Wie es neu wird

Wir schreiben ein neues Datum. Ein neues Jahr in unserer Zeitrechnung hat begonnen. Ist es auch eine neue Zeit? Oder kehrt unter dem neuen Datum nur das Alte wieder?

Dazu eine Geschichte aus dem alten Persien: Es war an der Zeit, das Neujahrsfest vorzubereiten. Der König wies den Haushofmeister an: „Ich möchte, dass es ein wirklich königliches Fest wird: die berühmtesten Gäste, die besten Weine, Köstlichkeiten aus allen Landesgegenden!“ Die Diener schwärmten aus und brachten das Beste und Teuerste aus allen Provinzen des Landes. Aber der König war nicht zufrieden.

„Im letzten Jahr habe ich ein Fest gegeben, das nicht zu überbieten war. Aber die ganze Stadt sprach nur von der Feier bei Ramun, dem Maler. Da wurde getrunken und gelacht die ganze Nacht bis zum Morgen. Im Jahr davor war es dasselbe. Ebenso im Jahr davor und davor. Einmal muss es mir doch gelingen, diesen Wurm zu übertrumpfen. Bin ich nicht der König?“

Einer der Diener, ein kluger Mann, verneigte sich tief und fragte: „Mein König, habt Ihr je mit dem Maler gesprochen? Es muss doch einen Grund geben, warum die Leute sein Fest so lieben, obwohl sie in einer schäbigen Hütte stattfindet und sie das Essen selber mitbringen müssen und nur billigen Wein trinken.“ Der König nickte stumm und sagte: „Gut, schafft mir diesen Ramun heran.“ Und so geschah es.

„Warum lieben die Menschen dein Neujahrsfest so?“ fragte der König. Darauf der Maler: „Wir sind Freunde und brauchen einander – das ist alles.“

Das ist die Antwort auf die Frage: wie es neu wird bei uns. So kann sich etwas verändern. Wenn wir begreifen, dass wir einander wirklich brauchen, dann beginnt eine neue Zeit.

 

Aus Notizen 2012
Nach einer Geschichte von W. Hoffsümmer
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