Es kommt ohne jene Metaphysik aus, die an Ostern bemüht wird, ohne Mythologie, wie sie für Himmelfahrt und Höllenfahrt bemüht wird. So scheint es. Weiterlesen
Viel haben die Jünger erlebt auf ihrem Weg mit Christus. Er heilte die Kranken, tröstete die Traurigen. Er ging auf Menschen zu, mit denen niemand etwas zu tun haben wollte. Er setzte sich zu ihnen. Er ass mit ihnen. Und sie machten ihm Vorwürfe: Mit Sündern sitzt er am Tisch! – Jetzt gehören sie wieder dazu! Weiterlesen
Himmel- und Höllenfahrt?
Immer wieder ist es mir ein Bedürfnis, den Weg Christi zu meditieren, nicht nur seinen Weg auf dieser Welt, sondern auch das, was von der Theologie als Mythologie ausgeschieden worden ist. Anders als die Fachtheologen finde ich tiefe Befriedigung darin. Weiterlesen
Er will sein glückliches Gesicht verbergen. Auf die Blumen angesprochen, die er bei sich trägt, zeigt er ein schlechtes Gewissen. Darf man in dieser Zeit glücklich sein? Seine Tochter ist zu Besuch, sie erwartet ein Kind. Weiterlesen
Ich war kürzlich auf dem Grab. Es war schön, für ihn beten zu dürfen. Dieses Bild habe ich vor Jahren für mich selber wachgerufen: dass Christus ihm entgegenkommen möge, wie ich es für mich imaginierte. Weiterlesen
Es ist zuweilen ein wehmütiger Gang, durch die Strassen der Kirchgemeinde zu gehen. Die Häuser sind voller Erinnerung. In manchen war ich zu Besuch. Da war eine Hochzeit zu besprechen, dort eine Taufe. Ein Jubiläum stand bevor, ein hoher Geburtstag. Hier habe ich geklingelt, um eine Beerdigung zu besprechen. Weiterlesen
Vielleicht reisen Männer nach der Pensionierung auch deshalb so gern im Land herum, weil sie ihr Leben besichtigen. Es ist nicht einfach Tourismus, es ist das vergangene Leben, das gelebte und das ungelebte. So geht es auch mir, als ich den Stätten meines Lebens nachreise. Weiterlesen
„Das Himmelreich gleicht einem Menschen, der guten Samen auf seinen Acker säte.“ So erzählt Christus in einem Gleichnis. „Als aber die Leute schliefen, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging davon. Weiterlesen
„Wo ist mein Schatz?“, frage ich mich nach dem Aufstehen. Ich habe gestern die Baruch-Apokalypse gelesen. Da wird erst deutlich, was die Vorstellung von einem Schatz beinhaltet: Die Geräte des zerstörten Tempels werden in der Erde vergraben. Das ist nicht nur ein Tempelschatz, das sind nicht nur Becher aus Gold und Silber. Sie sind ein Unterpfand, dass es einen neuen Tempel geben wird, eine neue Heilszeit. Weiterlesen
Ein Rabbi sieht, wie einer auf der Strasse eilig unterwegs ist. „Warum rennst du so?“ fragt er ihn. “Ich gehe meinem Erwerb nach“, sagt der andere. „Und woher weisst du“, fragt der Rabbi weiter, „dass dein Erwerb vor dir hergeht und du ihm nachjagen musst? Vielleicht ist er dir im Rücken und du brauchst nur einmal anzuhalten, um ihm zu begegnen, aber du fliehst vor ihm.“ Weiterlesen
„Sie hat sich ganz eingekapselt, ich komme nicht mehr an sie ran“, sagt die Frau im Zug. Sie erzählt mir von einer Bekannten. Sie lebt seit einiger Zeit allein und hat jeden Kontakt zu ihren Verwandten und Bekannten eingestellt. Weiterlesen
Ich habe Schnee geräumt, es gab schon lange nicht mehr so viel. Es ist ein gutes Gefühl: Alles liegt unter frischem Weiss. Weiterlesen
Eines Tages war Jesus mit seinen Anhängern unterwegs, so erzählt die Bibel. Sie hatten die Stadt verlassen, und die Menschen waren hungrig und durstig. Es war zu spät, um in die Stadt zurückzukehren. Weiterlesen
Gestern war ein Bericht in der Zeitung über ein katholisches Waisenhaus in Irland, wo offenbar über Jahrzehnte Kinder vernachlässigt wurden. Als sie starben hat man sie in einem Schacht „begraben“. Zwei Jungen fanden den Eingang beim Spielen. Offenbar liegen dort meterhoch Kinderleichen. Sie fassten einen Schock fürs Leben und können erst jetzt davon erzählen, nach 20, 30 Jahren.
Es ist nicht zu ertragen. Ich mag mich kaum damit befassen.
Die Kirche hat keinen „Bonus“ mehr. Sie hat einen „Malus“. Sie muss sich rechtfertigen, wann immer sie in der Öffentlichkeit als Kirche erkennbar wird. Und der Malus wird durch solche Nachrichten immer mehr befestigt. Weiterlesen
In meinem letzten Jahr vor der Pensionierung habe ich viele Gottesdienste gehalten. Geschehen sie, weil ich sie halte? Oder halte ich sie, weil sie geschehen? Kommt ihnen eine Realität zu, auf die die Feier hinweist? Oder sind es nur Worte und leicht ersetzbar? Weiterlesen
„Im Jahr des Herrn“, so mass man früher die Zeit. Weil das Christentum die Welt erobert hatte und darum alles Christus gehörte? Nein, weil er mitgeht im Lauf der Zeit. Weil er mitleidet mit den Menschen. Weiterlesen
Wie ein Nachklang auf Weihnacht kommen am Mittwoch noch die drei Könige. Als ob sie nicht nur zum alten Jahr gehören wollten, sondern auch zum neuen. Könige brauchen wir nicht, das Thema Herrschaft sind wir aber noch nicht los. Und wo niemand sichtbar die Verantwortung für etwas übernimmt, schleichen sich unsichtbare Herrschaftsformen ein. Weiterlesen
Neujahr!
Die Uhr schlägt zwölfmal. Neujahr! Ein eigenartiges Gefühl, ein Gefühl voller Prickeln! Es braucht keinen Champagner dazu. Es liegt was in der Luft. Und es ist voller Erwartung! Weiterlesen
Kinder spielen die Weihnachts-Geschichte.
„Ist in dieser Herberge Platz?“ singt die eine Stimme.
„Nein, geh fort!“ singt die andere Stimme.
Alles ist gleich schön ausgestaltet, die Frage und die Antwort,
die Not der Herbergssuchenden und das böse Nein derer, die keinen Platz haben.
Immer wieder, fast lustvoll, kommt das Nein, „geht weiter!“
Alles ist gleichwertig – und das ist richtig.
Es ist ein heiliges Spiel.
Es bringt Gott nicht aus dem Konzept. Er scheitert nicht an dem Nein.
Er hat es in seiner Hand, so klein er ist in seiner Krippe.
Er trägt die Welt in der Hand.
So ist Gott in die Welt gekommen.
Er überwindet auch unser Nein.
Aus Notizen 2009
Bild Krippenspiel in Sanok
Viele Anlässe sind abgesagt in der Pandemie des Jahres 2020. Es ist unsicher, ob die Kirchen an Weihnachten offen sind. In manchen Familien wird auch zu Hause die Weihnachts-Geschichte gelesen. Da hören wir von der Volkszählung unter Augustus, der Reise nach Bethlehem und wie sie Herberge suchten. Die Bibel hat aber noch andere Weisen, von Weihnachten zu erzählen. Weiterlesen
Gott kann sich ein Volk aus Steinen erwecken, sagt Johannes der Täufer. Kann er sich auch eine Kirche erwecken – aus den Trümmern einer alten Christenheit? Weiterlesen
Die Philosophie nach der sprachphilosophischen Wende spricht von „grosser Erzählung“, wo die Tradition von Mythen sprach. In der Geschichtswissenschaft kam der Terminus der „Meisterzählung“ auf. Das Christentum ist keines von beiden. Und es ist ein Missverständnis, wenn es dazu gemacht wurde. Andere Interessen haben sich daran angehängt. Weiterlesen
Früher habe ich mich immer gefragt, was Weihnachten in diesem Jahr für mich bedeutet, bevor ich mich in die Feiern gestürzt habe. Erst danach habe ich all die Feiern für andere Menschen vorbereitet. Weiterlesen
Sturm auf den Philippinen. Im Vorfeld der erwarteten Katastrophen dachte ich immer: „Wenn das eintritt, dann ist Ende“. Weiter ging die Vorstellungskraft nicht. Jetzt ist die Katastrophe da, aber es geht weiter. Da sind Tote, da ist Zerstörung. Da sind Hunger und Obdachlosigkeit. Da sind Plünderungen und Bandenbildung. Bald beginnen die Seuchen… Weiterlesen
Alles wiederholt sich. Die Zeit bleibt immer gleich. Das ist uns am liebsten. Dann können wir die immer selben Antworten geben, die wir schon eingeübt haben. Andererseits verpassen wir auch vieles. Die Chance, auf die wir gehofft haben, kommt so nie, weil immer nur das Alte abgespult wird. Die Veränderung, die wir doch auch brauchen, bleibt aussen vor. Weiterlesen
Coronabedingt fallen die Klaus-Umzüge dieses Jahr an vielen Orten aus. Schon früher haben sie Unbehagen ausgelöst. Ist der schwarze Begleiter nicht ein Relikt aus Kolonialismus und Rassismus? Zwar wird der schwarze Begleiter oft als dunkelhäutiger Mensch aus den Kolonien dargestellt, das ist jedoch ein Missverständnis, auch bei Anhängern dieses Brauchs. Dass am 6. Dezember die Figuren von «Samichlaus» und «Knecht Ruprecht» im Kalender erscheinen, geht auf die Astronomie zurück. Weiterlesen
Im Kunstmuseum gibt es das Bild einer Madonna, die das Christkind auf den Armen hält. Und in der Hand hält das Kind einen kleinen Vogel. Weiterlesen
Haben nicht Jahrhunderte von Religionskritik diese philosophischen «Hinterwelten» bekämpft und aufgehoben – soll jetzt sollen sie auferstehen? Der letzte Sonntag im Kirchenjahr blickt auf das «Ende» der Geschichte. Als ob Geschichte etwas «Ganzes» wäre. So geschieht es aber schon am Grab, wenn ein Leben erzählt wird. Weiterlesen
Die Geschichte, die Markus erzählt, beginnt zögerlich. Es ist nicht wie bei der Geschichte von Lazarus, wo Jesus sich schon Wochen vorher auf den Weg macht, um seinen Freund zu besuchen. Die Frau und Jesus kennen sich nicht, sie sind sich noch nie begegnet. Es ist nicht wie bei Lazarus, wo seine Freunde Jesus empfangen mit Vorwürfen: Wo warst du so lange? Jetzt ist er gestorben! Warum warst du nicht hier? Du hättest ihn retten können! Weiterlesen
Bald ist Advent. In Betrachtung eines Bildes mit der Geburt Jesu frage ich: Woher kommt die Erlaubnis für positive Zuwendung, für Trösten, Zusprechen, Aufrichten? – Seine Menschwerdung ist wie eine „Generalklausel“ für den Zuspruch. Weiterlesen
„Leider sehen wir uns gezwungen, Ihnen mitzuteilen…“ – Das Unglück kommt auf vielfältige Weise, manchmal mit einem Kündigungsbrief, manchmal ist es der Lebenspartner, der einem eröffnet, dass er andere Wege gehen will. Manchmal ist es jemand, der „Schande“ über die Familie bringt. Weiterlesen
«Loser», Verlierer – dieser Terminus ist wieder auf der politischen Agenda, weil ein Politiker seine Gegner so verspottet – und weil er es nicht schafft, seine Niederlage einzugestehen. Weiterlesen
Zu der Zeit, als Jesus lebte, warten die Menschen ungeduldig darauf, dass dieses „Reich Gottes“ anbricht. So viel Dunkles gibt es auf der Welt – sie sehnen sich nach Licht. So viel Kaltes – sie sehnen sich nach Wärme. So viel Unrecht und Leid – wenn Gott doch endlich kommen wollte… Weiterlesen
Zum Gedenken an die Verstorbenen
So ist das vordergründig die Geschichte einer Brautwerbung, im Hintergrund hören wir aber auch die Geschichte von Abraham und seinem Sterben. Auch er könnte sagen: „Haltet mich nicht auf, da doch der Herr Gnade gegeben hat zu meiner Reise.“ Weiterlesen
Geht Gott in Geschichte ein?
