Der innere Weg im äusseren Weg

„Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus.“

Manche Menschen behaupten sich, andere ziehen sich zurück. Manche möchten sich durchsetzen, andere sind eher schüchtern, sie gehen einen anderen Weg. Nicht für alle ist der erste Platz, für alle aber ist ein Weg.

Ein Weg ist, in sich ganz klar zu sein. Solche Menschen betreiben schon in der Kindheit abends Gewissenserforschung. Sie können nur nach aussen auftreten, wenn sie sich mit sich selbst in Übereinstimmung fühlen. Mit ihrem Gewissen. Ihre Hilfe ist das Gebet. Sie müssten ja vollkommen werden, können das aber nicht. Sie finden den Weg zur Übereinstimmung im Glauben an Gott: Er hilft. Er vergibt Fehler, er nimmt wieder auf, er stösst nicht für immer weg.

Diese Menschen suchen nicht zuerst den Weg nach aussen, sondern erst in sich: Sie integrieren alles, was sie erlebt haben. Auch wo sie Vorwürfe haben, wo sie von andern gelitten haben. Sie finden Frieden durch Vergeben. Mit dem Satz: „Ich bin genauso wie die, die ich anklage.“

So können sie Gott begegnen, so finden sie aus innerer Verstrickung heraus. So bleiben sie nicht gebunden in Vorwürfen und alten Rechnungen, in Opfer-Haltung und Ohnmacht. So können sie Menschen begegnen.

Diese Menschen gehen den Weg, alles zu integrieren, mit der Hilfe Gottes:

Von dem sie wissen, dass er ihr Recht auch achtet,
Dem sie vertrauen, dem sie sich anvertrauen, seiner Führung, wo sie den Weg nicht wissen,
Dem sie danken, für alles, was er gegeben hat,
Dem sie ihr eigenes schlechtes Gewissen nicht verbergen.

Der Knackpunkt ist das Vertrauen, dass sie mit allem, ganz und gar, von ihm angenommen sind. Denn solche Menschen gehen diesen Weg, die früh andere Erfahrungen gemacht haben. Wer immer auf Anerkennung stiess, geht ohne Mühe auf Menschen zu. Er hat ja nie Kränkung erlebt.

Wer hier nicht gehen konnte, muss erst Heilung erfahren, neues Vertrauen lernen. Ein Ja zum Leben, das immer wieder behauptet werden muss gegen schlechte Erinnerungen, gegen die Tendenz, sich vielleicht doch lieber aus dem Leben wegzustehlen.

Und so geschieht es im Gleichschritt:

Sie lernen Ja sagen ohne Vorbehalt,
Sie lernen sich angenommen wissen, ohne Rest,
Sie lernen auf Menschen zugehen, ohne schlechte Gefühle,
Sie lernen ganz und gar einheitlich werden.

So finden sie den äusseren Weg mit dem inneren.
Bei Johannes heisst das: die Liebe. Denn dieses Gefühl, das alles bejaht, das ist die Liebe. Diese Haltung, die sich ganz und gar angenommen weiss, ohne Rest, das ist die Liebe. Diese wachsende innere Bereitschaft, auf andere zuzugehen, ohne jeden Vorbehalt, ohne Vorwurf, ohne Angst vor Ablehnung, ohne sich kleiner zu machen, ohne die Haltung der anderen im geringsten vorwegzunehmen in der Phantasie, in inneren Dialogen, wo alte schlechte Erfahrungen wieder das Bild trüben – diese Haltung, die auf die Welt zugeht und nur das Beste erwartet und das beste geben will, das ist die Liebe.

„Gott ist die Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. Darin ist die Liebe völlig bei uns, dass wir eine Freudigkeit haben am Tage des Gerichts; denn gleich wie er ist, so sind auch wir in dieser Welt. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus.“ (1. Joh 4,16f)

Zum ersten Sonntag nach Trinitatis
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