Gibt es nur eine Art, von Weihnacht zu erzählen?

Viele Anlässe sind abgesagt in der Pandemie des Jahres 2020. Es ist unsicher, ob die Kirchen an Weihnachten offen sind. In manchen Familien wird auch zu Hause die Weihnachts-Geschichte gelesen. Da hören wir von der Volkszählung unter Augustus, der Reise nach Bethlehem und wie sie Herberge suchten. Die Bibel hat aber noch andere Weisen, von Weihnachten zu erzählen.

Wie ist das, wenn Gott zu den Menschen kommt? Was soll das überhaupt sein: Erlösung? Und wie kommt es zu den Menschen? Gibt es überhaupt ein Leiden, das sich so «erlösen» liesse?

Die Erzählung holt immer weiter aus
Was die Menschen mit Jesus erlebten, lässt sich verschieden verstehen. Der Evangelist Markus berichtet von einem «Geist», der bei der Taufe auf den erwachsenen Jesus herabkam. So wurde er «begeistert» zu seinen Taten.

Lukas und Matthäus denken, dass man schon früher ansetzen muss, schon vor der Geburt. Sie erzählen eine Kindheitsgeschichte, ähnlich wie bei den grossen Propheten, die „schon im Mutterleib ausgesondert“ wurden.

Das reicht nicht, um alles zu verstehen, sagt der Evangelist Johannes, und er setzt bei Gott selber an. Schon «am Anfang», vor aller Zeit, war beschlossen, dass die Welt erlöst werden sollte. Das Schöpfungswort kehrt als Erlösungswort wieder und führt sie zu Gott zurück.

Weihnachten im ersten Testament
Das Nachdenken über das Leid der Welt und wie ihm geholfen werden könnte, beginnt aber nicht erst im Neuen Testament. Das Erste Testament zeugt von einer jahrhundertelangen Geschichte, in der Menschen ihre Erfahrungen im Gebet vor Gott bringen und sie so, von ihm her, verstehen lernen. Viel Schönes wird erfahren und die Menschen danken Gott. Aber auch Leid und Unrecht sind da und verlangen Antwort.

Das Exil wird zu einer prägenden Erfahrung. Hier ist das Leid auf einem Höhepunkt, sie erfahren aber auch eine Rückkehr aus dem Exil. Hier gibt es Heil, und das Exil lässt sich doppelt erfahren: als ob Gott abwesend wäre und das Volk von Gott verlassen. War er aber nicht auch anwesend? Konnten sich die Menschen nicht im Gebet an ihn wenden? Hat er sie nicht zurückgebracht?

Lässt sich das Leid nicht vielleicht als Strafe verstehen? Sind es nicht auch eigene Fehler, die die Entwicklung aus dem Ruder laufen liessen? Im Exil werden ganze Verfassungsentwürfe geschrieben, wie das Volk es besser machen will, wenn es zurückkehrt.

Verborgen unter dem Gegenteil
Gott war auch im Exil da, so lernt das Volk vertrauen, wenn er auch oft unter dem Gegenteil verborgen war, unter der Erfahrung von Leid und Unrecht. Er ist bei seinem Volk, er geht mit ihm ins Exil und führt es zurück. So wurden in der Exilszeit auch ältere Erfahrungen durchgearbeitet. Die Sklaverei in Ägypten wird zu einem ersten Exil. Und der Exodus wird zu einer paradigmatischen Geschichte der Begleitung und Bewahrung in grösster Not. Hier wird das Leid durchsichtig auf die Gegenwart Gottes, der unter der Not verborgen ist. Und die Befreiung kann nachempfunden werden, Schritt für Schritt. Sie wird vergegenwärtigt im Gottesdienst, sie leitet das Leben an auch für spätere Geschlechter.

Einbezogen in die Heilsgeschichte
Das greift der Evangelist Lukas später auf. Er bindet Jesus Christus in die Heilsgeschichte des Alten Testamentes ein, indem er ihn diese „rekapitulieren“ lässt. Er erzählt eine Kindheitsgeschichte, in der die Heilige Familie nach Ägypten flieht. So hat er die Flucht des Volkes aus Ägypten mitgemacht. Er war in der Not mit dabei und auf dem Weg ins Gelobte Land.

So kann auch jeder Gläubige sich einbeziehen: Jesus Christus „rekapituliert“ auch meine Geschichte und die aller Menschen. So holt er sie ein, so bringt er mich und sie zurück zu Gott, damit dieser „alles in allem“ sei.

 

Verschiedene Arten, von Weihnacht zu erzählen – im Streiflicht mit diesem Titel (auf der Menü-Leiste «Streiflicht» anklicken) werden einige davon erzählt.

Foto von Lina Kivaka von Pexels