Zum Handeln befreit

Am 27. Mai ist das Fest der „Dreifaltigkeit“. Damit ist das Glaubensbekenntnis „voll“. Was meine ich, wenn ich es ausspreche?

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den  Schöpfer des Himmels und der Erde. Wenn ich die Welt auf Gott zurückführe, will ich nicht erklären, wie sie entstanden ist. Ich gebe damit einem Glauben Ausdruck, betreibe keine Wissenschaft. Schöpfungsglaube und Naturwissenschaft, das muss sich nicht ausschliessen. Der biblische Schöpfungsbericht ist keine „schlechte Wissenschaft“ und heute wäre sie überholt, weil man es heute besser weiss.
Wenn ich alles auf Gott zurückführe, so vergewissere ich mich damit, dass alles von Gott gehalten ist. Wie er das macht, das ist nicht das erste Interesse, das werden wir auch kaum je verstehen. Es geht um diese Zuversicht, dass diese Welt einen Bestand hat, unabhängig von uns Menschen, und oft auch gegen uns Menschen.

Schon die Menschen der Antike haben sich gegen die Natur vergangen. Schon damals gab es die Erfahrung, dass der Mensch die Grundlagen seiner eigenen Existenz untergräbt, dass er ganze Landstriche verwüstet. Schon damals gab es Katastrophen, die mit Naturgewalt über die Menschen hereinbrachen, aber am Anfang stand nicht die Natur, sondern der Mensch.

Heute haben viele Menschen Angst, die Erde und das Leben auf der Erde könnten aus der Schuld des Menschen zerstört werden. Diese Angst finden wir schon in der Bibel. Und sie hält das für eine Art von Grössenwahn. Schon der Prophet Jesaja fragt: “Was ist der Mensch, dass er mit seiner Hand das Meer ausschöpfen könnte? Wie will er mit der Spanne seiner Hand den Himmel ausmessen? Mit seiner Waage die Berge wägen?“ (Jes. 40,12ff)

Heute würden wir es anders ausdrücken, diese Überzeugung, dass wir zu klein sind, um die Welt zu zerstören: Nach Auskunft der Wissenschaft leben wir heute geologisch in einer Zwischeneiszeit. Die Nordhalbkugel wird wieder einmal von Eis bedeckt sein. Gletscher werden die Landschaft aushobeln und neue Täler und Hügel schaffen. Welcher Beton wird dem widerstehen?
Auf längere Sicht, sagen die Astronomen, wird die Sonne sich verändern, sie wird heisser und grösser werden. Leben auf der Erde wird nicht mehr möglich sein. Und noch weiter in der Zukunft, so heisst es, wird unsere Milchstrasse mit der benachbarten Galaxie, dem Andromeda-Nebel, zusammenstossen. Da werden Myriaden von neuen Sternen entstehen…
Nein, die Angst, dass wir Menschen die Welt zerstören können, das ist auch nur ein Grössenwahn, wenn auch eine verzweifelte Art von Grössenwahn. Der Glaube sagt es positiv: dass unser Leben und alle Wirklichkeit gehalten ist in Gott. Und dieser Gott ist uns zugeneigt.

Sollten wir jemals daran zweifeln, sollten wir je so unglücklich sein, dass wir nicht mehr glauben können, dass diese Welt und unser Leben letztlich ein gutes Geheimnis haben, so erinnern wir uns an Jesus Christus: wie er über Land ging, wie die Menschen zu ihm strömten und ihm ihre Kranken brachten. Und wie er sie heilte. – Dann begreifen wir besser, wie Gott zu uns steht. Hier ist es klar und offen ausgesprochen. Die Erfahrung trügt immer wieder. Manchmal geht es uns gut und wir sind gern bereit, an Gott zu glauben. Aber es gibt andere Momente, nicht nur Gesundheit, auch Krankheit, nicht nur Geburt, auch Tod, nicht nur neue und schöne Anfänge, es gibt auch die Erfahrung, dass ein Anfang abbricht und dass uns unter der Hand zerfällt, woran wir uns bisher festgehalten haben im Leben.
Dann wird unser Vertrauen brüchig, dann wird der Glaube an Gott auf die Probe gestellt. Dann hilft es uns, wenn wir in der Bibel von Jesus Christus hören. Das ist der, der unbedingt zu uns steht. Der Hirt, der nicht ruht, bis er das verlorene Schaf gefunden hat. Der Arzt, der heilt und der die Ausgestossenen berührt und hereinholt. Gott, der die Toten auferweckt. Darum sage ich nicht nur: „Ich glaube an Jesus Christus“, wie im Glaubensbekenntnis, ich sage: „Ich glaube dank Jesus Christus“.

