Das Leben von Gott her erzählen

Auffahrt ist Teil eines grossen Erzähl-Zusammenhanges.

Da wird erzählt:

  • Wie Gott alles schuf; wie Leid und Tod ins Leben traten; Wie der Mensch Gott sucht und aus eigener Kraft nicht zurückkehren kann.
  • Wie Gott vom Himmel zur Erde kommt; wie er Mensch wird und sein Schicksal teilt; wie er stirbt, aufersteht und zum Himmel zurückkehrt.
  • Wie er bei uns bleibt in der Gegenwart Gottes: im „Heiligen Geist“. Wie er uns begleitet durch die Geschichte in der Feier der Kirche.
  • Wie er wieder kommt; wie er das Reich Gottes aufrichtet; wie die Schöpfung zur Vollendung kommt und Sabbat feiert.

Ein Heils-Geschehen
Die Auffahrt ist Teil des Heils-Geschehens, das damit ausgedrückt wird:

  • Wie die Sterblichkeit eine Antwort erhält.
  • Wie der Mensch eine Geschichte erhält, die über seine Erfahrungsgrenzen hinausgeht: schon vor der Geburt, bis nach dem Tod.
  • Er wird verankert in einem Ursprung und erhält eine Heimat.
  • Der Ursprung liegt nicht bei ihm, es kommt nicht aus seinem Tun.
  • Die Heimat ist nicht, was er schaffen oder verlieren kann. Er gehört ihr an.
  • Das Leben wird zu einer Reise, einem Weg.
  • Das Ziel ist gegeben, er erhält Hilfe auf diesem Weg.

Der ganze Zusammenhang ist ein Heilsgeschehen. Teils wurde auch jedem Abschnitt Heils-Bedeutung zugemessen, für die Auffahrt insbesondere:

  • Der Herabgekommene kehrt in den Himmel zurück.
  • Der Erniedrigte wird erhöht, der Gedemütigte wird aufgerichtet, der Verlorene wird gefunden.
  • Der zu Unrecht Verurteilte wird in seinem Ruf wieder hergestellt. Der Weg kommt ans Ziel

Der Mensch als „grosse Erzählung“
Wer das Leben eines Menschen von Gott her erzählt, beginnt nicht mit der Geburt, sondern mit dem Anfang aller Zeiten. Er endet nicht mit dem Tod, sondern mit der Vollendung aller Dinge. Was wir als bürgerliche Biographie kennen, wird eingefügt in einen grossen Rahmen. Und das zufällige Ding, das Mensch heisst, erhält eine absolute Bedeutung. Wir haben diesen Blick durch 200 Jahre Religions- und Metaphysik-Kritik verlernt.

Wer Menschen verheiratet, wer Kranke besucht, wer Verstorbene beerdigt, der findet aber noch ein anderes Denken. Wer Menschen begleitet, der stösst auf eine Intuition, als ob das Leben gelingen müsste, auch wenn es immer wieder scheitert oder am Rande steht. Und diese Intuition ist nicht dann am stärksten, wenn alles zu gelingen scheint. Nein, gerade am dunkelsten Punkt wird das „Trotzdem“ deutlich: dass das Leben regelhaft gelingen soll, nicht nur in Ausnahmefällen. Gerade wenn die Gerechtigkeit mit Füssen getreten wird, spüren sie, dass es so etwas wie Gerechtigkeit geben muss. Wenn die Wahrheit verlacht und verspottet wird, wird sie am meisten vermisst und es zeichnet sich klar ab, was ihre Umrisse sein müssten.

Aus dem Buch 36 Ansichten vom Berg Fuji. Notizen 2009.