Es ist Sommer, eine Zeit voller Stimmungen und Gerüche. Wenn man mit dem Fahrrad unterwegs ist, trifft einen plötzlich ein schwerer süsser Duft von den Gärten her. Man möchte anhalten, dem Tempo des Alltags widerstehen. Nach heissen Tagen kann es plötzlich kalt werden, ein Gewitter mit Hagel geht nieder. Der Wetterumschwung macht sich als Müdigkeit bemerkbar. Gerne würde man träumen in dieser Zeit, sich der Stimmung überlassen. Wie das Getreide möchte man auf dem Feld stehen, sich im Wind wiegen. Man möchte ruhen, reifen und das geschehen lassen, was sich im Verborgenen vorbereitet. Man ist Teil von etwas Grossem, das seinem Ziel entgegenwächst.

In der Kirche feiert man im Frühsommer viele Feste, Auffahrt, Pfingsten, Dreifaltigkeit. Das Kirchenjahr folgt dem Leben Jesu. Von der Geburt bis zum Tod geht es seinem Leben nach und wer feiert, sieht auch sein Leben in diesem Licht. Und er begreift: Er ist Teil von etwas Grossem, das seinem Ziel entgegen geht.

Glauben weil…
Weihnacht, Passion und Auferstehung sind die grossen Schritte auf diesem Weg. Weihnachts-Erfahrungen gibt es in jedem Leben. Das sind Glücksmomente, wo wir nicht fragen, einfach leben. Und wir möchten Danke sagen und wissen nicht wem. Es ist das Leben selbst, das uns das erleben lässt. Und wir ahnen etwas von dem Grund, der alles trägt. Nicht das Unglück hat die Menschen zu Gott geführt, sagt der Dichter Friedrich Hölderlin. Die Dankbarkeit ist es. Sie lässt uns ahnen, dass wir Teil sind eines grossen Geschehens.

Es gibt auch andere Erfahrungen, es gibt Gesundheit und Krankheit, Frieden und Unfrieden, Leben und Tod. Mitten im Sommer zieht ein Gewitter auf mit Hagelschlag. Im Ablauf des Kirchenjahres besinnen wir uns auch auf solche Erlebnisse.

Glauben trotz…
Da helfen die Erfahrungen nicht zum Glauben. Sie widersprechen ihm. An einen Gott glauben, der es gut mit uns meint? Wir können das Vertrauen nicht auf unsere Erfahrung abstützen. Zu schmerzhaft ist, was wir erleben. Alles scheint dem Vertrauen zu widersprechen. Da halten wir „trotz allem“ an unserer Hoffnung fest. Wenn wir nicht verzweifeln wollen, müssen wir gegen alle Erfahrung anglauben. Das ist der Glaube am Karfreitag.

Das Kirchenjahr bleibt dabei nicht stehen, wer mitfeiert, wird zu anderen Erfahrungen getragen, Erfahrungen des neuen Lebens. Das gibt es, und jeder Mensch hat es erlebt: wie etwas am Ende schien, wie eine Tür zufiel. Wir drehten uns ausweglos im Kreis in einer Situation, zu der es keine Lösung gab. Und es ist schlicht nicht zu begreifen, woher es dann doch kam. Das Licht veränderte sich, ein Weg wurde sichtbar. Das Leben trat in einen neuen Abschnitt ein. Eine neue Landschaft breitete sich vor uns aus.

Das sind Oster-Erfahrungen. Scheinbar aus dem Nichts kommt ein neuer Anfang, jedenfalls nicht aus unserer Kraft. Es kommt aus jenem Ursprung, der nicht vergangen ist. Aus jenem Grund, der auch heute trägt. Aus jenem Anfang, der auch heute mitläuft. Nichts was Leben hat, läuft ins Leere. Alles ist getragen, alles Teil von einem Ganzen, das über uns hinausgeht.

Der Sommer ist eine Zeit voller Stimmungen, man möchte träumen, sich überlassen. Man möchte ruhen, reifen wie das Getreide auf dem Feld und das geschehen lassen, was sich im Verborgenen geschieht. Der Psalm 16 macht daraus ein Lebensmotto: „Ich habe Gott allezeit vor Augen. Steht er mir zur Rechten, so wanke ich nicht. Darum freut sich mein Herz, und frohlockt meine Seele. Auch mein Leib wird sicher wohnen. Du tust mir kund den Weg zum Leben. Vor dir ist Freude und Fülle ewiglich.“

 

Zum Sonntag Dreifaltigkeit 16. Juni 2019