Unmöglich

Jeder weiss, was auf dem Hinweg nach Bethlehem geschah: Maria war schwanger, sie sollte gebären, und sie fanden keine Herberge… Aber was geschah auf dem Rückweg?

Das Kind war geboren, und Herodes stellte ihm nach. Da flohen sie nach Ägypten. Zurück kamen sie erst, als Herodes gestorben war.
Was für ein Umweg! Über Ägypten!

Gehört das zur Weihnachtsgeschichte – dass Gott einen Umweg macht?
Kann er nicht gerade Wege gehen? Und wenn er Umwege macht – kommt er dann nicht zu spät?

Als Jesus erwachsen war, wurde sein Freund Lazarus krank. Seine Schwestern schickten nach ihm. Aber Jesus liess mit seiner Hilfe auf sich warten. „In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen“, sagte er. „Erschreckt nicht, wenn ihr mich nicht seht. Glaubt an Gott und vertraut auf mich.“ Und er blieb am andern Ort.

Er machte einen Umweg, wie damals, als der Weg über Ägypten ging.

Umwege
Ägypten – dieser Ort steht für das Leiden des Volkes. Dort sind sie geschlagen worden, missachtet, um ihr Recht betrogen. Dort haben sie in der Sklaverei gelebt. Dort hat Gott sie aufgesucht. „Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen, und ihr Schreien über ihre Verfolger habe ich gehört. Darum bin ich herniedergestiegen, um sie aus der Gewalt der Ägypter zu befreien…“ So sagt Gott im zweiten Buch der Bibel. Zum ersten Mal ergeht die Botschaft von Weihnachten, dass Gott zu den Menschen kommt.

Um sie zu finden, macht er auch Umwege.

Jesus erzählt das Gleichnis vom Hirten, der hundert Schafe besass. Als eines verloren war, ging er es suchen. Er liess die neunundneunzig andern stehen und ruhte nicht, bis er das eine gefunden hatte.

Gott geht mit in die Sklaverei in Ägypten, Gott geht mit auf die Flucht. Gott geht mit, wo ein Mensch verloren geht. Gott geht die Wege mit. Und jeder Mensch ist ihm einen Umweg wert. Für ihn ist es kein Umweg, sondern der geradeste Weg zu denen, die er sucht. „Der Sohn des Menschen ist gekommen, um das Verlorene zu suchen und zu retten.“

Kommt die Erlösung zu spät?
Und er kommt nicht zu spät. Jesus hört, dass Lazarus krank sei. Als er endlich bei ihm eintrifft, ist er bereits gestorben. Seine Schwester Martha empfängt ihn mit Vorwürfen: „Wenn Du hier gewesen wärst, wäre mein Bruder nicht gestorben!“ Jesus lässt den Stein vom Grab wegheben und ruft: „Lazarus komm heraus!“

Gott ist der Meister des Lebens, sagt die Geschichte. Sie will uns Hoffnung und Vertrauen schenken. Über das hinaus, was wir für möglich halten.
Er ist der Erlöser. Er kommt zu uns, und er kommt nicht zu spät. Alle Zeit ist für ihn wie Gegenwart. Er heilt die Vergangenheit und schenkt uns Zukunft.

Und was dunkel ist in unserem Leben, das müssen wir nicht verbergen, denn darum kommt er, als ein Gott, der heilen kann und Vergebung schenken. „Ich bin euer Arzt“, sagt er. Der Arzt will das gebrochene Bein sehen, nicht das gesunde.

Darum ist Weihnacht eine besondere Nacht. Sie ist Nacht, in der der Heiland bei uns ankommt.

 

Aus Notizen 2006
Bild Giotto, Flucht nach Ägypten