Weg-Beschreibung

Erinnert euch an euern Weg, sagt Moses zu seinem Volk. Ihr seid durch eine Wüste gekommen. Da war kein Weg sichtbar, den ihr gehen konntet. Gott hat vor euch einen Weg aufgemacht. Geht weiter auf diesen Weg, so kommt ihr in das gelobte Land, wo Milch und Honig fliesst.

Das Wort „Weg“ hat in diesem Text viele Bedeutungen: Es ist der physische Weg, auf dem die Menschen unterwegs sind. Es ist der Lebensweg, den sie bisher gegangen sind; all ihre Erfahrungen und Erlebnisse stecken da drin. Es ist der Weg, den sie vor sich sehen. Und dazu brauchen sie Mut und Freude und Geschick.
«Halte dich an die Weisung deines Gottes, dass du in seinen Wegen wandelst und ihn fürchtest.» Hier ist der Weg auch so etwas wie die Weisung, die Ethik, die man beachten soll. Es sind die Regeln für ein gutes Leben und Zusammenleben. Es ist aber auch etwas, was nicht von uns stammt: «Denn der Herr, dein Gott, führt dich in ein gutes Land.»

Führung
Gott führt sein Volk auf ihrem Weg. Und sie sollen sich führen lassen. Offenbar brauchen sie das, um anzukommen auf ihrem Weg. Offenbar brauchen sie das, bei all dem Gepäck, das sie mit sich tragen: Da sind die Erfahrungen und Erlebnisse ihres bisherigen Lebens. Da ist der Mut, die Freude, das Geschick, das sie brauchen für den neuen Weg. Sie schauen aus nach einem Wegweiser, der zeigt, wie es weiter geht. Und es hilft ihnen, wenn sie ihr Vertrauen aufmachen und spüren, dass der bei ihnen ist, der schon am Anfang ihres Lebens stand, der alles geschaffen hat und der Antwort weiss für ihre Fragen.

Ankommen
„An jenem Tag sagte Jesus zu ihnen, als es Abend geworden war: Lasst uns ans jenseitige Ufer fahren! Und sie verliessen das Volk.“ So erzählt der Evangelist Markus. Er hat nicht nur den Lebensweg im Auge, den wir hier auf der Erde gehen. Er fragt, wo wir herkommen, wo wir hingehören. Wir wissen davon in unserer Sehnsucht. Wir möchten ankommen an einem Ziel. Und wenn uns Menschen gestorben sind, möchten wir sie Gott anvertrauen, dass sie ganz und gar geborgen sind.

Dieser Weg ist zu gross für uns, und doch ist er uns aufgegeben. Dafür haben wir keine Schuhe mehr, um den Weg zu gehen, der uns ans Ziel führt. Darum erzählt Markus von den Jüngern, wie sie in ein Schiff steigen, es ist Abend geworden, und sie verlassen das Volk. Und so fahren sie ans andere Ufer. Er ist dabei. Auch wenn die Jünger denken, er schläft. Christus ist den Weg vorausgegangen. Er ist „eingeschlafen“, wie man oft sagt, wenn jemand stirbt.

Diese Geschichte will unsere Augen aufmachen, dass wir weiter sehen. Sie gibt uns einen Blick auf eine Wirklichkeit, die grösser ist, als wir mit Augen sehen. Das Ganze dieser Welt ist im Blick. Es kommt von einem Anfang, den kein Mensch erlebt hat. Und es geht zu einem Ziel, das alles Denkbare übersteigt. Und doch ist eine ungeheure Schönheit in dieser Welt. Und doch ist Ordnung in allem, was es gibt. Wir Menschen sind ein Teil davon.

Was wir sind, ist viel grösser als was wir wissen. Aber wir tragen es als eine Ahnung in uns. Wenn wir Abschied nehmen von Menschen, die uns gestorben sind, möchten wir sie Gott ans Herz legen. Wir spüren mit unserem Vertrauen, dass wir eine Heimat haben. Der Verstand sieht nicht weiter. Aber das Vertrauen, die Liebe, wirft ein helles Licht in dieses Dunkel. Die Hoffnung stellt Wegweiser auf.

Ein Weg, grösser als das Leben
Wir sind auf einem Weg. Und der Weg ist grösser als unser Leben. Er ist auch der Weg der Menschen, die vor uns waren und nach uns kommen. Es ist der Weg der ganzen Menschheit. Es ist der Weg dieser Welt, die aus einem Ursprung kommt und auf ein Ziel zugeht. Da sind wir mitten hineingestellt, mit unseren Bedürfnissen und Ahnungen. Immer wieder dürfen wir erfahren, wie das Leben sich erfüllt. Wir sind glücklich. Manchmal bleibt uns etwas versagt. Ein Unglück kreuzt unseren Weg. Wir müssen neue Wege finden. Unsere Kinder und Kindeskinder – wir können sie nicht immer begleiten. Wir vertrauen sie dem an, der das Geheimnis in Händen hält. Gott ist die Antwort auf unsere Fragen. Zu ihm können wir kommen, um Danke zu sagen. Ihn bitten wir in der Not.

Jetzt
Wenn man älter wird, denkt man manchmal an all das, was man noch machen möchte. Und man fragt sich, ob die Zeit noch reicht.

Eigentlich müsste man schon jetzt das machen, was einem wichtig ist.
Eigentlich verträgt es keinen Aufschub. Wir brauchen schon jetzt, in diesem Moment des Lebens, das, was wir suchen und was uns wichtig ist.

So ist es auch mir ergangen. Und als ich mich fragte, was mir wichtig ist, kam die Antwort: „Jesus Christus“. Eine Welle von Wärme durchströmte meinen Körper. Und ich spürte: damit habe ich alles, was nötig ist. Mit ihm kann ich in alles hineingehen, was vor mir liegt.

Christus sagt: «Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“ Darauf vertraue ich. Vor seinem Tod versammelte Jesus seine Jünger um sich und sagte ihnen: Ihr wisst den Weg. Der Jünger Thomas sagte zu ihm: Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie sollen wir den Weg kennen? Und Jesus sagte zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh 14,5f)

Die Zusage
Christus kommt uns von Gott her entgegen. Er hilft uns, begleitet uns und führt uns auf dem Weg. Wenn ich an eine Stelle komme, wo ich nicht weiss, ob ich das aus meiner Kraft noch schaffe, wenn ich Dunkel vor mir sehe, wenn die Zweifel mich überwältigen wollen, dann erinnere ich mich an seine Zusage: Ich bin mit dir.

Das ist wie eine Lampe, die ich an alles hinhalte, was dunkel ist: Ich bin mit dir. Und es wird hell im Dunkel. Ein Weg wird sichtbar. Und ich empfinde Freude und Mut, um weiter zu gehen. «Ich bin mit dir, ich behüte dich, wohin du auch gehst, ich verlasse dich nicht, bis ich vollbringe, was ich dir versprochen habe.»

 

Aus einem Gottesdienst 2014
Foto von Tom Fournier, Pexels