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Dass der Glaube und alle seine Inhalte geschichtlich seien, gilt heute als selbstverständlich. Es ist kaum noch einfühlbar, wie Jahrhunderte der Glaubensgeschichte diese als «überzeitliche Grössen» behandelten. «Gott», «Heil», «Reich Gottes» – das schien einem «Jenseits» anzugehören. Das Dasein auf dieser Welt wurde entwertet, es wurde gar nicht ernst genommen. Weiterlesen
Wenn ein Bauer stirbt, kommt das ganze Dorf in die Kirche. Alle nehmen Anteil. Wenn ein ganzer Bauernstand stirbt, ist das kein Anlass, für den man in Kirche geht. Dieses „Bauernsterben“ ist ja auch ein schleichender Prozess. Was geht das also die Kirche an? Weiterlesen
Nicht nur „Sexualität“ ist eine Leidenschaft. Es gibt viele grosse, leidenschaftliche Gefühle in der Bibel: Zorn, Scham, Reue, Liebe, Eifersucht, Kränkung, Rache. Da ist ein heftigstes Gerechtigkeits-Verlangen. Da sind Angst und Wut, Neid und Hass, Elend, Verzweiflung, Jubel, Freude, Dankbarkeit. Weiterlesen
Wie wenig aus der Bibel gelangt an die Gemeinde! Die Bibel scheint ein öffentliches Buch, aber es sind sieben Siegel davor. Die Kirche hat eine Kanzel, aber auch einen selbst verordneten Maulkorb. Die Öffentlichkeit hat ein halbes Ohr für die christliche Tradition, aber noch viel mehr Abwehr gegen das, was von dorther kommt. Wir Menschen hören gern, was uns bestätigt. Aber wir schliessen die Ohren vor dem, was uns in Frage stellt. Weiterlesen
Die Jünger bitten Jesus um etwas. Bald ist er nicht mehr unter ihnen, und sie suchen eine Kraft, damit sie in ihrem Leben, damit sie in der Welt bestehen können. Gibt es da etwas, so etwas wie ein Rezept, einen Schlüssel, der uns in jeder Situation helfen kann? Weiterlesen
So will ich auch sagen: Ich glaube! Und wenn ich enttäuscht bin vom Leben, müde und erschöpft, wenn ich nicht weiss, wie es weitergeht, dann sage ich: Ich glaube, hilf meinem Unglauben. Weiterlesen
„Hiobsbotschaft“ – so nennt man es, wenn eine schlechte Nachricht auf die andere folgt. Daran erinnert es manchmal, wenn die Medien über ökologische Themen berichten: über die Vergiftung der Böden, die Überfischung der Meere, das Aussterben der Arten, die Veränderung des Klimas… So könnte man weiterfahren und Hiobsbotschaft an Hiobsbotschaft reihen. Ich möchte aber lieber weiterfahren wie das Buch Hiob selbst und mich an einige Dinge erinnern. Weiterlesen
Im Herbst beginnt die Wanderzeit. Viele zieht es in die Berge. Es ist ein schöner Moment, wenn man nach einem anstrengenden Aufstieg oben angekommen ist. Jetzt hat man es geschafft. Von jetzt an geht es nur noch geradeaus, und man geniesst den Blick, der weit in die Runde geht. Auch das Leben kennt eine solche Aufstiegszeit. Man lernt einen Beruf, geht Beziehungen ein, löst sich vom Elternhaus und stellt sich auf eigene Beine. Irgendwann hat man es „geschafft“, man weiss, wie es läuft, hat einen Weg gefunden. Weiterlesen
Wo alles herkommt – da muss eine wunderbare Quelle sein! Wo alles hingeht – unsere Intuition ahnt es schon. Es ist ein Ort der Sehnsucht, wo das Leben sich erfüllt – ein Ort, wo wir im Frieden zusammen leben. Weiterlesen
Im Zug habe ich Raabe gelesen, „Zum Wilden Mann“. Geschrieben in der Gründerzeit nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, als durch die französischen Reparationen viel Geld nach Deutschland floss. Das regte die Spekulation an. Es schuf schnelle Vermögen, eine ganze Blase von Neureichen. Bis diese Blase in der Krise von 1873 auch schon wieder platzte und viele, die das Alte, Bewährte aufgegeben und sich verschuldet hatten, als Abenteurer und Falliten zurück liess. Weiterlesen
Liebe ist das erste, was wir erfahren, als Kinder unserer Eltern. Und wenn wir sie vermissen, dann ist sie das erste, was wir vermissen. Liebe, ob wir sie erleben oder vermissen, ist etwas Zentrales. Sie ist ein allererstes Lebensbedürfnis. Weiterlesen
Herrscher und Verweigerer
In den Herbstferien haben wir einen Ausflug nach Bamberg gemacht. Diese deutsche Stadt ist im Mittelalter gross geworden unter Bischöfen, die zugleich Fürsten waren. Prunkvolle Residenzen sind da zu sehen und ich fragte mich, wie das zusammen geht mit diesem Jesus von Nazareth, der in Bescheidenheit lebte. Wie war das möglich, in seinem Namen Herrschaft auszuüben und König- und Kaiserreiche zu errichten? Weiterlesen
Die Methodistische Kirche feiert ihr 150 Jahr-Jubiläum. Ich besuche den Gottesdienst. Wenn das so ist, wie John Wesley sagte, dass Methodisten keine besonderen Leute sind, einfach Christen, die sich von Gott bewegen lassen, dann bin ich auch ein Methodist. Weiterlesen
Die Kirche ist in die Defensive geraten. Und schlechte Stimmung macht sich breit. Immer wieder wird vorgerechnet, wie viele Menschen ihr den Rücken kehren. Kirchengebäude werden umgenutzt. Gemeinden werden fusioniert. Weiterlesen
Nach dem Gewitter ist es kühler geworden. Die Hitzewelle ist vorbei. Im Quartier ist es an diesem Morgen noch ruhig. Die „Pöstler“ drehen ihre Runden. Ab und zu fährt ein Mann aus einer Tiefgarage zur Arbeit. Die wenigen Passanten grüssen sich. Viele Kinder sind auf dem Weg. Weiterlesen
Da ist ein Mensch, der schon weitgehend mit dem Leben abgeschlossen hat. So viel Schwieriges hat er schon gemeistert. Nun scheint es hinter ihm zu liegen: die grossen Aufgaben im Leben, die Aufregungen der Jugend, der Ehrgeiz der Berufsjahre, die Zeit der Familie mit den kleinen Kindern … Da kommt noch einmal etwas ganz hart auf ihn zu. Weiterlesen
Es ist wieder Ferienzeit. Es wird ruhig für die Daheim-Gebliebenen. Auch die Medien haben ihr „Sommer-Loch“. Manchmal wandelt sich das gesellschaftliche Klima. Und alles, was man macht, erhält ein anderes Gesicht. Neue Themen tauchen auf. Was bisher galt, hat plötzlich den Anstrich von „gestern“. So geschieht es auch in diesen Monaten. Weiterlesen
Das Fest
Die Bibel erzählt von einem Fest in Jerusalem. Die Priester bereiteten alles vor. Sie bringen Gott Opfer dar. Sie denken: Wie kann ich vor Gott hinstehen? Ich habe vieles falsch gemacht. Es gibt Aufgaben, die ich noch nicht gelöst habe in meinem Leben. Ich spüre, wie viel ich Gott schuldig bin! – Da betete der König für sie und sprach: „Der Herr, der gütig ist, wolle gnädig sein allen, die ihr Herz darauf richten, Gott zu suchen.“ Und der Herr erhörte den König und vergab dem Volk. Weiterlesen
Der Sommer hat seinen eigenen Rhythmus. Wenn es draussen heiss ist, wenn alles unter einer heissen Mittagssonne liegt, zieht man sich gern ins kühle Zimmer zurück. Wer in den Süden gefahren ist, um auszuspannen, entdeckt die Siesta. Die Sonne dringt durch die Läden ins abgedunkelte Zimmer und erzeugt eine zauberhafte Stimmung. Weiterlesen
In den Ferien sucht man Entspannung. Nach ein paar Tagen erwacht die Neugier wieder. – Warum nicht eine Sage aus dem Altertum lesen? Weiterlesen
Das halbierte Evangelium
Alles was uns hindert, das Credo nachzusprechen, soll hier angesehen und weggeschafft (oder doch besprochen) werden. Weiterlesen
Die kirchliche Mission hat heute einen schlechten Ruf. Der Aufbau der europäischen Kolonialreiche im 16. (Kolonialismus) und im 19./20. Jahrhundert (Imperialismus) führte zu Ausbeutung und Unterdrückung der Lokalbevölkerung und zu kriegerischen Auseinandersetzung zwischen den Kolonialmächten. Weiterlesen
Es ist eine erschütternde Erfahrung dieser Zeit, dass die Sklaverei, die man nach einer jahrhundertelangen Anstrengung für ausgerottet hielt, heute weltweit wieder im Vormarsch ist. Weiterlesen
Leben. Würde. Und wie wir von Gott reden.
„So spricht Gott, der Herr – mit glühender Leidenschaft will ich reden!“ (Ez 36,5) Das kündigt Gott beim Propheten Ezechiel an. Sein Zorn ist erregt, er sieht, wie Unrecht geschieht und will einschreiten. In der Bibel begegnet uns immer wieder ein Gott voller Gefühle und Leidenschaft. Weiterlesen
Auch im Glauben gibt es Modeströmungen. Auch in der kirchlichen Verkündigung gibt es Themen, die im Vordergrund stehen und Traditionen, die eher unbeachtet bleiben. Wenn aber der Zeitgeist umschlägt, geraten andere Überlieferungen ins Scheinwerferlicht.
Oft sind es die Themen im Dunkeln, die die Zukunft prägen. Dort ist etwas zu lernen, was uns in der kommenden Zeit weiterhelfen wird. So wird das Evangelium in der Verkündigung immer wieder verkürzt oder gar „halbiert“. Aber es hat eine Kraft in sich, die neugierig macht, auch die andere Hälfte kennen zu lernen.
2012 habe ich einen Kurs gehalten zum Thema «Das halbierte Evangelium, Traditionen im Schatten des Zeitgeistes.» Auf der Menüleiste finden Sie ein Streiflicht zu diesem Thema.
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„Seltsam erscheint unsere Lage auf dieser Erde. Jeder von uns erscheint da unfreiwillig und ungebeten zu kurzem Aufenthalt, ohne zu wissen, warum und wozu. Im täglichen Leben fühlen wir nur, dass der Mensch um anderer willen da ist, solcher, die wir lieben, und zahlreicher anderer, ihm schicksalsverbundener Wesen.“ So schreibt Albert Einstein im Jahr 1932. Weiterlesen
Das sonnige Wetter über Pfingsten hat viele hinaus gelockt. Die Wälder und Felder sind eine Pracht. Von einer Anhöhe aus sieht es aus, als ob es „brodelte“, so dicht wächst das Grün. Auf dem Rhein – es sieht zuerst aus wie eine Verschmutzung – treiben noch Schwaden von Blütenpollen. Viele Büsche und Bäume haben die Blüten abgeworfen, die Blätter und Spelzen liegen am Boden. Achtlos geht man darüber. Bereits wachsen und reifen die Früchte. Es geht auf den Sommer zu. Weiterlesen
Er gibt jedem eine Aufgabe. Und es ist nicht eine Aufgabe, bei der man sich verliert. Es ist eine Aufgabe, bei der man sich selber findet. Wer dieser Aufgabe folgt, findet sich selber auf diesem Weg. Und er verändert sich, er wächst an dieser Aufgabe. Weiterlesen
Das Leben ist oft so kompliziert. – Wenn Gott den Menschen schuf, konnte er nicht auch gleich eine Gebrauchsanweisung mitgeben? Die Geschichte der ganzen Menschheit läuft heute Gefahr, aus dem Ruder zu laufen. – Wenn Gott uns auf den Weg brachte, hätte er uns da nicht auch zeigen sollen, wo der Weg durchgeht? Weiterlesen
Gäbe es eine Reihenfolge der beliebten Feste, so käme es wohl weit unten, weit nach Weihnachten und Ostern: Auffahrt. Was soll das denn heissen, dass Christus in den Himmel gefahren sei? Weiterlesen
Was sollen uns Tonscherben? Wenn in der Schweiz Überreste einer versunkenen Zeit ausgegraben werden, interessieren sich oft nur Fachleute dafür. Anders ist es bei Auslandreisen, in Ägypten oder Mittelamerika. Die Pyramiden und Tempelanlagen zeugen von einer ganz anderen Zeit. Die Pracht der Pharaonen-Gräber überwältigt. Da wird Archäologie fast zu einer Schatzsuche, es wird zu einem spannenden Abenteuer. Weiterlesen
Für eine Ausstellung wurde die alte Kanzel in der Kirche wieder aufgestellt. Gewöhnlich wird hier aber von unten gepredigt. Hat das was zu bedeuten: ob in der Kirche «von unten» oder «von oben» gepredigt wird? Weiterlesen
Der Weg zu Glauben und Vertrauen im Leben muss auch über den Körper gehen. Viele Religionen haben Übungen, die dabei helfen. Und das Christentum? Weiterlesen
Am kommenden Sonntag ist Muttertag. Ein Besuch ist schwierig in dieser Zeit. Doch finden sich Wege, um Danke zu sagen. „Gott ist Liebe“, sagt der Bibeltext zu diesem Tag. Gott zeigt sich wie eine gute Mutter. Sie schenkt uns Liebe und Vergebung. Wir suchen sie als Kinder auf, wenn uns etwas fehlt. Bei ihr fühlen wir uns aufgehoben und geborgen. Wenn sie da ist, kann uns nichts geschehen. Weiterlesen
Eine junge Frau beschreibt am Radio ihr Entzücken, als sie nach vier Wochen Ausgangs-Sperre ihren Freund wieder sehen darf! Erst vier Wochen kannten sie sich, da kam das Besuchs-Verbot. Sie haben viel telefoniert in dieser Zeit, wenigstens die Stimme gehört. Endlich können sie sich wieder in die Arme schliessen! Weiterlesen
Von allen Propheten des ersten Testamentes kommt einem vielleicht keiner so nahe wie Jeremia. Wir verfolgen seinen Weg, hören von seinen Mühen und Infragestellungen, sind mit ihm und freuen uns, wenn er Worte des Trostes findet. Weiterlesen
Als ich ganz aufgelöst war, als ich nichts mehr wusste, haben mir drei Sätze geholfen, auf den Tag zuzugehen. Weiterlesen
Das Virus wird zu einer Abnützungsschlacht. Der zweite Monat hat begonnen. Die Reserven werden ausgeschöpft. Weiterlesen
In der Ostkirche begrüsst man sich an Ostern mit dem Ruf:
«Christus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden!» –
Das begreift man nicht mit dem Kopf, und das ist gut so! Weiterlesen
Sieben Worte hat Christus am Kreuz noch an uns gerichtet. Das letzte Wort:
Es ist vollbracht. Weiterlesen
Soll man von der Passion erzählen? Kindern jedenfalls nicht, meinte eine Bekannte. Sie liest ihrer Tochter jeden Abend aus einer Kinderbibel vor. Aber beim letzten Kapitel macht sie Stopp, dort geht es um Leiden und Sterben, um Karfreitag und Ostern. Weiterlesen
Ein TV-Sender bringt in der Karwoche einen Zehn-Teiler. Er bringt willkommene Abwechslung. Viele nutzen das Zuhause-Sein in der Corona-Krise und streamen ganze Folgen, Staffeln und Serien. Auch die Passion ist ein Drama mit Fortsetzungs-Geschichte. Auf Pilgerwegen und in Kreuzwegstationen wurden die Ereignisse in einer Abfolge betrachtet. Musik und Malerei haben alle Aspekte beleuchtet. Weiterlesen
In der Karwoche ist alles dicht gedrängt. Ein ungeheuer dramatisches Geschehen rollt vor unseren Augen ab. In der Mitte steht der Satz: „Sieh da, der Mensch!“ So sagt Pilatus, als er Christus dem Volk präsentiert. „Sieh da, der Mensch!“ – Es ist tatsächlich nichts weniger als eine Auslegung dessen, was der Mensch ist, was sein Leben ausmacht, in seinen hellen und in seinen dunklen Seiten. Weiterlesen
Eine passionierte Geschichte
„Passioniert“ ist ein altes Wort. Heute sagt man dafür „hingerissen, ekstatisch, feurig“. Andere Erklärungen aus dem Wörterbuch sind: „toll, trunken, dynamisch, selig, inständig, erfüllt, verzückt, ungezähmt, lebendig“. All das trifft auf die Passion Christi zu, dessen Leben vor 2000 Jahren in einem ungeheuer dramatischen Geschehen zu Ende ging. Weiterlesen
„Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ – so beginnt die Bibel. Und am Ende? Was sind die letzten Sätze der Bibel? Was hat so viel Gewicht wie die Schöpfung am Anfang? Weiterlesen
Apokalypse und jüngstes Gericht
Der Jubel der Gerechtfertigten, den man in der Apokalypse hört, der ist bereits im ersten Testament zu finden. Lange haben sie gewartet, gelitten und „eingesteckt“. Alles haben sie Gott anvertraut, damit er endlich „aufsteht“ und sich als Richter erweist, dass er eingreift und Recht schafft. Weiterlesen
Versöhnung für die Opfer der Geschichte
Dritter Tag der Ausgangssperre. Draussen ist Frühling, die Blüten schiessen heraus, als ob die Büsche explodieren wollten. Die Regierung hat ältere Menschen wegen der Pandemie aufgefordert, das Haus nur für Einkäufe oder dringende Arztbesuche zu verlassen.
