Gaia und die Bankenkrise

Gestern Abend haben wir eine neue Serie auf ARTE angefangen, «Blackport», wir haben den ersten Beitrag gesehen mit der Exposition. Es wirkt etwas düster, im Stil des «Verismo» in der Opernliteratur, der Ende des 19. Jh. das soziale Elend aufnehmen wollte, aber damit immer noch im Rahmen der bürgerlichen Oper verblieb. So stirbt Mimi / Lucia wunderschön und der bürgerliche Held leidet. Aber sein Leben geht weiter.

Düstere Szene
Es erinnert stark an die Serie über den Anfang der Ölindustrie in Norwegen, «State of Happiness.» Jene Serie ist aber ruhiger, realistischer. Hier wird auf die Tube gedrückt, vielleicht weil man das von Island erwartet, gemäss dem Vorurteil, das man gegenüber Isländern hat mit ihren alten Sagas, mit ihrem Zwergen- und Feen-Glauben und mir ihrer Fussball-Mannschaft, die die ganze Welt vor einigen Jahren in Erstaunen setzte, als sie weit in der Ausmarchung nach vorn rückten und die Gegner vor dem Spiel mit einem urtümlichen Kampfgeschrei in Furcht und Staunen versetzten.

Hier in der ersten Folge werden die Männer als schwach gezeichnet, sie haben kein Rückgrat oder – wenn sie die alten Heldenkraft noch in sich tragen -, pumpen sich mit Drogen voll. So ergreifen die Frauen das Ruder. Sie treten in einen Vertrag ein, den die Männer nicht halten können und retten so das Dorf, die Fischerei, die Industrie und die Insel.

Starke Gestalten
Der Feminismus wird hier mythologisch und das muss er werden, wenn er die hohen Erwartungen erfüllen soll, die das Menschenmögliche überschreiten. Die Frauen sind Manifestationen von übernatürlichen Urfrauen, von Mutter Erde, von weiblichen Prinzipien, die ihre Heimat im Übernatürlichen tragen. Normale Menschenfrauen können die Welt nicht retten, wie es auch normale Menschenmänner nicht können. Man muss diese gar nicht diskreditieren und als versoffen oder korrumpiert oder schwach darstellen. Es ist das menschliche Schicksal gegenüber den übernatürlichen Mächten.

Wir haben schon viele Jahre der Förderung und Gleichstellung gesehen. Es ist keine Phantasie mehr. Wir können schon seit vielen Jahren sehen, wie Frauen regieren, arbeiten, handeln, wie sie sich machen an all den Stellen, die früher von Männern besetzt wurden. Und sie begehen dieselben Fehler, zeigen dieselben Unzulänglichkeiten. Das kann ja nicht anders sein, wenn es Menschen sein sollen und nicht Manifestationen von übernatürlichen Mächten.

Übernatürliche Kräfte
So ist es aber doch symptomatisch für unsere Zeit, dass der Feminismus heute mythologisch wird, dass er Anleihen macht bei Religion und Sage, dass die simple Welt der menschenmöglichen Handlungen überstiegen wird in einer Jenseitswelt von Sagengestalten und Metaphysik. Der Problembestand dieser Welt hat sich erweitert. Man traut dem althergebrachten Handeln in Gesellschaft und Politik nicht mehr zu, das lösen zu können.

Grosse Dimensionen
Zwar haben Politik und Nationalbank ein eindrückliches Zeugnis abgelegt, wie es ihnen gelungen ist, eine in den Abgrund rutschende Grossbank zu retten bzw. in einer anderen Bank aufzufangen. Aber das Problembewusstsein heute bemisst sich nicht mehr an der Finanzkrise, nicht einmal nur an Krieg und Krisen auf der ganzen Welt. Der Klimawandel hat uns ganz andere Dimensionen gelehrt. Klima, das hat zu tun mit der Lufthülle, mit der Dynamik auf der Erde und im nahen Weltall. Das ist wie Meer und Berg und Kontinent. Eine Bank zu retten erscheint im Vergleich dazu wie eine Fliege, die über einen Berg krabbelt. Hier haben wir es mit grossen Dimensionen zu tun.

Vertrauen
Verständlich, wenn sich die Suche nach Rettung in der Mythologie umsieht, und sei es auch in der Sagenwelt Islands, da das Christentum das Vertrauen offenbar verspielt hat, sodass man nicht mehr bei ihm nachfragen würde. So teilt das Christentum das Schicksal der Kreditanstalt. Das Vertrauen ist weg. Man sucht nach anderen Trägern für die rettende Tat. Im Film sind es die starken Frauen. In der Klimakrise ist es offenbar Gaia, die dem allem widerstehen kann. Die alte Mutter Erde hat schon viele Klimaschwankungen erlebt. Sie ist die Mutter des Lebens auf diesem Planeten. Bei ihr sind wir aufgehoben. Die Kraft der Frauen ist Kraft von ihrer Kraft. So geht die Hoffnung.

 

Foto von Matt Hardy, Pexels