Im Glauben an den heiligen Geist vertraue ich, dass Gott alles vollendet. Aber schon heute gibt es immer wieder ein Stück Vollendung: wo Menschen in Frieden zusammenleben, wo eine Hoffnung wahr wird, eine Sehnsucht ans Ziel kommt. Im Glauben wissen wir schon heute, dass das Recht siegt. Im Glauben vertrauen wir schon heute, dass es Barmherzigkeit gibt. Und wo wir darauf vertrauen und unseren Mitmenschen in Recht und Barmherzigkeit begegnen, da erleben wir, dass sich die Welt verändert, dass andere Beziehungen entstehen, dass Menschen sich aufrichten können.
Unter diesem Zutrauen können sie sich entfalten, während das Misstrauen sie klein macht und klein hält. Unter der guten Meinung kann wachsen, was angelegt ist, und die Würde, die wir den Menschen zugutehalten, kann sich zeigen, bis es alle sehen: Ja, der Mensch ist von Gott geliebt, und es kommt ihm eine unverlierbare Würde zu!

Gott steht nicht nur am Anfang des Weges und nicht nur an seinem Ende. Gott ist immer gegenwärtig. Er führt und begleitet uns, wenn wir uns ihm anvertrauen. Er ist lebendig. Im Gebet können wir uns an ihn richten. Im Glauben an Gott, erhält diese Welt eine Mitte. Wir können uns dort einfinden und zur Ruhe kommen. In Christus kommt uns aus dieser Mitte der Wirklichkeit einer entgegen. Er sucht uns und findet uns. Er sieht uns und hört uns. Er antwortet auf unsere Fragen und Bitten. In ihm erhält die Welt Ohren, dass sie hören kann und Augen, dass sie sieht. Die Wirklichkeit ist nicht gleichgültig gegenüber dem, was hier geschieht. „Der Menschensohn kommt, um zu suchen und zu retten, was verloren ist“, sagt Christus.

 

Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist – diese Namen auszusprechen, das ist wie ein Segen. Sie werden darum gern am Anfang und Ende eines Gottesdienstes angerufen. Ich fasse die Aussagen zusammen:

 Der Vater: Wenn wir die Welt auf Gott zurückführen, wollen wir nicht erklären, wie sie entstanden ist. Wir vergewissern uns damit, dass alles von Gott gehalten ist. Es geht um diese Zuversicht, dass diese Welt Bestand hat, unabhängig von uns Menschen, und oft auch gegen uns Menschen.

 Der Sohn: Sollten wir jemals daran zweifeln, sollten wir je so unglücklich sein, dass wir nicht mehr glauben können, das diese Welt und unser Leben letztlich ein gutes Geheimnis haben, so erinnern wir uns an Jesus Christus: wie er über Land ging, wie die Menschen zu ihm strömten und ihm ihre Kranken brachten. Und wie er sie heilte.

Der Heilige Geist: Im Glauben wissen wir schon heute, dass das Recht siegt. Im Glauben vertrauen wir schon heute, dass es Barmherzigkeit gibt. Und wo wir darauf vertrauen und unseren Mitmenschen in Recht und Barmherzigkeit begegnen, da erleben wir, dass sich die Welt verändert. Die Menschen werden zum Handeln befreit.