Ich beschäftige mich mit Apokalypse. Ist das eine Beschäftigung für eine solche Zeit?
Es geht mir nicht um Angstbilder, im Gegenteil. Apokalyptik ist eine antike Geschichts-Theorie, die nach der Versöhnung fragt – nicht nur im individuellen Massstab, sondern geschichtlich.
Da geht es um die Unterjochung von ganzen Völkern, um Vertreibung, Völkermord, Exilierung. Und da auch die grossen Reiche untergehen und von andern, noch grösseren aufgefressen werden (Assyrien, Babylonien, Perser, Griechen, Römer…) – was bestimmt Aufstieg und Niedergang der Reiche?
Kann man die Intuition auf Gerechtigkeit damit in Verbindung bringen? Gibt es Gerechtigkeit nicht nur im Kramladen, wo es um rechte Bezahlung geht, gibt es das auch, wenn man ein ganzes Leben anschaut, das Leben eines Volkes? Gibt es Gerechtigkeit für die Unterjochten?
Die Apokalyptik ist der spannende Versuch, all diese Fragen zu beantworten.
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Das Streiflicht «Apokalyptik – Geschichtstheologie in schwerer Zeit» findet sich auf der Menüleiste mit weiteren Beiträgen.
Bergpredigt und Apokalypse scheinen verschiedenen Welten anzugehören. Der Kontrast fällt sofort auf. Und das wird der Kirche oft zum Vorwurf gemacht: Sie vertritt eine Lehre voller Sanftheit, aber die Offenbarung steckt voller Gewalt. Da wird getötet, in die Hölle gestürzt, ins Feuer geworfen, da sind grausame Strafen. Weiterlesen
Nähert man sich der Bibel von aussen, könnte man sagen: Sie zeigt den Menschen und seine Geschichte in einem hellen Bild und in einem dunkeln Bild. Das eine ist die Bergpredigt und ihr Ruf: «Liebet eure Feinde!». Das andere ist die Apokalypse mit ihrem Bild vom Endgericht. Weiterlesen
«Das öffentliche Leben in der Schweiz kommt nahezu zum Stillstand», titelt der «Tages-Anzeiger» am 14. März 2020. «Jetzt kommt es auf uns alle an», schreibt die «Neue Zürcher Zeitung». Weiterlesen
«Immer schneller und radikaler wird das öffentliche Leben in der Schweiz eingeschränkt», schreibt die NZZ. «Die Börse reagiert mit Panik auf die Entwicklungen der Corona-Krise.» Geht die Entwicklung nur noch bergab? Täglich und stündlich erwartet man noch schärfere Massnahmen. Weiterlesen
Es ist noch dunkel, bald geht die Sonne auf. Die Reiseversicherung knallt ihre Reklame mitten in den Psalm, den ich auf «You Tube» höre. Draussen tobt die Seuche – unhörbar, aber mit stiller Gewalt. Wie das Erdbeben den Tsunami treibt sie eine Angst-Welle vor sich her und verheert die Wirtschaft. Weiterlesen
Die «Quarantäne», wegen des Corona-Virus in aller Munde, leitet sich ab vom lateinischen Wort «quadraginta» (vierzig). «Eine um 1400 aufgekommene Reisesperre für seuchenverdächtige Ankömmlinge – Venedig verbot bereits 1374 die Hafeneinfahrt für pestverdächtige Schiffe – bezeichnete man in Italien als quaranta giorni.» (Wikipedia) Weiterlesen
Von der Rückkehr alter Werte
In den 60er Jahren haben wir gelächelt, wenn Mutter jedes Geschenkpapier aufbewahrte und jede Schnur zu Seite legte, weil man sie wieder einmal brauchen konnte. Je mehr wir verbrauchen, predigten wir ihr, desto mehr kann man produzieren. Desto billiger werden daher die Produkte. In der Zwischenzeit sind wir an die Grenzen dieses Wachstums gestossen und haben die Lebenshaltung der Vorkriegsgeneration wiederentdeckt. Weiterlesen
Vor einigen Jahren kam ein neuer Begriff auf: ekklesiogene Neurose. Das meint eine Krankheit, hervorgerufen durch falsche Frömmigkeit. Und es weckt die Frage: Ist mein Glaube gesund oder krank? Weiterlesen
Ich versuche, Geschichten zu finden, die verstehbar machen, was das ist: Erlösung. Ich spüre – viel wichtiger ist die innere Gewissheit, dass Er da ist. Das kommt nicht durch Geschichten, das kommt an gewissen Punkten des Lebens – oft an Tiefpunkten, ganz unerwartet – wie am Karfreitag. Das werden dann Wendepunkte im Leben – wie Ostern. Dann stellt sich auch die Glaubensfreude ein. Weiterlesen
Bin ich religiös?
Mitte 30 kam die Religion in mein Leben zurück. Am Anfang stand nicht eine Erleuchtung oder Erweckung. Am Anfang stand eine «kognitive Dissonanz». So nennen Psychologen Widersprüche zwischen Verhalten und Bewusstsein, zwischen Gefühlen und Weltbild. Als moderner Mensch fühlte ich mich weit entfernt von Religion und Glaube. Allerdings, als meine Frau so viel auf Autobahnen unterwegs war, ertappte ich mich dabei, dass ich für sie betete. Irgendwann fiel mir das auf und ich fragte mich: Wie kann ich beten, wenn ich keinen Gott glaube? Oder: Wie kann ich ungläubig sein, wenn ich bete? In einem Brief erzählte ich davon: Weiterlesen
Der fortschrittlichste Impuls der mitteleuropäischen Politik der letzten Jahre ist nicht aus dem Handeln von Menschen, Gruppen oder Parteien erfolgt, wie fortschrittlich sich diese auch selber verstehen. Er kam von der Natur, von den Bäumen, vom Waldsterben. Weiterlesen
Je näher er dieser Stelle kommt, desto nervöser wird er. Er findet vieles aus seiner Zeit in diesem alten Text, darum fühlte er sich erst so angezogen. Und er hat eingewilligt, ihn zu lesen. Da ist das Gefühl, in eine falsche Richtung zu gehen. Da ist das Hin und Her: Soll man sich ängstigen, soll man es beschwichtigen? Da sind die Meldungen von fernen Katastrophen. Aber hat das Folgen bis zu uns? Weiterlesen
Auch von einem Comic kann man etwas über Kirche lernen. Die zwei Bilder habe ich seinerzeit kopiert und im Pfarrhaus an die Wand gehängt. Hier schienen mir zwei Bilder von Kirche, von Pfarrersein und von Glauben sinnfällig entgegen zu treten: Weiterlesen
Die grossen Fragen
Zwei grosse Fragen beschäftigen heute die Menschen: Klimawandel und Artensterben. Sie bedrohen das Weiterleben der menschlichen Zivilisation in ihrer heutigen Gestalt. Auf anderer Ebene liegt der Abbruch der christlichen Tradition, aber auch das ist ein Ereignis von säkularer Tragweite. 2000 Jahre lang wurde der Stab im Staffetenlauf der Generationen weitergegeben, erstmals soll das jetzt abbrechen und das Christentum zum Spott und zum Schimpfnamen werden. Weiterlesen
Christus hat uns eine Zusage gegeben, dass er unser Gebet erhören will. Das ist etwas, was wir vielleicht nicht jeden Tag brauchen im Leben. Aber in jedem Leben gibt es doch Tage, wo wir froh sind, das zu wissen: dass wir mit dem, was uns beschäftigt, vor Gott kommen können. Weiterlesen
Vor hundert Jahren wurden die Propheten entdeckt. Aus dem Nichts schienen sie aufzutauchen und traten den Mächtigen entgegen. Eine richtige Propheten-Begeisterung erfasste die Kultur und die Dichter träumten, die Wahrheit so sagen zu können, dass sich darunter die Welt verändert. Weiterlesen
Ich lese in letzter Zeit vermehrt Propheten. Ich blieb dort hängen, wenn ich die Bibel aufschlug, weil ich dort ein Echo auf meine Empfindungen fand. Die Gefühle und Reaktionen gegenüber den Ereignissen unserer Zeit finden dort eine Entsprechung. Hier finde ich mich wieder, hier finde ich auch die Intuition auf Gerechtigkeit. Hier den starken Gott, der den Dingen gewachsen ist… Weiterlesen
Wem es glückt
Unsere Grossmutter bringt mich zum Staunen. „Pflück uns doch ein vierblättriges Kleeblatt!“, sagen wir ihr, als wir über eine Wiese gehen. Sie bückt sich, streckt die Hand aus. Sie sieht noch keines, aber sie weiss, dass sie eins finden wird. Wenig später richtet sie sich auf und streckt uns ein vierblättriges Kleeblatt hin. Weiterlesen
Was bewegt die Welt am Jahresbeginn? Die Leitartikel in den Zeitungen haben Umschau gehalten. An den Sylvesterparties wurde Blei gegossen und das Orakel befragt. Was bringt wohl das Neue Jahr? Ich selber starte voller Optimismus in die Zukunft. Ich habe so etwas wie ein Pfand erhalten, dass es gut kommt. Und dieses gute Gefühl begann für mich ausgerechnet beim Zahnarzt. Weiterlesen
Zum Jahreswechsel
Bald ist es Mitternacht. Die Fenster der Stadt sind hell erleuchtet. Hinter vielen Fenstern ahnt man ein buntes Treiben. Manchmal öffnet sich die Tür eines Pubs, dann dringt ein Schwall lauter Musik auf die Gasse. Die Tür schlägt zu und es wird wieder still. Wenige sind unterwegs. Alle möchten in Gesellschaft sein, wenn das neue Jahr beginnt. Weiterlesen
Jeder weiss, was auf dem Hinweg nach Bethlehem geschah: Maria war schwanger, sie sollte gebären, und sie fanden keine Herberge… Aber was geschah auf dem Rückweg? Weiterlesen
„O du fröhliche“ – Johannes Falk, der Dichter dieses Liedes, hatte damals nichts zu feiern. Seine halbe Familie hat er verloren. Vier seiner sieben Kinder starben bei einer Typhus-Epidemie. Er nahm fremde Kinder bei sich auf, gründete ein „Rettungshaus“ für Kinder ohne Zuhause. Für sie dichtete er sein Lied. „O du fröhliche“. Weiterlesen
Wer Kontakt zu Kindern hat, kennt die Faszination: ein Törchen nach dem andern zu öffnen. Was kommt heute? Das Leben gerät wieder in Erwartungs-Modus. Wir lernen Gefühle, die wir schon verloren glaubten. Weiterlesen
Eine ganz unsentimentale Einstimmung in Weihnachten gibt der Evangelist Markus: Er beginnt in der Wüste. Das getraut sich kein Pfarrer: an Weihnachten von Wüste zu reden. Aber wer sich seinem Leben stellt, der will gerade da durch. Der interessiert sich gerade für diese Frage, wie man da durchkommt. Weiterlesen
Ich glaube, ich kann vieles, was Sie mir im Brief erzählen, aus dem eigenen Leben nachvollziehen. Ich trage aus meiner Kindheit nicht jene Sicherheit des Daseins in mir, die aus guten, stärkenden Beziehungen stammt. Ich muss lernen, mir die Anerkennung selber zu geben, die ich aussen suche, die Wärme, das Schützende, das Väterliche und das Mütterliche. Ich finde das Vertrauen zu dieser Welt, das Gefühl, in dieser Wirklichkeit gehalten und geborgen zu sein, nicht selbstverständlich in mir. Darum ist es zu einem Lebensthema für mich geworden. Weiterlesen
Zum Advent
Seit ich älter werde habe ich mehr Freude an dem Brauchtum um Advent und Weihnachten. Ein von den Kindern gebastelter Adventskalender, Guetsli backen, die Frage „was wünscht du dir denn zu Weihnachten?“, einen Baum schmücken… Die Kinder haben es mir nähergebracht. Als junger Mann war ich eher auf der rationalen Seite. Mehr und mehr ist es aber auch von Wehmut umgeben, seit es spürbar wird, dass die Kinder bald ausziehen werden. Sie sind gross geworden. Die Bräuche sind gefüllt mit Erinnerungen an schöne Familienanlässe. Und diese Zeit geht vorbei. Weiterlesen
Es geht nicht nur um den Stand von Theologie und Kirche heute in der Gesellschaft, ob ihre Vertreter unter den Honoratioren sitzen dürfen und ob die Theologie an staatlichen Fakultäten gelehrt wird. Weiterlesen
Die Geschichtswissenschaft wird vom Staat manchmal in Dienst genommen, v.a. in Krisen, wenn Verbrechen aus der Vergangenheit ans Licht kommen, wenn kollektive Traumata berührt werden, die das Potential haben, Politik und Gesellschaft nachhaltig zu verstören. Dann setzt der Staat gern Historiker-Kommissionen ein, die das untersuchen und Leidensbestände in der Gesellschaft «aufarbeiten» sollen. Weiterlesen
Der Philosoph Jürgen Habermas wird in der Kirche gern gelesen. Er vertritt eine moderne Welt in der Phase des «nachmetaphysischen Denkens» und spricht doch voller Anerkennung von Religion und Kirche. «Säkulare Sprachen, die das, was einmal gemeint war, bloss eliminieren, hinterlassen Irritationen», sagt er in seiner Dankesrede zur Überreichung des deutschen Friedenspreises 2001. Weiterlesen
„Was ist mir denn so wehe?“ so fragt der deutsch Dichter Joseph von Eichendorff in einem Gedicht. Seine Tochter Anna ist gestorben – kaum zwei Jahre nach ihrer Geburt. Dieser Verlust reisst ihn aus dem Leben. Er verliert die Heimat in dieser Welt, er kennt sich nicht mehr aus in seinem Alltag. Weiterlesen
Es ist November. Am Morgen ist es dunkel, wenn der Tag beginnt. Draussen ist es nass und kalt. Aber immer wieder bricht die Sonne durch. Sie reisst die Nebeldecke auf. Und noch einmal leuchtet der Herbst im farbigen Laub der Bäume. Und die Menschen atmen auf. Der Himmel wird leichter über ihnen.
