Wenn unser Leben ankommt

Wie ist es, wenn unser Leben ankommt? – Die Bibel erzählt, wie Christus über Land zieht. Eines Tages kommt er zu einer Stadt, und wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht: Er kommt, von dem alle so wunderbare Dinge erzählen: dass er Kranke heile und Aussätzige berühre. Stumme könnten wieder reden und Lahme gehen. Er habe sogar einem Toten das Leben wieder gegeben.

Alle in der Stadt laufen hin, sie wollen ihn sehen, sie wollen dabei sein. Unter diesen Leuten war auch ein Mensch, der zweifelte an sich selbst. So vieles war ihm unter den Händen zerbrochen. Er stellt sich hinten an, hinter all den andern Leuten, die am Wege stehen.

Aber weil er dort hinten nichts sieht und weil er klein ist, klettert er auf einen Baum. Und als er so da oben sitzt, geht es nicht lange, da kommt der, den alle erwarten. Er kommt durch die Strassen, er zieht in die Stadt ein. – Jetzt muss alles gut kommen, sagen die Leute. Wenn Gott kommt, wird alles gut. Und sie denken, er werde zum Rathaus gehen, zu den Angesehenen und Einflussreichen. So war es bisher immer, wenn ein hoher Gast kam.

Aber der Gast kommt an dem Baum vorbei, auf dem der Mensch sitzt. Er sieht zu ihm hinauf, er schaut ihn an und sagt zu ihm: Bei dir muss ich heute zu Gast sein!
Die Leute staunen, und auch der Mensch auf dem Baum ist völlig überrascht. Er ist als Zuschauer gekommen, obwohl – wenn man genau hinsehen würde, warum er denn so angezogen wurde, warum er unbedingt dabei sein wollte – dann würde man auch bei ihm Hoffnungen finden. Auch er trägt ein Bild in sich, wie es eigentlich kommen müsste im Leben, nur will es ihm nicht gelingen.

Er hat gelernt, sich hinten anzustellen, sich nicht so wichtig zu nehmen. Und jetzt kommt der, der von Gott herkommt, und er will zu ihm! Er ist gemeint! Sein Leben ist nicht gleichgültig, etwas, an dem man vorbeigeht. Sein Leben ist wichtig. Sein Leben ist Gott wichtig.
Die Leute rundum murren. Da hätte es andere gegeben, sagen sie, die es mehr verdient hätten, Leute die ein Verdienst vorweisen. Bei denen hätte er zuerst vorbei gehen müssen. Leute, die auch im Volk etwas zählen.

Da sagte Christus: Heute ist Rettung zu diesem Haus gekommen. Auch er ist ein Kind Abrahams. Darum bin ich gekommen, damit das, was krank ist, heil wird. Ich will aufrichten, was niedergedrückt ist. Und was verloren ist, will ich suchen. Darum bin ich gekommen: um zu retten. (Lk 19, Ez 34)

Es kommt nicht so sehr auf unser Verdienst an, sagt uns diese Geschichte. Dieses richtet wenig aus. Niemand hat sein Leben selber gemacht, niemand kann es verlängern, wenn es an der Zeit ist. Das, was unser Leben ausmacht, liegt nicht wirklich in unserer Hand. Es kommt ohne unser Verdienst, es ist wie ein Geschenk.
Es kommt aus einem Ursprung, den wir nicht kennen, und es ist in dieser Wirklichkeit aufgehoben.

Darum dürfen wir Hoffnung haben für unser Leben – auch dort, wo wir mit unseren Möglichkeiten am Ende sind. Darum sollen wir unsere höchsten Hoffnungen für das Leben aufrecht erhalten: dass es gelingt, dass wir ankommen.
Auch für uns gibt es Vergebung und Respekt und Zuneigung. Auch wir sollen zum Frieden finden, dass alles einmünden kann in eine grosse Dankbarkeit.

Und so dürfen wir an die Menschen zurückdenken, die gestorben sind: Sie sind aufgehoben bei Gott. Bei ihm haben sie eine Heimat über alles Verstehen hinaus. Bei ihm findet ihr Weg ins Ziel. Gott sagt: Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir. Ich will dich nicht verlassen noch preisgeben. Ich bin mit dir auf allen deinen Wegen. Amen

 

Zum Feiertag Allerseelen (kath., 2. November),
zum Toten-Sonntag (ref., letzter Sonntag vor Advent)