Die spinnen, die Römer

Die spinnen, die Römer. Eben noch war Hysterie auf allen Kanälen. Alle möglichen Endszenarien wurden durchgespielt, vom Klima zur Energie, von der Seuche zum Krieg. Plötzlich ist Stille, der Laden ist zu, die Strassen sind leer, alle stecken in Ferienorten, nachdem der Gotthard tagelang im Stau stand und Flughäfen im Andrang erstickten.

Ich mache mich nicht lustig, das kenne ich gut: nicht mehr mögen, zumachen und die ersten zwei Tage am Ferienort nur schlafen. Keine Zeitungen, keine Nachrichten, nur aus dem leben, was da ist. Am Morgen holen die Kinder die Brötchen, später geht’s auf eine Wanderung (wenn in den Bergen) oder an den Strand (wenn am Meer). Es gibt nichts anderes.

Irgendwann gibt es eine Rückkehr – das ist noch weit, kein Gedanke! Und wenn die Zeit doch naht, wenn die Tage sich verändern, wenn sie ihre endlose Qualität verlieren und «nur noch drei Tage bis…», «zwei Tage bis…» heissen, dann richtet man sich wieder ein in der eng gewordenen Welt. – Zurück in den Alltag? Zurück ins Alte? Zurück in die Zwänge, die man erst jetzt richtig als Zwänge begreifen lernt, weil man zwei, drei Wochen befreit war?

Ist die Zeit denn anders geworden? Hat sie die Qualität verloren, Lebenszeit werden zu können? Ändert das «Ende», das beschworen wird, ändern die Untergangs-Szenarien etwas an dem, was «Leben» heisst und was ein Versprechen bei sich trägt? Bewegt sich Leben nicht immer zwischen Geburt und Tod? Das galt vor 1000 Jahren, gilt das nicht auch heute?

«Die heutige Zeit»
Die heutige Zeit ist – dies und das, da kann man jetzt alles Mögliche einfügen, es stimmt alles irgendwie und auch das Gegenteil. Es ist jedenfalls auch eine Zeit, in der das Leben ganz gelebt werden kann. Da ist die ganze Herausforderung eines Lebens, wie es das schon vor 1000 Jahren war. Und da ist die Zusage eines ganzen Lebens, wie es auch heute in all den Herausforderungen gelebt werden kann. Und kein Jota geht ab von der Zusage, dass wir das Leben in Fülle finden können.

Und so freue ich mich über die Kinder und die Enkel, die schon da sind und die noch kommen werden. Vielleicht lesen sie einmal «Asterix und Obelix» und lachen bei dem Satz: «Die spinnen, die Römer.» So hiess damals die Welt-Zivilisation. Sie ist untergegangen, etwas Neues kam.

 

Foto von Hoàng Chương, pexels