Das grosse Lachen

Wächter bewachen das Grab Christi.
Unter den Evangelisten erzählt nur Matthäus diese Geschichte. Doch fehlt sie kaum je auf einem Auferstehungsbild.

Was ist es, was die Maler und Betrachter an dieser Geschichte fasziniert?

Das Bild ist voller Widersprüche, und es kostet die Widersprüche aus.
Die Wachen, die gemäss ihrem Namen doch „wachen“ sollten, schlafen.
Und der, den sie zum ewigen Schlaf befördert haben, ist wach.
Wie tot liegen die Lebendigen am Boden. Aber der Tote lebt.
Ihre Waffen, auf die sich die Herrscher stützen, liegen nutzlos am Boden.
Aber der Ohnmächtige und Schutzlose, der nur Gott auf seiner Seite hat, siegt.

Angst und Schrecken haben diese Waffen verbreitet.
Aber jetzt treten schutzlose Frauen über sie hinweg und gehen zum Grab.
Die Stolzen liegen am Boden, aber der Gedemütigte ist erhöht.
Der Stein ist weggewälzt, der für ewig das Grab versperren sollte.
Was im Dunkeln hätte bleiben sollen, es kommt an den Tag.

Menschen können töten, einschüchtern, Angst verbreiten und so Macht ausüben. Aber lebendig machen können sie nicht.
Die Macht der Menschen steht hier gegen die Macht Gottes.
Und ein grosses Lachen erhebt sich: Wie lächerlich ist es doch, dass die, die ihn getötet haben, nun auch noch sein Grab bewachen!
Gott macht lebendig – wer wird ihn hindern?

Das Bild von den Soldaten am Grab, es ist ein Bild zum Lachen.
Und der Schreck, die Angst, der Terror, den sie ausgeübt haben, löst sich in einem befreienden Lachen.
An diesem Tag lachen jene, denen man das Reden verbot und den Mund verschloss. An diesem Tag lachen sie, denen vor Scham das Wort im Halse stecken blieb. Und die Gewalt erfahren haben und lieber tot gewesen wären als lebendig, sie lachen und ihre Totenstarre löst sich zu neuem Leben.

Ein grosses Osterlachen erfüllt die Erde:
Weil Gott ist und darum Gerechtigkeit.
Weil Übeltäter nicht unentdeckt bleiben und Opfer Recht erhalten.
Er schenkt Leben und erweist seine Macht, hoch über der Macht derer, die nur Tod verbreiten können aber nicht Leben.

Es gibt Hoffnung für alle Menschen, die Unrecht leiden und gedemütigt werden.
Es gibt Hoffnung auf allen Schlachtfeldern und in allen Folterkammern dieser Erde, denn die Erde gibt ihre Toten heraus und das Meer die „Verschwundenen“, die man aus Flugzeugen ins Wasser kippte.

Das Opfer kommt wieder als Richter und alle Welt erscheint vor ihm zum Gericht.
Es gibt Gerechtigkeit, die Welt ist keine dunkle Hölle. Die Geschichte der Menschheit verliert sich nicht im Dunkeln. Sie endet in strahlendem Licht.

Denn der Richter, der kommt, kennt nicht nur das Recht, sondern auch die Barmherzigkeit. Er kann nicht nur strafen, er kennt die Liebe.
Er überwindet den Tod, indem er Leben schenkt.

Darum lachen die Betrachter bei diesem Bild. Wie lächerlich sind die Mächtigen, die den Toten bewachen, wenn Gott lebendig macht! Wie freuen sich alle, die unter ihrer Macht gelitten haben!

Auch denen wird die Zunge gelöst, dass sie jubeln, die schuldig sind, denn der Herr, der kommt, vergibt. „Mein Herz ist fröhlich in dem Herrn, denn ich freue mich Deines Heils.“ (1. Sam 2,1 ff)