Ostern feiern im Krieg

Wenn wir heute Auferstehung feiern, dann sieht das aus wie nichts – verglichen mit den Kriegsmeldungen aus der Zeitung. Die Christen, die an Auferstehung glauben, das wirkt wie ein kleines Häuflein von Menschen – gegenüber dieser Gewalt, die hier entfesselt wird.

Und trotzdem ist es eine grosse Macht. Wir wissen innerlich, dass die Wahrheit ans Licht kommt, gegen alle Propaganda, die hier aufgeboten wird. Wir wissen, dass Gewalt und Unrecht jetzt zwar den Ton angeben, dass die Zukunft aber jenen Kräften gehört, die Frieden stiften und die in geduldiger Arbeit das aufbauen, was ein Zusammenleben möglich macht.

Und wenn noch so viel Unrecht wäre auf der Welt – wer würde deswegen den Glauben an das Recht fortwerfen? Was richtig ist, das suchen wir doch gerade dann am meisten, wenn es uns fehlt. Gerade im Schrecken dieses Krieges wird der Wunsch nach Recht und Frieden umso stärker. Darum feiern wir – mitten in der Zerstörung – das, was das Leben aufrecht erhält. Darum freuen wir uns – mitten in der Trauer von vielen Menschen -, dass Christus auferstanden ist.

Ostern, das wir heute feiern, ist wie ein Siegel darauf, dass das ein guter Weg ist. Wenn die Geschichte von Jesus Christus am Karfreitag abbrechen würde, dann würde die Geschichte dort aufhören, wo die Soldaten den gefangenen Jesus verspotten. Sie spüren ihre Macht, die sie über ihn haben. Er dagegen vertraut auf Gott, darum lachen sie ihn aus: „Wenn Du so auf Gott vertraust – soll der dir doch helfen!“

Das ist ein Moment in der Geschichte, wo scheinbar das Unrecht triumphiert, wo der am besten für sein Leben vorgesorgt hat, der sich mit den Machthabern gut stellt und nicht nach Wahrheit und Recht fragt. Einen solchen Moment kennt wohl jeder in seinem Leben, wo er zweifelt, ob nicht die andern recht haben. Und trotzdem bleibt ein ungutes Gefühl zurück, denn unser Sinn für Wahrheit wird dort verleugnet, und unser Bedürfnis, dass es gerecht zugeht auf der Welt, kommt dort nicht zum Zug.

Wollen wir unsere Kinder auf einen solchen Lebensweg schicken, wo man den Eigennutz über die Wahrheit stellt und die Gewalt über das Recht? Nein, tief in uns spüren wir, dass das kein guter Weg ist, und dass er letztlich nicht zum Ziel führt. Und dieses Wissen kommt auch im Oster-Geschehen zum Ausdruck. Letztlich gibt es eine Gerechtigkeit auf der Welt, und auch der Schwache und Verfolgte wird in sein Recht eingesetzt. Darum hört der Weg von Jesus Christus nicht beim Karfreitag auf, sondern er führt in den Ostermorgen hinein.

 

Aus einer Taufe, 5. April 1999 (im Kosovokrieg)
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