Bald beginnt der Advent. Er bringt Bilder voll Licht und Wärme in die kalte Jahreszeit. Er erzählt von einem neuen Anfang. Doch vorher steht noch etwas an.
Im November erinnert man sich der Verstorbenen. Es ist Tradition, aber es tut auch in der Seele gut, wenn man seine Lieben besucht auf dem Friedhof. In der Kirche feiert man den Ewigkeits-Sonntag.
Wie ist es, wenn unser Leben zu Ende geht? Weiterlesen
Unsere Tochter, die Nahoststudien betreibt, hat mir ein Buch von Ibn Tufail geschenkt, dem islamischen Theologen aus dem 12. Jahrhundert. Wie die christlichen Theologen stand er vor der Frage, wie die neu bekannt gewordene aristotelische Philosophie mit der Glaubenslehre in Übereinstimmung gebracht werden kann.
Er verteidigte die Philosophie gegenüber den Angriffen der Glaubens- und Rechts-Gelehrten. Die philosophische Erkenntnis stimme mit den „richtig verstandenen“ Inhalten der Offenbarungsreligion überein, besser sogar als „die bloss symbolhafte Religion der breiten Massen“.
Epochen der Geistesgeschichte
Das war auch das Ziel der christlichen Theologen jener Zeit. Und seither sind die Versuche, nicht abgerissen, den Glauben an Gott mit der Kultur und ihren Wahrheitsbegriffen zu versöhnen. Das begleitet die Geistesgeschichte in ihren immer neuen Anläufen, die Wirklichkeit zu verstehen. Immer wieder kam eine neue Sicht auf. Bei den grossen Umbrüchen setzte man eine «Epoche» und sprach von «Mittelalter» «Renaissance», «Neuzeit», etc. Aber immer schneller veränderte sich der kulturelle Rahmen. Immer schneller drehte sich das Karussell der Vermittlungs-Versuche.
Wer sich mit protestantischer Theologie im 19. Jahrhundert beschäftigt, bewundert die Vielzahl von Entwürfen. Sie folgen den verschiedenen philosophischen Systemen auf dem Fuss. Es war eine ungeheuer produktive Zeit. Aber das eine System frass das andere auf. Die Druckerschwärze war kaum eingetrocknet, schon kam der nächste Entwurf.
Das Karussell der «turns» und «Wenden»
Auch unsere Zeit ist schwer auf den Begriff zu bringen, immer schneller drehen sich die Versuche, das Wesen dieser Zeit zu erfassen. Nachdem die Philosophie eine «sprachphilosophische Wende» durchgemacht hat, häufen sich die Entwürfe. Immer neue «turns» und «Wenden» werden nach dem Vorbild dieses «linguistic turn» ausgerufen. Die NZZ berichtet heute (17. Oktober 2019) von der «relationalen Wende» in der Psychologie und gestern vom «ontological turn» in der Ethnologie. Nach dieser Wende wird auch Magie wieder salonfähig, es entspricht ja dem «Wirklichkeitsdenken» afrikanischer Kulturen. Und wir können uns davon nicht distanzieren, da es keine Wahrheits-Konzepte mehr gibt, die kulturelle Schranken überwinden könnten. Im kulturellen Relativismus dieser Zeit würde das als neokoloniale Anmassung empfunden.
Relativismus
Wer meint, auf diesen Zug aufspringen zu können, der muss auch all die andern turns berücksichtigen. Nach dem „cultural turn“ folgten der „practice turn“, der „performativ turn“, der „pictorial turn“, der „geographical turn“ der „emotional turn“. Weitere Wenden sind der „somatic“ oder corporeal turn“, der interpretive turn, der performative turn, der reflexive (rhetorical, literary) turn, der postcolonial turn, der translational turn, der spatial turn, der graphic turn und der iconic turn oder pictorial turn.
Schon lange beklagen sich die Fachvertreter über die Inflation von Neuansätzen und sehen sich doch gezwungen, in dem Wettrennen mitzumachen. Es wundert nicht, wenn die systematische Theologie heute keine Breitenwirkung mehr entfaltet. Wenn die Relativität aller Hinsichten ideologisch festgemacht ist, gibt es keinen Boden für eine Verständigung über den Zufall der Identität hinaus, in die man hineingeboren wurde.
(Eine kritische Würdigung findet sich in Doris Bachmann-Medick: Turns und Re-Turns in den Kulturwissenschaften, in Michael Gubo et al: Kritische Perspektiven: „Turns“, Trends und Theorien, S. 128 – 143).
Der «Geschmack» des Glaubens
Ibn Tufail, der islamische Gelehrte des 12. Jahrhunderts, verteidigte die philosophische Erkenntnis gegen die Angriffe der Glaubenshüter. Gleichzeitig verteidigte er den Glauben gegen seine Aufhebung in Philosophie. Er nahm die Mystik auf, „indem das Schmecken (dauq), die unmittelbar intuitive Erfahrung als Erkenntnisquelle etabliert und dem theoretischen Erfassen (idrak nazari) gleichgestellt, ja übergeordnet wird. Beide Wege bzw. Methoden (tariq), die Philosophie wie die Sufik, werden dabei miteinander verwoben und bedingen sich gegenseitig.“ Das sei der „mystic turn“ von Ibn Tufail, schreibt der Herausgeber des Buches von Ibn Tufail.
Vielleicht brauchen wir heute auch im Christentum einen solchen «mystic turn»: eine neue Wertschätzung für einen Glaubenszugang über Intuition und Glaubensübung. Denn diese sind der rekonstruierenden Erkenntnis nicht nachgeordnet, darin lebt der Glaube.
Die Quelle
Ibn Tufail verwandelt die religiöse Erfahrung nicht in Aussage-Sätze einer Theologie oder Philosophie, oder nicht nur. Er behält den Kontakt zur Erfahrung, die das Wesentliche ist, die Quelle, das Leben, der Inbegriff, wo ein Mensch zum Ziel findet und jeden Tag Freude und Zuversicht erleben kann.
Hier ist der Ort, wo er hingehen kann, die Türe, durch die er schreiten kann, der Garten, der sich öffnet. Hier ist der Augenblick, wo er sich vor Gott hinstellen kann und sich in Gott alles gegenüberstellen. Hier ist das Gebet, wo er alles vor Gott hinbringen kann, Orientierung finden, so dass er nachher im Alltag auf alles zugehen kann. Hier ist die Begegnung, die Mitte, das Vertrauen, so dass er alles übergeben kann und auch sich selbst, worauf er alles zurückerhält – sich selbst und die Situation und die Welt – aber anders gedeutet, er sieht, wie es weitergeht, er ist voll Mut und Zuversicht.
Das erwähnte Buch ist: Abu Bakr Ibn Tufail, der Philosoph als Autodidakt. Ein philosophischer Inselroman, Hamburg 2009
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Die reformatorische Auffassung von der Bibel, vom biblischen «Wort» und seiner Verkündigung, ist keine Literatur- oder Sprachtheorie, sondern ein mystisches Konzept. Es handelt von „allem“ und wie der Mensch darin situiert ist. Weiterlesen
Zum Reformationstag am 31. Oktober
Die Reformation ist eine Epoche in der Geschichte, die auch nach 500 Jahre nichts von ihrer Wirkung eingebüsst hat. Das kann uns wieder bewusst werden, wenn wir sehen, wie andere Kulturen mit ihrer heiligen Schrift umgehen. Weiterlesen
Nicht nur der einzelne wird für seine Kollegen «seltsam», wenn er sich als Glaubender outet. Die ganze Kirche ist für ihre Umwelt seltsam geworden, als die Philosophie die Religion als Denkmöglichkeit verabschiedete. Weiterlesen
Glaube lebt nicht nur im Kopf. Er singt, betet, er gestaltet den Tag. Er bestimmt den Alltag im Tages- und Wochenablauf. Der gelebte Glaube stiftet wie alles Leben eine Kultur. Das Leben ist wie ein Fluss; dieser schafft sich selber ein Flussbett, in dem er fliesst. Manchmal ändert der Fluss seinen Lauf, er muss aus alten Kanälen ausbrechen. Und die Alt-Läufe erzählen noch lang, wie es früher war, wie die Menschen früher gelebt haben. Weiterlesen
Junge Menschen schrecken vor einem Friedhof zurück. Älteren kann es zu einem Bedürfnis werden, immer wieder dort einzukehren. Hier ist das, was weh macht. Hier findet sich Ruhe und Versöhnung. Hier kann man anvertrauen und übergeben. Weiterlesen
Greta Thunberg spricht vor der UNO-Vollversammlung. «How dare you?!» fragt sie immer wieder die Staatschefs, die zum Klimagipfel angereist sind. Es ist nicht anmassend. Sie spricht die Situation aus: Zum ersten Mal kann eine Generation die Welt nicht an die nächste übergeben, denn diese scheint mit rasender Geschwindigkeit auf einen Abgrund zuzulaufen. «How dare you?! Wir werden euch nicht vergeben!», sagt sie am 24. September 2019. Weiterlesen
„Die Phase ist vorbei, in der wir auf lange angekündigte Katastrophen starrten und gelähmt waren. Jetzt sind sie da, die Ereignisse. Es ist nicht der Weltuntergang, der totale Zusammenbruch, den die Angst sich vielleicht ausmalte, aber es sind doch Krisen, Schadensereignisse, Umwälzungen, wo etwas Altes zu Ende geht und etwas Neues beginnt, dessen Ende wir nicht absehen.“ Weiterlesen
«In der Nacht vom 7. auf den 8. Tag: Ich wache auf, bin schlaflos. Jetzt ist in Japan Nachmittag, jetzt ist der entscheidende Kampf, ob es gelingt, den Super-GAU abzuwenden. Gebet. Ich liege wach bis zum Morgen.» Weiterlesen
«Acht Jahre nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima werden die Speicher für radioaktives Wasser knapp. Japans Regierung erwägt die Einleitung in den Pazifik.» So berichtet «Zeit-Online» im September 2019.
Die «Katastrophe» ist ungelöst. Sie stellt Fragen nicht nur zur Technik. Weiterlesen
Die Bibel ist voller Mahnungen, dass man zu sich sehen soll. „Hüte dich und bewahre deine Seele wohl!“ heisst es im 5. Buch Mose (Dtn 4,9). Aber dafür braucht es vielleicht gar keine Mahnung.
Dass wir richtig leben, dass wir den Weg nicht verfehlen, dass wir ans Ziel kommen – das ist doch das allererste Lebensbedürfnis. Weiterlesen
Im Zuge des Fortschritts haben wir ein Instrument wiederentdeckt, das wir ausgestorben glaubten. Wenn man früher vom Mittelalter sprach, dachte man an finstere Zeiten, man erinnerte sich an die Schulreise auf die nahe gelegene Burg, wo Folterinstrumente gezeigt wurden, mit denen man die armen Seelen strecken und aufs Rad flechten konnte. Dazu gehörte auch der Pranger. Weiterlesen
Es gibt Zeiten im Leben, da geht alles einen geraden Weg. Der Alltag folgt den gewohnten Pflichten. Und die Tage sind wie aufgereiht auf einer Schnur. Wir müssen nicht links und nicht rechts schauen, das Leben läuft wie auf Schienen. Weiterlesen
Ein Kind taufen in einer Welt voll ökologischer Ängste?
Wir werden aufgeschreckt durch Meldungen über Umweltkatastrophen: die Wald-Brände in Russland und die Überschwemmungen in Pakistan und in anderen Ländern. In Pakistan sind 15 Millionen Menschen betroffen. Es heisst, es sei „die schlimmste Überflutung“, die es in diesem Land je gegeben. (TA 10.8.2010) Weiterlesen
In Babylon hatten sie alles verloren: das Land, das gemeinsame Zusammenleben als Volk, den Staat, den König. Wie sollten sie jetzt Gott anrufen, als Hilfe in ihrer Situation? Wie kann der Gott, der zuhause in Jerusalem in seinem Tempel wohnt, ihnen hier, in der Fremde helfen? Weiterlesen
Eine Utopie in der Bibel
Als das Volk vertrieben war und im Exil etwas zur Ruhe kam, malten die Menschen sich aus, wie es wäre. Wie schön es wäre, wenn man wieder in die alte Heimat zurückkehren könnte! Wie ganz anders würden sie es jetzt machen als früher! Weiterlesen
Er ist ein ausgezeichneter Handwerker. Nach Lehr- und Wanderjahren, die ihn durch die ganze Welt führten, stand er einem Betrieb vor, der als „gute Adresse“ in seinem Beruf galt. Vor einigen Jahren hat er sich vorzeitig pensionieren lassen, aber er wird nicht glücklich mit seiner Situation. Es ist nicht die Gesundheit, die ihn plagt, obwohl das Alter sich da und dort mit Gebresten bemerkbar macht. Er muss sich auch wirtschaftlich keine Sorge machen, und seine Kinder haben ihren Weg gefunden. Es ist etwas anderes. Weiterlesen
Der rasante Wandel dieser Tage macht über Nacht Superreiche, z.B. jene jungen Informatiker, die mit ihrer Internetfirma an die Börse gehen. Andere Menschen und ganze Berufs-Gattungen kämpfen ums Überleben, z.B. die Bauern. „Ales wird beser“, schrieb schon vor zehn Jahren ein Mädchen in einer Reklame an die Wandtafel und brachte damit die Skepsis gegenüber dem Fortschritts-Glauben zum Ausdruck. Weiterlesen
Religion hat eine schlechte Presse. In der Philosophie ist sie schon lange verabschiedet. Das ist eigentlich erstaunlich, weil sich diese Welt rasant einem Zustand annähert, wo immer mehr Subsysteme auf einen Kollaps zuzusteuern scheinen. Weiterlesen
«Hingabe» ist ein zentrales Ziel in allen Weltreligionen und ein «Klassiker» der religiösen Kultur. Dennoch klingt das Wort heute unvertraut und wie «von gestern». Mit dem Bedeutungsverlust der Religion ist es aus dem öffentlichen Sprachschatz verschwunden. Es feiert aber ein Nachleben in Gestalt von säkularen Haltungen, die eine Verpflichtung, Identifikation oder Bindung beschreiben. So wird in der Unternehmens-Kultur, in der Zivilgesellschaft oder in der Politik oft «commitment» eingefordert.
