Das grösste Wunder von Weihnachten

Das grösste Wunder von Weihnachten ist nicht, dass es Erlösung gibt. Das begreifen wir, dass wir Menschen mit Fragen leben, die wir nicht alleine lösen können. Das kennt jeder aus seinem eigenen Leben. Immer wieder geschieht uns das: wir stehen an einem Berg an und kommen allein nicht weiter.
Nein, dass es Erlösung gibt, dass wir Menschen Teil sind von etwas Grossem, wo unser Leben den Anfang genommen hat, und dass wir dort die Antwort finden auf unsere grossen Fragen, das begreifen wir. Was wir aber nicht begreifen, ist, dass wir damit gemeint sind.

Das wirkliche Wunder von Weihnachten, das wäre, wenn wir das glauben könnten: Dass das wirklich mit uns zu tun hat. Dass unser Leben damit gemeint ist, dass all die Sorgen, die wir uns machen und gerade die aller grösste Not, dass die eine Antwort findet.
Das wäre ein wirkliches Wunder, denn das ist fast nicht zu begreifen, warum wir alles Mögliche glauben, aber bei uns selber immer eine Ausnahme machen. Dass wir wie „abschalten“, wenn es darum geht, dass das auch für uns gilt: dass unser Leben heil und ganz wird, und zwar bis ins Letzte!

Einübung im glücklich sein
Wir meinen, das Leben – das wahre Leben – spiele sich immer nur anderswo ab – bei den Grossen und Berühmten. Und wir haben uns eingerichtet im Verzicht. Wir haben uns am Rand aufgestellt und schauen zu, wie die andern auftreten, aber wir selber stehen im Durchzug. Wir haben die grossen Hoffnungen, die wir mal für das Leben hatten, auf die Seite gelegt.

Wir wollen nicht glauben, dass auch unser Leben bis in den innersten Grund gehalten ist und von dort erneuert wird und ans Ziel kommt. Da gibt es zu viele Widerstände bei uns. Zu viel schlechte Erlebnisse, zu viel Realismus und Weltklugheit, die uns gelehrt haben, zu verzichten.

Wir wollen nicht glauben, dass auch wir gemeint sind vom Leben.

Erinnerung hat Kraft
Ich mache viele Besuche bei älteren oder kranken Menschen. Und ich erfahre dort: Erinnerung hat Kraft. Die Erinnerung an frühere Zeiten im Leben, als man glücklich war, macht Gefühle jener Zeit wieder lebendig. Die Erinnerung an Zeiten, als man den „Rank gefunden“ hatte und das Leben in die Hand nahm, lässt auch diese Haltung wieder aufleben. Diese Erinnerung weckt die Lebensgeister. Sie gibt eine gute Haltung und lässt vertrauensvoll in Zukunft blicken. Vergangene Freude stärkt den Glauben. Aber altes Leid drückt auf die Stimmung und führt in Resignation.

Darum ist es eine Hilfe, sich zu erinnern. Modern, psychologisch, könnte man sagen: Alte Erfahrungen prägen die Art, wie wir die Welt wahrnehmen, wie wir Erlebnisse bewerten und wie wir mit der Gegenwart umgehen. Vor allem frühe Erfahrungen in der Kindheit prägen sich ein, später ist fast nicht dagegen anzugehen.
Daher ist es wichtig, gute Erfahrungen festzuhalten. Die gibt es nämlich auch, aber sie haben einen schweren Stand gegenüber den schlechten Erlebnissen, die uns immer einreden wollen, die Welt sei schlecht und wir hätten keine Chance.

Eine Schaltstelle für die Zukunft
Ein Mittel, sich gute Erfahrungen einzuprägen, ist das Danken. Im Danken machen wir eine Erfahrung „fest“, wir prägen sie uns ein. Was wir erlebt haben, das entscheidet, wie wir mit der Gegenwart umgehen und wie wir die Zukunft gestalten.

Danken ist – neudeutsch – der Transfer von guten Erlebnissen in jenen Erfahrungsschatz, der entscheidet, wie wir die Welt erleben und bewerten.
Darum ist Danken eine gute Übung. Es hilft glauben, dass die Botschaft des Evangeliums auch uns meint.

„Ich danke Dir, Herr, denn Du hast mich aus der Tiefe gezogen.
Mein Gott, ich schrie zu Dir, und Du hast mich gesund gemacht.
Singt alle, die ihr ihm danken wollt, lobt seinen heiligen Namen.
Zu Dir, oh Herr, rief ich. Zu meinem Gott flehte ich:
Höre Herr, sei mir gnädig, sei Du mein Helfer!
Und Du hast meine Klage in Reigen verwandelt.
Du hast mein Trauerkleid gelöst und mich mit Freude gegürtet.
Du hast mir ein Lied auf die Zunge gelegt und ewig will ich Dir danken.“ (aus Ps 30)

Aus einem Gottesdienst zum 4. Advent 22. 12. 2002
Foto von J. Carter von Pexels

 

Ich wünsche Ihnen fröhliche Festtage im Kreis lieber Menschen
und alles Gute, Glück und Gesundheit im Neuen Jahr!

Peter Winiger, info@vongotterzaehlen.ch