Pflasterritzen-Vegetation

Zu unserem Haus gehörte auch ein Garten und ein Gartenweg. Im Frühling begann es zu wachsen. Auch zwischen den Steinen kam das Grün hervor. Der Weg sah unordentlich aus. Gift wollte ich nicht spritzen und Flammenwerfer, wie ich sie in anderen Gärten sah – mir graute es für die kleinen Lebewesen.

Als ich einmal in Bamberg war, besuchte ich den Klostergarten. Da fand ich Tee- und Küchenkräuter, Heilpflanzen und Gewürze, wie es sich für einen Klostergarten gehört. Alles war mit einem Schild angeschrieben. Zwischen all den andern war auch ein Beet mit unscheinbaren Pflanzen. Auf dem Schild stand «Pflasterritzen-Vegetation». Dieses Stück Erde war den kleinen Bewohnern der Lücken und Ritzen gewidmet, den Pflanzen, die zwischen den Steinen auf der Strasse wachsen! Das rührte mich, auch diese Kleinen hatten also einen Namen!

Fühlte ich mich bisher schon mit ihnen verbunden, in der Abwehr von Gift und Feuer, jetzt wurde es Sympathie. Es ist auch nicht unnütz, was da in den Ritzen wächst. Es sind nicht Schmarotzer, keine Schädlinge. Sie sind durchaus freundlich zu uns Menschen. «Vielfach wird Fugen-Vegetation mit Herbiziden oder durch Auskratzen, bekämpft», so lese ich im Internet.

«Andererseits wird eine Pflasterung, die bewusst Fugen zur Besiedelung durch Pflanzen offenhält, zunehmend eingesetzt, um die Bodenversiegelung zu verringern. Ein dichter Bewuchs in den Fugen des Kopfsteinpflasters erhöht dessen Festigkeit. Zudem wird diese Art der Begrünung für die Stadtökologie immer wichtiger, nicht nur aus Gründen der Stadtgestaltung, sondern auch zur Regenwasser-Bewirtschaftung.»

Es gibt viele schöne und stolze Pflanzen in Gottes Garten. Aber auch viele kleine. Und manche, die sieht man kaum, man geht achtlos über sie hinweg. Ihren Nutzen entdeckt man gerade erst. Z.B., weil das Klima sich verändert. «Diese Art der Begrünung wird für die Stadtökologie immer wichtiger», heisst es.

 

Aus Notizen 2012