Dieses Buch befasst sich mit Religion, dennoch hilft der Blick auf die politische Nachgeschichte dieses Begriffs beim Verständnis des seltsamen Titels: «Hingabe-Verbot». Denn wieso sollte Hingabe verboten sein, wo sie in der Bibel doch explizit geboten wird?
Hingabe hat eine Antwort-Struktur, sie bildet als Haltung der Treue, Opfer-Bereitschaft und Gefolgschaft ein Begriffspaar mit «Führung» und «Herrschaft». Das Verhältnis ist asymmetrisch. In der Religion ist es unbedenklich, wenn jemand sich von Gott «führen» lassen möchte und um ein «hörendes Herz» betet, damit er besser auf die Menschen zugehen kann. In der Politik ist «Führung» seit den 30er Jahren aber ein Unwort. Und von «Gefolgschaft» mag niemand mehr sprechen. Wer es dennoch tut und Fahnenaufmärsche zelebriert, wird als rechtsextrem identifiziert und vom Verfassungsschutz beobachtet.
Auch heute findet sich in der Politik Anschauungsunterricht für Führung und Gefolgschaft. Und nicht immer ist es der «Führer», der auf diesem Weg vorangeht, auch wenn die Medien sich auf diese Gestalt einschiessen. Ist es nicht umgekehrt der Wunsch nach Hingabe und Gefolgschaft, der solche Gestalten wie Trump oder Salvini immer wieder auf die politische Bühne ruft? Wie in den 30er Jahren gibt es heute kaum ein Land, das solche Führergestalten nicht hervorbrächte. Weil sie oft ins Clowneske abdriften, nimmt man sie nicht ernst. Dass da eine Basis ist, die nach Hingabe und Gefolgschaft drängt, müsste aber Sorge bereiten.
Auch im religiösen Bereich gibt es Gründe, dem Wunsch nach Hingabe zu misstrauen. Es kann eine grosse Sehnsucht sein, der sich durch ein ganzes Leben zieht. Und doch möchte eine Haltung, die auf «Seelen-Hygiene» achtet, sie manchmal lieber verbieten. Die Sehnsucht will allzu schnell ans Ziel und lässt Zwischenschritte aus. Man möchte Zeit und Raum schaffen für weitere Erfahrungen, für Erprobungen. Das «Selbst», das so schnell in «Selbstlosigkeit» hingegeben werden soll, muss manchmal erst gefunden werden, bevor es weggeschenkt werden kann – und bevor eine solche Haltung überhaupt Sinn macht und das Leben stärkt. Die Autonomie müsste erst gestärkt werden, bevor sie geopfert wird. Nur das «reife» Individuum kann sich wirklich «hingeben», vorher ist es eine Verführung zur Flucht, eine Suche nach Abkürzungen, die es nicht geben kann.
Das ist keine moralische Frage, eher eine Frage der Verletzungs-Geschichte und wie sehr es einem Menschen schon gelungen ist, Verantwortung zu übernehmen für sein Leben auch in den dunklen Teilen, die er nicht gestaltet, sondern erlitten hat. Und das heisst dann annehmen, vergeben, sich auch negative Merkmale zurechnen und damit umgehen können, ohne sie auf andere zu richten. (Denn das erzeugt eine problematische Dynamik im Umgang mit Menschen, sei es privat oder in der Politik.)
Dunkle Abenteuer sind auch in der Politik abzusehen, jetzt wo sich ökologische Krisen, ökonomische Problemlagen und politische Konflikte verschärfen. In beiden Feldern, Politik wie Religion, braucht es vielleicht kein Hingabe-Verbot, aber eine wirkliche Wertschätzung der Hingabe, welche diese vor einem Abgleiten in blosse Gefolgschaft bewahrt. Denn nüchtern wahrgenommen (vielleicht muss man sich Hingabe erst verbieten, wie ein Alkoholiker das Hochprozentige meidet, bevor man ihm gewachsen ist), mit der ganzen Aufmerksamkeit und Wachheit, die sie erfordert, ist Hingabe vielleicht die Krone eines religiös angeleiteten Lebensweges.
Darum heisst dieses Buch zwar «Das Hingabe-Verbot», aber es sucht nach einem Weg zu einer erlaubten Hingabe, einer Haltung, die die Gesellschaft und Politik nicht mit unstatthaften Asymmetrien belastet, sondern zum Frieden beiträgt – in der Psyche der einzelnen Menschen und im Zusammenleben.
Aus dem Vorwort zu «Das Hingabe-Verbot», Notizen 2010.
Foto: pexel
War es in den 70er Jahren? Da gab es auf einem Kirchentag einen Pavillon, wo die Menschen sich Hilfe holen konnten für alles, was sie beschwerte, einen Segen für alles, was sie sich erhofften. Und das entfaltete eine ungeahnte Dynamik. Die Menschen kamen mit all ihren Anliegen, unsortiert und unbewertet, und brachten sie vor Gott. Und die Kirchenbediensteten gaben den Segen und realisierten erst hinterher, dass sie ihre Kirche da in eine Zeit hineinkatapultiert hatten, wo diese noch lange nicht hingelangt war. Weiterlesen
Wer älter wird, dem ist auch der Tod schon begegnet. Und es scheint nicht lang zu gehen, weiss man viele Angehörige auf dem Friedhof. Und bald wird es zu einer schönen Angewohnheit, sie dort zu besuchen. Weiterlesen
Musik beginnt nicht mit Noten. Die kleinsten Kinder bewegen sich schon im Tanz. Sie singen vor sich hin. Da ist eine Musikalität, die sie singen macht. Ähnlich ist es mit der Religion. Da werden bedeutungsschwere Lehren aufgeboten. Die Tradition geht in unvordenkliche Zeit zurück. Aber was den Glauben lebendig macht, das ist jetzt da. Und es findet sich bei jedem Menschen, in jedem Augenblick. Weiterlesen
Ich kann nicht vom Glauben her leben aber auf den Glauben hin.
Den Glauben, den man als Ressource für das Leben abrufen könnte, habe ich nicht, ich kann ihn auch nicht aus mir erzeugen. Weiterlesen
«Vor Monaten hat sich etwas Neues in mein Gebetsleben eingeschlichen, unmerklich, von den Rändern her.» (So beginnt eine Notiz aus der Zeit, in der ich nach dem Glauben suchte.) «Schon früher hatte ich manchmal, als paradoxe Gedankenspielerei, den Satz ausgesprochen: „Wenn wir ernst nähmen, wovon wir immer sprechen: Gott – dass es ihn wirklich gäbe …!»
Ich begleitete den Satz mit einem Lachen, um anzudeuten, dass er nicht so ernst gemeint sei, denn das schien doch skandalös, dass da einer von Gott redet, ohne wirklich an ihn zu glauben. Ich hatte wohl den Verdacht, dass wir alle uns so verhalten, aber mit dem Satz schien ich ein Stillschweigen zu verletzen, wie das Kind im Märchen vom König ohne Kleider. Ich schien mich blosszustellen vor einer Menge, die allesamt bestreitet, dass es ihr so gehe, so dass nur ich nackt vor den skandalisierten Menschen zu stehen schien.
Dann rutschte der Satz in mein Gebet. Und ich versuchte mir vorzustellen, dass dieser Gott, von dem ich immer redete, zu dem ich selbstverständlich immer betete, wirklich lebte! – Es war eine Sensation wie ein Erdbeben: Eine Kruste brach auf, vom Magen her sprudelte etwas auf und überschwemmte mich, es ging durch alle Glieder…
Es war ein Gefühl ungeheurer Freiheit. Wenn Gott lebt und der Welt gegenübersteht, so lebe auch ich und stehe der Welt gegenüber! Dann bin ich frei – in meiner Fülle festgestellt, und gerade dadurch frei, mich ins Einzelne zu verlieren!
Es war eine Ahnung von Freiheit, von der Möglichkeit, mich aus der Deckung aufzurichten, hinter der ich mich vor dem Leben verschanzt hatte.»
So schrieb ich in einer Notiz vom 20. März 1990.
Lesen Sie die Fortsetzung im Streiflicht «Ein lebendiger Gott»
(Die Schaltfläche Streiflicht ist auf der Menüleiste).
In der Seelsorge hat man es manchmal zu tun mit Menschen, die sich von Gott verstossen glauben.
Ich bekam einmal einen Anruf. Jemand fühlte sich von Dämonen verfolgt. Weiterlesen
„Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus.“ Weiterlesen
Es ist Sommer, eine Zeit voller Stimmungen und Gerüche. Wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist, trifft einen plötzlich ein schwerer süsser Duft von den Gärten her. Man möchte anhalten, dem Tempo des Alltags widerstehen. Weiterlesen
Inspiration
Diese inspirierten Momente: der Musiker greift in die Tasten, er weiss nicht wie. Die sonst übliche Kontrolle über den Verstand hat ausgesetzt, und es klingt. Es trägt ihn weiter und es greift auf die Zuhörer über. Alle werden mitgerissen. Weiterlesen
Zu Pfingsten 2019
Heiliger Geist – davon leben wir wie vom täglichen Brot.
Wie sonst Hände falten? Wie sonst beten? Wie sonst Kirche feiern, wenn nicht im Vertrauen, dass Gott da ist und dass wir uns in seine Gegenwart stellen können? Weiterlesen
Dass Gott Mensch wird, stirbt, aufersteht, in den Himmel fährt – das hat immer wieder Ärgernis bereitet. Die Bilder waren eine Zumutung für das aufgeklärte Bewusstsein, so dass ganz darüber vergessen ging, was sie denn bedeuten und aussagen wollen. Weiterlesen
Auffahrt ist Teil eines grossen Erzähl-Zusammenhanges. Weiterlesen
Texte zur Lebensbilanz
Lebensbilanz ist nicht etwas Gemachtes, Lebensbilanz ereignet sich. Manchmal erwischt es uns von hinten. Unerwartet und verstörend. Lebensbilanz kann auch sein: ein poetischer Anflug, wenn man das Leben plötzlich als Ganzes sieht. Man wird herausgelöst aus dem Strom des üblichen Empfindens. Kriegt plötzlich andere Augen und blickt wie von aussen auf sich und seine Situation. Und man begreift: Das, was jetzt geschieht, das ist das, von dem ich später mal sagen werde, dass ich glücklich gewesen bin. Weiterlesen
Weltprobleme – und nichts geschieht
Mit einem Mann im Zug bin ich kürzlich ins Gespräch gekommen. „Es kommt mir vor wie damals“, sagte er und wies auf ein Buch, in dem er las. „Grosse Erklärungen und nichts geschieht.“ Auf meinen fragenden Blick hin meinte er: „Im letzten Weltkrieg haben Frankreich und England den Nazis den Krieg erklärt, aber nichts geschah. Es ging acht Monate, bis diese Länder etwas unternahmen und in den Kampf eingriffen. Das hiess damals „drôle de guerre“, seltsamer Krieg. Und so ähnlich ist es auch heute“, sagte er: „So viele drängende Zeitprobleme, und nichts geschieht.“ Weiterlesen
Wer ist schuld am Artensterben, an der Klimakrise? Sicher nicht die Generation, die jetzt geboren wird. Sind wir es also, die Älteren? Oder sind es unsere Vorfahren? Weiterlesen
Das Ganze
„Was ist das?“ fragte ich unsere kleine Tochter, als sie einen Kreis auf ein Papier malte. „Alles“, sagte sie. – Schon kleine Kinder haben ein Bedürfnis nach Orientierung. Sie brauchen eine Karte von „allem“, wo sie sich verorten können. So auch die Erwachsenen. Weiterlesen
Die Bibel erzählt 1000 Geschichten, in denen sich die Hörer wiedererkennen können, vor allem das Alte Testament. Das Neue Testament ist dünner, erzählt weniger. Seine Zentralgestalt, Jesus Christus, wurde ja nur wenig über 30 Jahre alt. Die Bibel erzählt nicht, wie er das Alter erlebte. Wir erfahren nichts über das Berufsleben. Über eine Partnerschaft ist nichts zu hören. Weiterlesen
Die Rehabilitierung der Religion aus dem Geist der Aufklärung
Wer den Begriff „Tabu“ bei „Google“ eintippt und sich durch die Einträge klickt, dem fällt auf: Das Wort Tabu wird meist negativ verwendet, „Tabu-Bruch“ positiv. Das folgt dem aufklärerischen Erzählmuster vom Aufheben vormoderner Mythen und Denk-Verbote. Die gesellschaftliche Entwicklung wird als Prozess zunehmender Entmythologisierung und Enttabuisierung geschildert und die Begründungs- und Legitimationsforderung wird gestellt. Weiterlesen
Das ganze Leben wird nochmals abgeschritten
Die zwei Jünger sind unterwegs. Sie sind auf der Flucht. Und es sind keine kleinen Sorgen, die sie in die Flucht schlagen. Es ist etwas – so schlimm, wie es in einem Leben vielleicht nur einmal vorkommt. Aber es reicht, dass dieses Leben auf immer verletzt wird. Da ist das innerste Geheimnis dieses Lebens angesprochen, der Kern, um den sich Fühlen und Handeln dreht. Die „Küche“, wo die Gefühle gebraut werden. Das bestimmt die Art und Weise, wie dieser Mensch später die Welt wahrnimmt, wie er auf andere Menschen zugeht. Weiterlesen
Mein Reich ist nicht von dieser Welt
„Was ist Wahrheit?“ Pilatus spricht seinen berühmten Satz, berühmt darum, weil hier nichts entschieden ist. Das ist keine Wahrheit, die man unbeteiligt zur Kenntnis nehmen kann. „Aha, so läuft es in der Welt.“ Und je nachdem kann man sich einrichten. Am besten auf Seiten der Sieger. Weiterlesen
Ist die Bergpredigt lebbar?
