500 Jahre Reformation

500 Jahre Reformation. Das wird jetzt hoch gehängt, im Jubeljahr, mit Honoratioren und Professoren. Wer fühlt sich da berufen, auch noch etwas beizutragen? Auf der andern Seite ist es das Allergewöhnlichste. Es geht um den Glauben, um das tägliche Brot, von dem wir leben – als Angehörige dieser Kirche.

Der Blick von oben
„500 Jahre Reformation“. Im Nachhinein kann man die Einflusslinien verfolgen, rückwärts bis in die Antike, vorwärts bis in die Gegenwart. Es ist ein „Mega-Ereignis“ der Kultur. Da zollen sogar die säkularen Medien Tribut und bringen Zweiteiler und Dreiteiler, die dem Ereignis nachspüren. Und die Kirchen rühren mit grosser Kelle an. Mehrere Millionen Franken werden bereitgestellt, ausgewiesene Ausstellungsmacher berufen. Und der Staat steuert einige Millionen aus den Lotteriefonds bei. Ist das nicht auch die Basis, auf der dieser Staat gewachsen ist?

Das Grosse und das Kleine
Der Betrachter bewegt sich auf einer Makro-Ebene. Da geht es um Wirkungen und Einflüsse. Die, die damals gehandelt haben, bewegten sich auf einer Mikro-Ebene. Sie hatten nicht die Wirkung im Sinn, sie folgten ihren Motiven. Der Rest ist Dynamik. Die Glaubensfrage war verquickt mit Finanzfragen, mit dem Ausbau der Landeshoheit, mit dem Widerstand der Fürsten gegen die Krone, mit dem Widerstand von Bauern gegen die Grundherren… Gleich ist man wieder auf der Marko-Ebene. Begonnen hat es aber im Kleinen.

Reformation heute
Gesucht ist heute, wenn man nach der „Reformation heute“ fragt, also nicht „die“ grosse Idee, die Aufsehen erregt und ihre Wellen bis in alle Zukunft wirft. Gesucht ist eine Haltung, die verhält. Dann kann man es dem Heiligen Geist überlassen, ob sich kleine Handlungen vielleicht zu grossen aggregieren.

Und was heute verhält – das spüren wir in der ganzen Aufregung dieser Zeit, wo so vieles unsicher wird, wo so viele Werte mit Füssen getreten werden – das ist: bei sich bleiben, das Vertrauen nicht wegwerfen, jeden Tag die richtige Haltung aufbauen. Eine Haltung, die aus einer Kultur des Vertrauens fliesst und diese weiterträgt, eine Kultur, in der die eigene Würde geachtet wird aber auch die des andern.

 

Zum Reformationstag 31. Oktober (D), 5. November (CH)