Anvertrauen

Junge Menschen schrecken vor einem Friedhof zurück. Älteren kann es zu einem Bedürfnis werden, immer wieder dort einzukehren. Hier ist das, was weh macht. Hier findet sich Ruhe und Versöhnung. Hier kann man anvertrauen und übergeben.

 

Bei der Beerdigung von zwei totgeborenen Mädchen

Unser Gott! Wir kommen zu Dir! Viele Gefühle sind jetzt aufgewühlt.
Es tut weh, so zuschauen zu müssen. Es tut weh, so Abschied nehmen zu müssen!

Wir wollen uns aufmachen für Dich! Wir wollen spüren, dass Du da bist.
Wir übergeben Dir dieses Mädchen!
Und alles, was bei uns aufgebrochen ist – wir legen es mit ins Grab:
unsere Hoffnungen, die sich mit diesen Namen verbunden haben.
Die Lebenspläne, die wir schon geschmiedet haben.
Den Platz, den wir schon bereit gemacht haben in unsrem Leben, für das, was kommt.

Aber unsere Liebe bleibt. Sie haben immer Platz bei uns. Wir vergessen sie nicht.
Lieber Gott, wir legen sie Dir ans Herz. Nimm Du sie auf.
Unser Verstand weiss nicht, wie das gehen soll. Aber wir spüren, dass wir bei Dir eine Heimat haben, wo wir nicht verloren gehen. Amen

Aus Notizen 2003

 

 

Sucht und vorzeitiger Tod

Wenn jemand plötzlich stirbt, bleiben viele Fragen unbeantwortet.
Oft finden wir die Antwort erst nach Jahren.
Gerade für Kinder ist es wichtig, eine Antwort zu haben.
Was könnten solche Fragen sein? – Und was die Antwort?

Warum? fragt das Kind
Warum bist Du weggegangen? fragt das Kind.
Es ist nicht deinetwegen, sagt die Mutter, du hast keine Schuld. Verzeih mir.
Warum habt ihr euch getrennt? fragt das Kind.
Es ist nicht deinetwegen, sagt die Mutter, ich habe dich lieb!
Wie kannst Du Dein Leben so fortwerfen? fragt das Kind.
Es tut mir leid, sagt die Mutter, es ist stärker als ich.
Viele Fragen sind da, die Antwort ist:
Es tut mir leid. Du hast keine Schuld. Ich habe dich lieb.

Aus Notizen 2003

 

 

Der Tisch am Ende des Weges
Am Ende unseres Weges, da sind wir müde. Wir möchten ankommen.
Wir kommen an einem Garten vorbei. Es ist Musik dort, ein Fest.
Was wohl gefeiert wird?

Da kommt uns einer entgegen, und er lädt uns ein zu diesem Fest.
Es ist Jesus Christus, er lädt uns ein an seinen Tisch.
Und alle Menschen sind da, alle, die er hereingeführt hat zu seinem Fest.
Es ist ein grosses Wiedersehen.

Wir verstehen, was wir nicht verstanden hatten im Leben.
Was verloren ist, wird gefunden. Was schmerzhaft war, ist verheilt.
Was Unrecht war, ist versöhnt. Was Trauer war, ist verwandelt.
Alles mündet in Frieden und Dankbarkeit.

 

Aus einer Beerdigung 2005

Foto von Porapak Apichodilok von Pexels