Zum Palmsonntag 2019
Im Radio diskutierten sie über Religionen, ob es erlaubt sein soll, religiöse Symbole in der Schule zu zeigen. Ein Teilnehmer zeigte sich sehr kritisch, aber eines nimmt er aus von dieser Kritik, das Gebot: „Liebe deine Feinde!“ Darin sieht er ein Geschenk an die Menschheit. Weiterlesen
Die Kräuterhexe
Weil das mythologische Erzählen in der Kirche lange verpönt war, hat diese den Schatz ihrer Traditionen beschnitten und nur weitererzählt, was historisch oder durch die Erfahrung zu beglaubigen war. Die Verkündigung büsste so an Leben ein und die Menschen sahen sich nach andern Quellen um, die die Phantasie mehr ansprachen und die die Intuition eines gelingenden Lebens besser aufnehmen konnten. Die „Kräuterhexe“ ist das Beispiel eines selbsterfundenen „Mythos“, der Geborgenheit vermitteln soll. Weiterlesen
Es gibt Anzeichen für eine Rückkehr des mythologischen Erzählens in Kirche und Theologie. „Wer hat Angst vor dem Mythos?“, fragen Benjamin Hasselhorn und Mirko Gutjahr in „Zeitzeichen“ (2019, Nr. 3, S. 12 ff). Zuerst reibt man sich die Augen. War der Mythos nicht jahrzehntelang ein Pfui-Begriff in Kirche und Theologie? Weiterlesen
Was ist das Wichtigste in der Bibel? – So gefragt, antwortet der eine vielleicht: die Bergpredigt, weil sie das Neue und Umstürzende der Botschaft Jesu zusammenfasst. Ein anderer denkt an das Unser Vater oder den Psalm 23. Diese Gebete leihen dem Menschen eine Sprache. Mit ihrer Hilfe können sie ihr ganzes Dasein vor Gott bringen und finden Ruhe und Zuversicht. Weiterlesen
Gottfried Keller über unser Verhältnis zur Natur
Gottfried Keller (1819 – 1890), der dieses Jahr seinen 200. Geburtstag feiern könnte, schreibt im Alter ein Gedicht über Spinnen. Es wird ihm zu einem Bild für unser Verhältnis zur Natur. Weiterlesen
Glaubenssprache angesichts der Zerstörung der Lebensgrundlagen
Wie kann ich mich in meinem Glauben vergewissern, dass Gott die Welt in Händen hält, wenn wir diese Welt aktiv zerstören? – Das ist das Thema einer theologischen Untersuchung.
Die Arbeit ist über das neue Menü „Downloads“ abrufbar, ebenfalls eine kurze Zusammenfassung.
Hier der Beginn der Zusammenfassung:
Am Anfang dieser Arbeit steht eine missglückte Predigt. Ich wollte die Beunruhigung angesichts einer weltweiten Zerstörung der Lebensgrundlagen aufgreifen und im Licht des Evangeliums nach einer Antwort suchen. Weiterlesen
Ich möchte ein Gedanken-Experiment machen. Versuchen wir, uns eine Welt vorzustellen ohne Tiere: keine Fische, keine Vögel, die Wälder und Wiesen leer. –
Wir sehen: ohne Tiere müssten wir verhungern, auch die Pflanzennahrung würde uns fehlen. Wir würden auch emotionell verhungern. Kein Wunder, erzählt die Bibel, dass es keine Welt gibt ohne Tiere. Mensch und Tier haben ein gemeinsames Schicksal, sie werden miteinander gerettet oder gehen miteinander verloren. Das macht uns nachdenklich für unseren Umgang mit der Natur. Weiterlesen
Vieles ist heute unsicher, was eben noch das Fundament für ein unangefochtenes Funktionieren war. Es stellt sich die Frage, wie man sich vergewissern kann, wo ganz grundsätzlich Halt zu finden ist in dieser Welt. – Es geht um Gott und um „alles“. Weiterlesen
Die Nacht, in der die Tiere reden
Ich möchte Sie entführen in eine Zeit, in der man nachts noch die Sterne sah.
Es war still auf dem Feld, kein Motoren-Gebrumm durchbrach die Ruhe, kein Licht erhellte die Nacht. Die Milchstrasse stellte einen silbernen Bogen in den Himmel. Und man erzählte sich von himmlischen Mächten, die auf dieser Brücke zwischen Himmel und Erde auf- und nieder steigen.
Weiterlesen
Das grösste Wunder von Weihnachten ist nicht, dass es Erlösung gibt. Das begreifen wir, dass wir Menschen mit Fragen leben, die wir nicht alleine lösen können. Das kennt jeder aus seinem eigenen Leben. Immer wieder geschieht uns das: wir stehen an einem Berg an und kommen allein nicht weiter. Weiterlesen
Maria, Josef, die Hirten… Für einmal möchte ich nicht diese Gestalten ansehen, sondern das, was sie verbindet. Der Blick geht nicht direkt auf die Figuren, sondern auf den Raum zwischen ihnen. Auch dieser erzählt von Weihnachten, und wie wir es erleben können. Weiterlesen
Ich möchte eine Geschichte erzählen. Sie handelt von einem Menschen, der eines Morgens einen Brief erhält. Weiterlesen
Violett und dunkel ist das Kirchenfenster. Es zeigt Bethlehem und den Weihnachtsstern. Da ist die Stadt, wo der Mensch wohnt, darüber der Himmel. Weiterlesen
Was Herodes in der Weihnachtsgeschichte verbrochen hat, weiss jedes Kind. Weniger bekannt ist, was hernach geschah. Weiterlesen
Der Advent liebt unmögliche Geschichten, denn das sind die Geschichten, die Gott gehören. Im Advent geht es um die Probleme, die zu gross sind für uns. Weiterlesen
Wie willst Du erzählen, wenn Du selber nicht hörst?
Wie willst Du andere trösten, wenn du selber ohne Trost bleibst?
Wie willst du Glauben wecken, wenn du selber nicht vertraust?
Die Botschaft von Weihnachten gehört dir nicht. Sie ist dir nur anvertraut. Weiterlesen
In vielen Haushalten mit Kindern hängt er wieder, der Adventskalender. Er ist noch ungeöffnet. 25 Türen hat er, 25 Schritte sind es bis zu Weihnachten. Das weckt die Vorfreude. Was im 25. Törchen erscheint, ist schon bekannt, aber der Weg dazu, das ist noch offen. Das Ziel, auf das alles hinstrebt, das wissen wir schon, aber nicht, was uns auf dem Weg erwartet. Weiterlesen
Nun ist es schon über drei Monate her, dass Sandra geboren ist. All die kleinen Entwicklungsschritte, die wir bei der Älteren beobachtet haben, werden wir jetzt bald auch bei Sandra sehen können. Bald kann sie aufrecht sitzen. Mit einem Jahr etwa wird sie sich aufrichten und gehen. So jedenfalls war es bei der Älteren. Aber wie sie das gemacht hat, das Gehen Lernen, ich könnte es nicht sagen. An einem bestimmten Tag – wir haben ihn in ihr Fotoalbum geschrieben – konnte sie es einfach. Weiterlesen
Landläufig denkt man, Seele ist das, was übrig bleibt, wenn ein Mensch gestorben ist. Aber am meisten wird von der Seele nicht dort gesprochen, wo es um den Tod, sondern wo es um das Leben geht. –
Die Rede von der Seele und die Rede von der Liebe, das gehört zusammen. Der Weg der Seele – das ist eine Liebesgeschichte. Sie sagt, wer der Mensch ist, wo er herkommt und wo er hingeht, was seine Mitte ausmacht und sein Schicksal. Weiterlesen
Was ist das – in allen Völkern, zu allen Zeiten ist davon die Rede. Die grössten Hoffnungen der Menschen werden damit verbunden. Ja, sie wird als Inbegriff des Mensch-Seins selber verstanden. Aber sie ist nicht greifbar, man kann sie nicht sehen und messen. Darum ist sie in unserem Kulturkreis „abgeschafft“ worden. Die Wissenschaft kennt sie nicht. Und selbst die Wissenschaften, die sie in ihrem Namen tragen, wenden sich von ihr ab.
Die Rede ist von der Seele. Weiterlesen
Isaak ist älter geworden, er macht sich Gedanken um die Zukunft. Sein Sohn Jakob ist noch nicht verheiratet. Er schickt ihn in die alte Heimat, dort soll er sich eine Frau suchen. Und Jakob macht sich auf den Weg.
Früh am Morgen ist er schon unterwegs. Es ist ein schönes, erwartungsvolles Gefühl: Ein neues Kapitel des Lebens fängt an! Weiterlesen
Wenn man älter wird, denkt man manchmal an all das, was man noch machen möchte. Und man fragt sich, ob die Zeit noch reicht.
Habe ich dann die Kraft noch, um das zu tun? Machen die Augen noch mit, die Gesundheit? Weiterlesen
Ich habe eine Taufurkunde ohne Taufspruch. Liegt das am Pfarrer oder an der Gemeinde? Dafür erfahre ich, dass ich in St. Peter getauft wurde, einer Kirche in Basel, in der Nähe des Spalenbergs, wo meine Eltern damals ein Geschäft hatten. Weiterlesen
Schönes Herbstwetter ist es. Der Tag fing an unter einer dicken Nebeldecke. Aber am Mittag brach die Sonne durch. Sie taucht jetzt alles in ein freundliches Licht. Weiterlesen
Ich stand an der Haltestelle und wartete auf den Bus. Ich war in Eile, es schien mir eine Ewigkeit, bis er kam. Da plötzlich, als ich so stand, riss etwas in mir ab. Ich fragte mich, was ich hier tat. Das „du musst!“ und „du sollst!“, das mich immer angetrieben hatte, verstummte und ich wurde mir selber fremd.“ Weiterlesen
Die religiöse Tradition redet von Liebe und stellt es als höchsten Wert eines christlichen Lebens hin. Aber sie hat lange so davon geredet, bis das Gemeinte gar nicht mehr erkennbar war, bis die Angesprochenen es nicht mehr mit eigenen Erfahrungen verbinden konnten.
Und vor allem hat sie immer wieder moralisch davon gesprochen, als ob das eine Sache von gutem Willen und von Anstrengung wäre! „Liebe“ müssen wir uns nicht vornehmen wie eine saure Pflicht, das ist ein allererstes Lebensbedürfnis. Und was uns daran hindert, ist nicht Faulheit oder Egoismus – viele haben ja bis zum Überdruss genug an ihrem „Ego“ und finden doch den Weg nicht hinaus! Die dauernde Anstrengung erhöht nur das Gefühl der Vergeblichkeit und vertieft den Überdruss am ewigen Kreisen in sich selber. Weiterlesen
Nach einem Misserfolg in der Schule, oder was ich dafür halte, fällt es mir schwer, unter Leute zu gehen. Ich fühle mich wie ein Missetäter im alten China, der mit einem „Schandkragen“ herumgeführt wird, und phantasiere, jeder wisse um meinen Misserfolg. Weiterlesen
Fünf Monate Pfarrer – bald ist es ein halbes Jahr, dass ich in diesem für mich neuen Beruf arbeite.
Im Schatten
In diesem Beruf bin ich plötzlich eine öffentliche Person, aber ich fühle mich nicht immer in „Vorzeigeform“. Ich trage ungelöste Fragen mit mir herum. Meine erste Reaktion ist dann oft, mich wegzuwenden, um mein Privatleben zu schützen.
In diesem öffentlichen Beruf werde ich plötzlich viel intensiver mit meinem „Schatten“ konfrontiert. Wo ich so viel von mir öffentlich zeigen soll, spüre ich plötzlich, wieviel von mir ich eigentlich gar nicht vorzeigen will. Es sind Seiten an meinem Charakter und Erfahrungen aus meinem Leben, von denen ich früh gelernt habe, sie abzulehnen. Weiterlesen
Die Unschuld, mit der man am Morgen aufsteht und den Tag beginnt, hatte er verloren. Die Unbefangenheit, mit der man der Zukunft ins Auge blickt, war vorbei. Die Spontaneität, mit der man andern Menschen begegnet und ihnen das Beste zutraut, die hatte er schon lange verloren.
Der Bettag in seiner heutigen Form ist nicht von Kirche und Pfarrern begründet worden, sondern vom Staat. Wenn eine Notzeit war, rief die Obrigkeit die Untertanen auf, zu Gott zu beten, damit er das Unheil abwende.
Beten auf Geheiss der Regierung
Dass das auch heute noch geschieht, haben wir diesen Sommer erlebt. Als es in Polen so stark regnete, forderte die Regierung die Bevölkerung zum Gebet auf. Und als das Feuer in Griechenland monatelang wütete, sprach die Regierung von einer „von Gott gesandten Plage“. Weiterlesen
Ich sitze beim Coiffeur auf dem Stuhl. Die Brille habe ich abgelegt und blinzle kurzsichtig mein Konterfei im Spiegel an: eher ein dunkler Schatten als ich selbst. Wie ich unbeschäftigt so da sitze, gehen meine Gedanken voraus: Ich muss einen Beitrag über mich schreiben für die Rubrik „Persönlich“. Das Lied von Mani Matter fällt mir ein: „Bim Coiffeur bin i gsässe vor em Spiegel, luege dri“. Weiterlesen
Was uns zuinnerst beschäftigt, das lässt sich nicht so leicht aussprechen. Aber in Träumen taucht es oft auf. Und Märchen und Sagen erzählen davon. Da wird etwa von einem Königreich erzählt, und der Ruf ergeht an alle, eine Aufgabe zu lösen. Wer sie löst, der erhält die Prinzessin, wer versagt, verliert sein Leben. Die Märchensprache ist drastisch, aber so ist klar: Es geht um Leben und Tod. Es geht um die zentrale Frage des Lebens, nicht um Erfolg oder Misserfolg im Kleinen, sondern um das Gelingen des Lebens im Ganzen. Weiterlesen
Die Weinlese hat dieses Jahr bereits begonnen. Der Tourismus hat da und dort ein altes Fest wiederbelebt: den Erntedank. Für die meisten ist die Landwirtschaft aber wohl „weit weg“. Sie arbeiten in der Stadt. Kann man Erntedank feiern in der Fabrik? In der digitalen Welt?
