Am Ende wird der Anfang sichtbar

In einer Krise erleben wir die Grenzen unserer Kraft, aber wir erfahren auch das andere, das nicht aus uns kommt. An diesem Punkt beginnt alles umzuschlagen. Am Ende wird ein Anfang sichtbar. Wenn wir an der Grenze stehen mit unseren Möglichkeiten, entdecken wir das andere, das uns trägt.

 

Zwei Sätze haben sich besonders eingeprägt aus dieser Geschichte in der Bibel. Da ist der Zweifel des Volkes: Ist Gott in unserer Mitte oder nicht? Da ist die Zusage Gottes: Siehe, ich sende meinen Engel vor dir her.

Was auch geschieht
Der erste Satz prägt sich ein, weil wir diesen Zweifel ja auch kennen. «Ist Gott in unserer Mitte oder nicht?» Auch wir kennen diese Wüstenstrecken im Leben. Auch wir kennen Momente, wo wir uns von Gott und Welt verlassen fühlen. Und der zweite Satz, die Zusage Gottes: «Siehe, ich sende meinen Engel vor dir her», das fällt uns schwer zu glauben.

Und doch wäre das unsere Sehnsucht, dass wir nicht allein sind auf dem Weg, dass da jemand mit uns ist, zuverlässig. Das ist eigentlich das, was wir brauchten im Leben und wenn wir es hätten, gäbe uns das eine wunderbare Gelassenheit. Wir könnten alles leichter angehen. Das ist das, was wir uns wünschten: die Zuversicht, dass wir nicht verloren gehen können im Leben, was auch geschieht.

Durch alles hindurch
Siehe, ich sende meinen Engel vor dir her“, sagt Gott. Er geht mit auf dem Weg. Er geht mit durch die Wüste. Er geht mit ins Exil. Er geht mit ins Fremde. Im Nachhinein ist es dann klar: Es war nur ein Weg, es war ein Durchgang. Er hatte immer schon ein Ziel im Auge. Er weiss, wohin es führt. Es führt ins Gelobte Land. Im Nachhinein ist es klar. Aber so lang es dauert, ist es furchtbar. Da ist der einzige Halt das Wissen, dass Er „da“ ist. Dass wir nicht allein sind. Dass er mit uns ist auf unserm Weg: in allem, was uns geschieht und durch alles hindurch.

Aber der Weg in der Wüste zehrt die Kräfte auf. Das Volk fühlt sich ausgeliefert. Bald verliert es die Orientierung, es geht in die Irre. Bald sind die Kräfte am Ende. Wo soll da noch Hoffnung sein? Was Menschen vermögen, ist jetzt am Ende. Sie sind verzweifelt, und so geschieht es auch uns manchmal im Leben.

Aber ist das nicht ohnehin unsere Situation? In einer Krise erleben wir die Grenzen unserer Kraft, aber wir erfahren auch das andere: jene Kraft, die uns das Leben gegeben hat und die es trägt.

Am Ende wird ein Anfang sichtbar
An diesem Punkt beginnt alles umzuschlagen. Am Ende wird ein Anfang sichtbar. Wenn wir an der Grenze stehen mit unseren Möglichkeiten, entdecken wir das andere, das uns trägt. Eine neue Kraft wird spürbar, eine neue Hoffnung, aber jetzt viel grösser als die alte. Dort sind wir verbunden mit dem, was Leben gibt und mit der Kraft, die die Sonne in den Weltraum stellt. Dort treten wir in Kontakt mit jenem Geheimnis, aus dem sich das Wunder einer Geburt vollzieht. Dort ist jene Kraft, die auch unser Leben begonnen hat und die auch am Schluss noch da ist. Dort finden wir Kraft und Vertrauen für unseren Weg.

 

Aus Notizen 2013, in Erinnerung an die Verstorbenen
Foto von LExie Blessing von Pexels