Der Berg

Eintreten
in die Mitte
in die Stille
in die Gegenwart
im Einklang sein

Dasein
Von Gott reden können wir fast nur, wenn wir mit ihm im Gespräch sind. Im Gebet machen wir uns auf für seine Gegenwart. Wir werden ruhig, wir stellen uns in sein Licht wie Blumen, die sich der Sonne öffnen. Hier können wir spüren, was gemeint ist: in der Mitte sein, zur Ruhe kommen, im Einklang sein.

Im Gebet dürfen wir ihm übergeben, was uns beschäftigt. Wir wissen uns verstanden und angenommen. Er ist da – in seiner Gegenwart wird alles ruhig, was sich in Unruhe verzehrt. Da sind Erinnerungen aus der Vergangenheit, die uns gefangen halten. Da sind Sorgen, die schon in die Zukunft gehen. Ihm dürfen wir alles anvertrauen. Er nimmt es in die Hand. Und wir finden, was wir brauchen.

Von Gott her kommt uns jemand entgegen: Jesus Christus. Im Gebet ist er wie ein „Du“, wir können mit ihm sprechen: am Morgen vor dem Aufstehen, am Abend, wenn wir den Tag abschliessen. Er ist da, er begleitet uns, ist mit uns auf dem Weg. Er geht uns voraus, er weiss den Weg.

Gehen
So ist der Weg der Christen ein Nachfolgen. Nachfolgen ist eine besondere Art des Gehens. Wer Christus nachfolgt, der macht eigene Schritte, er geht seinen Lebensweg und doch kommt er dabei zu einem Ziel, das er aus eigener Kraft nie erreichen könnte.

Das Ziel unseres Lebens, das müssen wir nicht machen. Das steht vor uns, wie der Berg am Horizont. Mächtig steht er da, er verbindet Himmel und Erde. Wir sind auf dem Weg dazu. Und der Weg gelingt uns, wenn wir jetzt schon von dem leben, was wir anstreben. Das ist der Glaube. Er ist ein Stück vom Ziel, während wir noch auf dem Weg sind.

Das Ziel auf dem Weg
Wer sich den Berg zum Ziel nimmt, der ist schon mit dem ersten Schritt in der Landschaft, die zu diesem Berg gehört: Er lässt die Häuser und Strassen hinter sich, den Lärm. Er tritt in die Stille ein, Vögel singen, Blumen blühen am Weg. Wer Augen hat dafür, der sieht das Grosse auch im Kleinen. Es ist ja nicht klein, es ist von derselben Art wie der Berg, der da vorne in den Himmel ragt.

Und vom Berg her kommt uns der Fluss entgegen. Erst ist es nur eine Quelle, dann wird sie grösser. Sie bringt das Wasser bis zu uns, die wir noch auf dem Weg sind. So können wir jetzt schon unseren Durst stillen, an dieser Quelle, auch wenn wir noch unterwegs sind. Im Gebet, im Glauben, erfahren wir immer neue Kraft. Wir können uns anschliessen an der Quelle. So gehen wir unsern Weg.

 

Aus Notizen 2009

Vom Berg handelt auch Psalm 43, der am Sonntag Judica gelesen wird:
«Sende dein Licht und deine Wahrheit, sie sollen mich leiten, mich bringen zu deinem heiligen Berg und zu deinen Wohnungen. So will ich hineingehen zu Deinem Altar, zum Gott meiner Freude. Jauchzend will ich dich preisen, Du bist mein Gott.»

Ein japanisches Bild in der Passionszeit?
Wer sein Leben religiös lebt und japanische Kunst liebt, der wird das irgendwann im Zusammenhang sehen. Er wird nicht auf die Idee verfallen, christliche Meditationen zu den Ansichten vom Berg Fuji verfassen zu wollen, es ergibt sich einfach. Wer die Bilder zum Fuji betrachtet, spürt, dass sie einer religiös bestimmten Kultur angehören. Um sie zu verstehen, muss man nicht Japaner werden, aber es hilft, wenn man sich der eigenen religiösen Wurzeln bewusst wird. So ist es nicht abwegig, in dem Berg, der wie eine Achse Himmel und Erde verbindet, auch Jesus Christus zu sehen. Das ist der Name, den die Christen kennen.

Bild: Utagawa Hiroshige. Die Izu Berge. Aus 36 Ansichten des Berges Fuji.