Auf dem Land feiert man bald wieder Erntedank. Dieses Fest ist uralt. Seit die Menschen die Erde bebauen, spüren sie, dass etwas dazu kommen muss zu ihrer Anstrengung, damit die Saat wächst und gedeiht. So war die Arbeit in der Landwirtschaft immer umgeben von religiösen Handlungen. Man bat Gott um Regen, um Schutz gegen Sturm und Hagel. Und bei der Ernte dankte man ihm für seinen Segen, der das Leben weitergehen liess.
Heute leben wir immer noch von dem, was auf den Feldern und Äckern wächst. Aber die Anschauung ist uns verloren gegangen. Nur noch vier Prozent der Schweizer Bevölkerung ist heute noch in der Landwirtschaft tätig. Und wir müssen uns fragen: Was bedeutet „Segen“ in der Fabrik? Macht Gott auch „gut Wetter“ für die Arbeit am Bildschirm? Weiterlesen
Es gibt heute ernste und grosse Probleme – soll man sich auch noch um den Glauben streiten? Haben die Kirchen nichts Besseres zu tun? Sollten sie sich nicht besser mal um die Menschen kümmern? – Viele denken wohl so, wenn sie in der Zeitung lesen, wie Kirchen sich gegenseitig die Wahrheit absprechen. Und noch schlimmer: die Richtungen, die zu Gewalt aufrufen oder sich mit extremen politischen Ansichten verbinden! – Weiterlesen
Woran glauben wir? – Das scheint eine Frage für „Fromme“, und doch sind wir alle jeden Tag in gewisser Weise vor diese Frage gestellt, denn mit allem, was wir tun oder nicht tun, zeigen wir ja, was uns wichtig oder unwichtig ist. Das fängt bei banalen Dingen an wie der Wahl der Unterhaltung am Feierabend. Aber es kriegt schon viel mehr Gewicht, wenn wir unser Berufsleben ansehen.
Was ist mir dort wichtig? Kämpfe ich nur um meine Anerkennung? Kann ich mich mitfreuen, wenn andern etwas gelingt? Wie wir reagieren, hängt von unserer Situation und von unserem Charakter ab. Aber wir würden uns mit Recht wehren, wenn wir jetzt aufgrund von solchen Verhaltensweisen beurteilt oder gar abqualifiziert würden. Denn vielleicht benehmen wir uns in andern Situationen ganz anders!
So kannte ich mich noch nicht
Nun gibt es aber Situationen, die uns in die Enge treiben, wo uns nicht beliebig viele Wege offenbleiben. Vielleicht gibt es nur zwei Antworten: so oder anders. Hier scheiden sich die Wege und hier ent-scheidet sich, wo wir stehen. Hier offenbart sich, worauf wir letztlich vertrauen. Hier erfahren wir vielleicht selber zum ersten Mal, woran wir glauben, wenn es wirklich drauf ankommt. Weiterlesen
Der Glaube sagt nicht einfach: „Du sollst!“, sondern stellt uns Bilder gelungenen Lebens vor Augen. Diese Bilder helfen uns in unsern konkreten Lebens-Situationen, uns „richtig“ zu entscheiden, und geben uns zugleich einen „Vorgeschmack“ des Gelingens, der das Handeln zu motivieren vermag. Weiterlesen
„Geborenwerden, wachsen und reifen“ – so heisst der zweite Band meiner Notizen, er berichtet aus den Jahren 1992 bis 1998. Damals kamen unsere Kinder zur Welt. Ich arbeitete in Teilzeit und schloss mein Zweistudium in Theologie ab. Dann wurde ich Vikar in einer Gemeinde am Stadtrand und arbeitete als Pfarrer in der Agglomeration. Weiterlesen
In der Kirchengeschichte wurde immer nach einem Glauben gesucht, mit dem sich leben und sterben lasse. Der Tod, d.h. die Frage nach dem Leben und wie es gelingen kann, ist überhaupt eine der Hauptwurzeln der Religion.
Seit der „neolithischen Revolution“, ca. 15.000 vor Christus, war unsere Kultur landwirtschaftlich geprägt. Leben und Sterben wurden in Bilder aus dieser Kultur gedeutet und erfahren.
Das geht mir durch den Sinn, wenn ich sehe, dass einige Büsche am Bach entlang, wo ich gehe, ihre Samen mit Flaum durch die Lüfte treiben. Vor einigen Tagen hat die Getreide-Ernte begonnen. Wenn ich abends mit dem Fahrrad meine Runden drehe, sind einige Felder schon abgeerntet. Weiterlesen
Tun und Lassen
Das Zen predigt das Nichts-Tun, das Verweilen in der Stille. Der Buddhismus das Nicht-Begehren. Der Taoismus erzählt: Die Mitte des Rades, um das sich alles dreht, das ist der Nabel, und in der innersten Mitte, wo sich nichts mehr mit-dreht, ist das Nichts. – Alle populären Religionen empfehlen das Nicht-Tun. Sie geben zu bedenken, dass nicht unser Tun die Welt erhält.
Aber das Christentum überzieht die Welt mit Geschäftigkeit. Weiterlesen
Gott, ich weiss, dass Du da bist!
Ich höre Dich nicht, aber ich weiss es gegen alles Schweigen!
Ich sehe dich nicht, aber ich weiss es gegen alles Dunkel!
Ich spüre Dich nicht, aber ich weiss es gegen alle Beweise meiner Hand, die
ins Leere tastet.
Ich weiss es einfach, und damit weiss ich was „Wissen“ ist.
„Wissen“ ist einzig und allein diese Gewissheit, mit der ich Dich weiss.
Alles andere ist nur Panik, Illusion, falsche Beweise. Mein Stolpern beweist
nichts, meine Hände stolpern wie die Beine, die Augen irren wie die Hände…
Lieber Gott, führe mich, hier meine Hand.
Ich bitte – ich weiss, du wirst mir geben.
Ich klopfe an – Du machst auf.
Du bist, ich bin.
Aus dem Buch „Wie ich den Unglauben lernte“, Notiz vom 18.6.90.
Glauben können, das ist kinderleicht und kinderschwer. – Wenn ich den Glauben suche, taucht die Kindheit immer wieder auf. Das ist die Zeit, in der vieles geprägt wurde. Immer wieder erlebe ich als Erwachsener, wie ich etwas tue, was ich nicht will. Und was ich will, das tue ich nicht.
Der Widerstand, der kommt nicht erst am Schluss dazu, der mischt schon von an Anfang mit. Schon die Wahrnehmung ist geprägt. Schon die Wahr-Nehmung ist eine Falsch-Nehmung. Sie zeigt mir die Wirklichkeit nach dem Muster frühkindlicher Erfahrungen. Und die Antwort darauf ist schon beigemischt. So hatte ich als Erwachsener seltsame Aha-Erlebnisse: Wenn etwas ganz aussichtlos erschien, dachte ich, ich sei endlich am Boden der Wirklichkeit angelangt. Weiterlesen
Warum wir Gott erkennen. Warum wir Gott nicht erkennen.
Die christliche Botschaft erzählt, dass Gott seinen Sohn in die Welt sandte und dass er dort doppelt ankommt, um seine Heilsbotschaft zur Geltung zu bringen.
Zuerst kommt er als Knecht, wobei er allen zum Anstoss wird, die ihn als Herrn erwarten. Dann kommt er als Herr und wird allen zum Anstoss, die ihn in Knechtschaft halten wollen. Weiterlesen
Ich war damals weit entfernt von Religion und Glaube. Allerdings, als meine Frau so viel auf Autobahnen unterwegs war, da ertappte ich mich dabei, wie ich für sie betete. Und ich fragte mich: Wie kann ich beten, wenn ich nicht glaube? – Wie kann ich ungläubig sein, wenn ich bete? Weiterlesen
Wie einer zum Glauben kommt, das wird gewöhnlich so erzählt: Als Kind kommt er religiös unbeschrieben zur Welt. Aber durch die Eltern oder durch eine Jugendgruppe wird er religiös beeinflusst, vielleicht gerät er sogar in die Fänge einer Sekte und braucht dann ein ganzes Leben, um wieder daraus herauszukommen.
Sieht man in der Religion aber nicht eine Ansammlung von Glaubens-Sätzen sondern eine ganze Art, in der Welt zu sein, was sich in einer Haltung des Vertrauens ausdrückt – Vertrauen, gehalten zu sein und auf die Menschen vertrauensvoll zugehen zu können – dann ist es gerade umgekehrt. Dann ist diese Religion bei den Kindern schon vorhanden, aber sie kann verlorengehen. Und es braucht ein ganzes Leben, um sie wieder zu lernen.
Das erklärt den Titel meines ersten Buches und das Vorwort, das ich dafür schrieb: Weiterlesen
Wir sitzen in einem Kreis. Es ist ein Treff für Menschen, die etwas Schweres erlebt haben. Eine Frau erzählt, wie sie jemanden verloren hat. Und es kommen ihr Tränen. Eine andere Frau nimmt ihre Hand. Sie zeigt, sie ist da. Die Frau ist nicht allein. Da sind Menschen, die sie verstehen und Anteil nehmen. – Worte wären in diesem Moment fehl am Platz gewesen. Die Geste war richtig, der körperliche Kontakt.
Körper-Sprache
Auch der Körper hat seine Sprache. Und von Körper zu Körper gib es manchmal eine Verständigung ohne Worte, die viel tiefer geht. Im Körper-Kontakt können wir eine tiefe Solidarität spüren. Es ist eine Verbundenheit im Elementarsten, die tiefe Gräben überwinden kann. Weiterlesen
Am 27. Mai ist das Fest der „Dreifaltigkeit“. Damit ist das Glaubensbekenntnis „voll“. Was meine ich, wenn ich es ausspreche?
Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Wenn ich die Welt auf Gott zurückführe, will ich nicht erklären, wie sie entstanden ist. Ich gebe damit einem Glauben Ausdruck, betreibe keine Wissenschaft. Schöpfungsglaube und Naturwissenschaft, das muss sich nicht ausschliessen. Der biblische Schöpfungsbericht ist keine „schlechte Wissenschaft“ und heute wäre sie überholt, weil man es heute besser weiss.
Wenn ich alles auf Gott zurückführe, so vergewissere ich mich damit, dass alles von Gott gehalten ist. Wie er das macht, das ist nicht das erste Interesse, das werden wir auch kaum je verstehen. Es geht um diese Zuversicht, dass diese Welt einen Bestand hat, unabhängig von uns Menschen, und oft auch gegen uns Menschen. Weiterlesen
„Alles Meinige trage ich bei mir“, sagte der Philosoph Diogenes, der in einem alten Fass hauste. Und er beeindruckte damit die Menschen der Antike. Er hat kein Eigentum als was er bei sich trägt. Er ist an keinen Ort gebunden. Er vertraut darauf, dass er an jedem Ort finden wird, was er braucht: Menschen, Zuwendung, etwas weniges zum Lebensunterhalt. Es ist ein Lebensgefühl, wie es Jugendliche wieder finden, wenn sie mit nichts als einem Rucksack als Gepäck auf Weltreise gehen. Es ist das Abenteuer der Freiheit. Weiterlesen
Kann man mit dem Knie glauben? – Die Frage scheint absurd. Umgekehrt ist es aber so, dass der Unglaube durchaus im Körper sitzt. „Der Schreck ist mir in die Glieder gefahren“ sagt man, oder „die Angst sitzt mir im Nacken“. Das Herz setzt aus, die Glieder sind wie gelähmt.
Nicht glauben können, die Unfähigkeit zum Vertrauen, die Verzweiflung – das sitzt auch im Körper, in den Muskeln, die verspannt sind, im Atem, der stockt, das sitzt in den Knochen. Und von dort her prägt es immer wieder unsere Gefühle und unser Verhalten. So stellt sich wirklich die Frage: Kann ich mit dem Knie glauben lernen? Kann ich dem Nacken das Evangelium verkünden, dass die Angst dort loslässt?
Der Körper speichert Erfahrungen aus der Lebensgeschichte. Und er speichert auch die Reaktionen, die wir in bestimmten Momenten gefunden haben. So muss nur eine bestimmte Frage an uns herantreten, eine bestimmte Situation, und schon spulen diese Reaktions-Mechanismen ab. Und wir kommen zu spät, wenn wir bewusst darauf reagieren wollen. Die Situation ist schon entschieden.
Die Haltung beim Aufwachen
Das beginnt schon am morgen früh, wenn wir aufwachen. Im Kopf haben wir vielleicht schon lange zum Glauben gefunden, aber der Körper speichert noch die alten Erfahrungen. Und bevor wir bewusst den Tag anfangen, mit Bibellektüre, oder was zu unserem persönlichen spirituellen Leben gehört, steigen die alten Gefühle schon aus dem Körper auf und bestimmen die Haltung, wie wir in den Tag gehen.
Diese Gefühle sind von Mensch zu Mensch verschieden. Ein glücklicher Mensch wird mit Gefühlen der Bejahung aufwachen. Es gibt andere, die so etwas wie ein „Nein“ in sich tragen. Sie fühlen sich schon abgelehnt, bevor sie den Tag beginnen und dem ersten Menschen begegnen.
Darum ist das auch ein sehr persönliches Thema: „Körper und Spiritualität“. Denn konkret wird es erst, wenn man sich der Realität seines Lebens stellt. Der Körper trägt in sich eine Erinnerung an die ganze Lebensgeschichte. Er erinnert uns mit seinen Empfindungen daran.
Den Keller aufräumen
Er mahnt uns damit auf eine unaufdringliche aber doch hartnäckige Art, unser Leben durchzuarbeiten. Denn wenn wir es nicht tun, stolpern wir immer wieder über die gleichen Erfahrungen. Es ist wie im Dunkeln durch einen Keller gehen: Wenn man den Keller nicht aufgeräumt hat, stösst man sich bei jedem Schritt.
