Versagen

Vor der Arbeit drehe ich eine Runde durchs Quartier. Viele traurige Menschen auf der Strasse, die schamvoll den Blick senken, sie schauen weg. Ich kann die Kirche nicht einfach als Lösung anpreisen. Auch in der Kirche gibt es viele schamvolle Erfahrungen, da werden Menschen gedemütigt und klein gemacht.

Darum kann keine kirchliche Äusserung gemacht werden, ohne das gleichzeitige Eingeständnis der Übergriffe, des Versagens vor der eigenen Botschaft. Diese wird dadurch aber nicht entwertet. Auch die Besten machen Fehler, gerade die Besten wissen das. Und ihre Verkündigung öffnet einen Weg für fehlerhafte Menschen.

Der Fehler muss Teil haben an der Verkündigung. Diese verkündigt aber dennoch den Frieden, nicht den Unfrieden, die Gerechtigkeit, nicht das Unrecht. Immer mitgedacht ist die Unterscheidung: Hier ist Gott, hier ist Mensch. Daran erinnert die Sündenfall-Geschichte.

 

Aus Notizen 2013
Foto von Amine M’Siouri von Pexels