Den Keller aufräumen, das Leben durcharbeiten – man könnte auch sagen: missionieren. Zwar ist unsre Landesgegend in der späten Antike durch das Christentum missioniert worden, aber manchmal denke ich, das Christentum ist noch nicht ganz bis zu mir gekommen. Mit dem Kopf habe ich es schon aufgenommen. Aber mit dem Körper noch nicht. Und es entsteht das Bild einer Mission, die auch durch den Körper geht. Damit ich später auch mit den Knie glauben kann; und der Nacken mir nicht immer wieder Streiche spielt. Dass der Körper mit seinen Erfahrungen mich unterstützt im Glauben, statt mich immer wieder auf andere Bahnen zu bringen.
Aus meinem Buch „Eros. Chaos. Kosmos. Die Sakramente.“
Es gibt Momente im Leben, da möchten wir singen: wenn wir fröhlich sind, wenn wir uns freuen über ein Glück. Wenn wir in Übereinstimmung sind mit uns und der Welt. Das kann sein, dass wir einen Menschen gefunden haben, und wir spüren: wir wollen den Weg gemeinsam gehen. Das kann sein, dass uns ein Kind geboren wird, und wir spüren: da ist ein Geheimnis in der Welt, und es ist uns freundlich zugewandt. Das kann sein, dass wir nach einer langen Reise in der Fremde zurückkehren, und da ist die Heimat. Und alles, was bei uns unterwegs war, kommt ans Ziel. Weiterlesen
„Heiland – ein tiefes Vertrauen spricht aus diesem Namen. Gott ist jemand, der fest zum eigenen Leben gehört. Und das eigene Leben ist gehalten und verankert wie im Urgrund der Welt.
Der Heiland des Kindes
Heiland – als Kind haben wir so gebetet. Wir haben diesen Namen angerufen und wir fanden ein „Du“, mit dem wir reden konnten. Und wenn wir den Namen sagten, war es, als ob hinter der Wirklichkeit dieser Welt ein Gesicht auftauchte. Und es blickte voller Liebe auf uns. Alles, was uns begegnet ist, von aussen und von innen, konnten wir vor ihn bringen. Und er hörte und verstand. Es war, als ob die Welt eine verborgene Mitte hätte. – In der Gestalt des Heilands trat sie uns gegenüber. Weiterlesen
Zum Karfreitag 2018
Die Passionszeit erscheint uns manchmal wie ein Berg, wo wir hinaufsteigen müssen.
Und zuoberst steht der Satz: „Nimm dein Kreuz auf dich und folge mir nach!“
Das ist ein Satz, der weit ins Land leuchtet, wie das Kreuz, das oben auf dem Berge steht. Und es schreckt ab, der Wanderer möchte lieber unten vorbei gehen!
Und doch ist es Evangelium, es hat die Kraft, dass wir im Innersten getröstet werden. Weiterlesen
Ob das Leben überhaupt zu gewinnen sei
Jede Kultur kennt diese grossen Gestalten. Da fragen sich die Menschen, ob das Leben überhaupt zu leben, ob die Aufgaben überhaupt zu gewinnen sind. Und sie buchstabieren es durch, am Leben grosser, paradigmatischer Gestalten. Das Schlimmste widerfährt ihnen – finden sie da heraus? Alle Übel, die je ein Mensch erfahren hat – und wenn sie um das Feuer zusammen sitzen und erzählen, dann bringt jeder noch seine Geschichte ein, seinen Stolperstein, über den er nicht hinwegkommt – alles wird in das Leben dieser Gestalten eingetragen. Und jetzt wollen wir sehen, wie sie herauskommen?! Weiterlesen
Nun ist die Zeit wieder da, in der viele Menschen die Passion Christi betrachten. In den Kirchen werden Andachten gehalten, Chöre üben die Johannes-Passion ein oder ein anderes grosses Werk der Musikgeschichte. Was haben Menschen davon, wenn sie sich in die Passion vertiefen? Es ist nicht nur Tradition, es sind nicht nur ältere Menschen, die sich das „antun“. Die Rock-Oper „Jesus Christ Superstar“ war eine Passionsgeschichte und ein Riesenerfolg bei Jugendlichen. Der 2004 herausgekommene Film „die Passion Christi“ wurde einer der 30 kommerziell erfolgreichsten Filme überhaupt. Weiterlesen
„Wie geht es Dir?“ frage ich einen Kollegen, dem ich unverhofft in der Stadt begegne. Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen. Ein halbes Leben liegt dazwischen, sicher 30 Jahre. Er erzählt und irgendwann im Lauf des Gesprächs fällt der Satz: „In jedem Leben gibt es den Moment, wo Du nicht mehr ausweichen kannst.“
„Wie meinst du das?“ „Wenn du jung bist“, sagt er, „kannst du die Stelle wechseln, du kannst eine neue Beziehung anfangen, du kann abbrechen und neu anfangen. Du bist mobil und frei, die Welt ist offen. Es gibt 1000 Möglichkeiten. Und alles lässt sich revidieren, nichts ist für immer. Du kannst dich immer wieder neu erfinden und ausprobieren wie es ist. Die Auswahl ist ohne Grenzen. Aber in jedem Leben gibt es den Moment, wo das nicht mehr geht, wo du „gestellt“ wirst und dich „stellen“ musst.“ Weiterlesen
Es ist Fastenzeit. Nicht viele Menschen fasten heutzutage. Jedenfalls nicht freiwillig. Manchen geschieht es aber in dieser Zeit, dass sie eine Grippe einfangen. Und sie müssen ins Bett liegen, haben keinen Appetit mehr. Sie fasten ohne es geplant zu haben. Weiterlesen
Petrus sitzt im Boot. Er ist mit den andern Jüngern hinausgefahren. Der See ist stürmisch. Einmal, als die Wellen ins Boot schlagen, fürchtet er um sein Leben. Aber das Boot gibt ihm Schutz, hier fühlt er sich einigermassen sicher.
Aber jetzt sieht er, wie Jesus auf den Wellen wandelt – ungeschützt, ganz ausgesetzt. Mitten im Sturm. Es hat eine ungeheure Leichtigkeit. Es ist nicht Sicherheit, es ist Vertrauen. Er stützt sich auf nichts, was ein Mensch machen kann, auf nichts, was zu dieser Welt gehört.
Es gibt keine Bedingung in der Welt, die zuerst erfüllt sein müsste, damit er so leben kann, wie er sich das vorstellt. Er lebt bedingungslos und frei. Er hat sein Leben auf Gott geworfen, dieser trägt die Welt. Er hat sein Leben ihm anvertraut.
Petrus sieht Jesus auf dem Wasser gehen, und er begreift mit einem Mal, dass er sein Leben falsch verstanden hat. Es geht nicht darum, sicher im Schiff zu sitzen. So verliert er gerade, was er retten will. Es geht darum, das zu verwirklichen, was gemeint ist und was auch ihm zugesagt ist.
Und jetzt will auch Petrus den Schritt wagen.
(Wir wissen nicht wie lang er gezögert hat, hin und hergerissen zwischen dem Willen, hinauszugehen, und dem Zweifel, ob das trägt. – Ist es wirklich möglich, in seinem Leben auf nichts als auf Gott zu vertrauen? – Trägt es mich, wenn ich alles loslasse und hinausgehe in das, was mir Angst macht? – So kann man ein halbes Leben verbringen, in diesem Hin und Her, bis man den Schritt wagt.)
Er ruft Christus an: „Herr, bist Du es, so heisse mich zu Dir auf das Wasser kommen!“
„Komm!“ sagt Jesus und Petrus steigt aus dem Boot.
Und er geht.
Das Wasser trägt.
Von nahem gesehen
Die Geschichte hat einen kleinen Nachspann. Als Petrus ausgestiegen ist, sieht er die Wellen von nah.
Hier draussen macht der Sturm einen Höllenlärm.
Da fürchtet er sich.
Er fürchtet um sein Leben, um seinen guten Ruf, sein dieses und jenes, wovor wir uns immer fürchten im Leben. Plötzlich wird es ihm nicht mehr geheuer, da draussen.
Er möchte sich absichern, schaut sich nach dem Schiff um, um wieder einzusteigen.
Da beginnt er zu sinken.
Er hat den Schritt getan, er hat erlebt, wie es ist, als freier Christenmensch zu leben. Aber „immer“ gelingt es nicht. Es gibt Rückfälle. Darum endet diese Geschichte mit dem ängstlichen, dem zweifelnden Petrus.
Christus sagt wohl: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“ Aber damit verurteilt er ihn nicht, damit will er uns sagen: Ihr dürft noch viel mehr glauben, ihr dürft viel mehr Vertrauen haben, als ihr denkt!
Als Christus sieht, dass Petrus sinkt, geht er ihm entgegen und hilft ihm.
„Alsbald aber streckte Jesus die Hand aus und ergriff ihn.“ (Aus Mt 14, 22 ff)
Ein Weg aus systemischen Zwängen
Schönheit, ein erfülltes Leben, sich entfalten, Gesundheit – die Bilder, die wir haben vom Glück, sind geprägt von unserem persönlichen Leben. Wir leben heute vereinzelt. In der Hälfte der Haushalte lebt heute nur ein einziger Mensch. So ist auch das Glück individuell, das wir uns vorstellen. Und Bibel-Texte, die von Freiheit reden, und dass Gott sein Volk aus der Gefangenschaft führt, sind uns fern.
Wie ist es denn mit unseren Erfahrungen von Gemeinschaft? – An Weihnachten kommt die Familie zusammen – nicht nur die, mit denen man im Alltag Kontakt hat. Auch jenen Bruder trifft man wieder, mit dem man sich auseinander gelebt hat, und die Schwiegermutter, von der man sich nie wirklich akzeptiert gefühlt hat.
In manchen Familien gibt es so etwas wie ein schwarzes Schaf. Wenn dem Hans etwas geschieht, so finden es gleich alle typisch. So ist er eben! Oder wenn Tante Trudy einen Fehler macht, wundert es niemanden, man hat es immer gewusst.
Bilder prägen. Sie sind entstanden, aufgrund von Erlebnissen. Hans ist wirklich ein paar Mal in etwas reingerasselt, und Trudy hat wirklich Fehler gemacht. Aber die Bilder, die wir von ihnen haben, weisen ihnen auch einen Platz zu. Und solche Bilder können fest werden wie ein Gefängnis, aus dem man kaum mehr ausbrechen kann. Weiterlesen
In Erinnerung an den zu früh verstorbenen Bruder
Ab und zu gehe ich mit einem Kollegen wandern. Er ist älter als ich. Einmal waren wir wieder zusammen unterwegs, es war in der Adventszeit. „Wenn ich in dieser Zeit unterwegs bin, erinnert mich das immer an das Krippenspiel, das wir als Kinder aufführten“, erzählte er. „Es gab viel zu viele Kinder und viel zu wenig Rollen. Weiterlesen
Der Gegenwärtige, auf den wir warten, der schon gekommen ist
Wie können wir auf Gott warten, wenn er schon gekommen ist? – Wie kann Gott da sein, wenn die Welt noch im Argen liegt? – Fragen zum Advent
Jedes Jahr erwarten wir im „Advent“ die „Ankunft“ Gottes. Aber ist er nach der Aussage des Glaubens nicht in Christus schon gekommen? Ist er nicht auch „da“, wenn ich zu ihm bete? Die kirchliche Tradition spricht von einem „dreifachen Advent“. Sie unterscheidet einen Advent in „Memoria“ (in Erinnerung an sein Kommen in Jesus Christus), einen Advent in „Prophetia“ (in Erwartung seiner endgültigen Wiederkunft am Ende der Zeit) und einen Advent des „Mysteriums“: Das ist seine Gegenwart „jetzt“ im Heiligen Geist.
Ich trete in ihr Zimmer. Es sind wenige Quadratmeter. Das Leben hat jetzt Platz auf wenig Raum. Aber dieser Raum ist ausgefüllt. Licht kommt vom Fenster her. Weiterlesen
Ein alter Mann stapft durch den Winter-Nebel. Er ist unnütz für die Gesellschaft und belastet die AHV, wie es heisst. Bald sind die Alten nicht mehr tragbar. Wie gerät er in die Weihnachtsgeschichte? Weiterlesen
Wie ist es, wenn unser Leben ankommt? – Die Bibel erzählt, wie Christus über Land zieht. Eines Tages kommt er zu einer Stadt, und wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht: Er kommt, von dem alle so wunderbare Dinge erzählen: dass er Kranke heile und Aussätzige berühre. Stumme könnten wieder reden und Lahme gehen. Er habe sogar einem Toten das Leben wieder gegeben. Weiterlesen
500 Jahre Reformation. Das wird jetzt hoch gehängt, im Jubeljahr, mit Honoratioren und Professoren. Wer fühlt sich da berufen, auch noch etwas beizutragen? Auf der andern Seite ist es das Allergewöhnlichste. Es geht um den Glauben, um das tägliche Brot, von dem wir leben – als Angehörige dieser Kirche. Weiterlesen
Ein alter chinesischer Meister – wo habe ich die Erzählung gelesen? – lebte zurückgezogen auf einem Berg. Nur selten kreuzte ein Wanderer seinen Weg. Es genügte, dass er im Tal erzählte, da sei ein Einsiedler auf dem Berg, und Menschen machten sich auf den Weg. Sie suchten ihn auf und trugen seinen Namen hinaus. Der Berg wurde bekannt. Selbst Fürsten suchten jetzt seinen Rat. Ungern hörten sie seine höfliche Weigerung, an ihren Hof zu ziehen. Weiterlesen
Es hat schon was Beschränktes, wie ich mir um die „Natur“ Sorgen mache. Das kommt von weit her und geht weit hinaus. Und es ist riesig, über alle Vorstellung hinaus. Und das Leben auf diesem Planeten hat schon viele Zustände durchgemacht. Weiterlesen
Der Hurrikan Harvey in den USA zieht nicht weiter, wie die Zeitung heute meldet. Er bleibt stabil über der Küste liegen und zieht immer mehr Wasser aus dem Meer, das er über dem Festland ausregnet.
Nach dem Felssturz im Bergell bei Bondo, wo Millionen von Kubikmetern Gestein und Schlamm niedergingen, veröffentlicht der „Tages-Anzeiger“ einen Bericht: „Bund ruft zu Umsiedlungen in Gefahrenzonen auf“.