Die ökologische Zerstörung als Versuchung des Glaubens

Gespräch von Gott und Teufel vor dem Vorhang, bevor das Stück anfängt

Das Buch Hiob, ein Weisheitsbuch des Alten Testamentes, fügt die Hiob-Tradition in eine Rahmenhandlung ein. Bevor das Drama um Heil und Unheil beginnt, treffen sich die himmlischen Mächte vor dem Vorhang und es entspannt sich ein Dialog zwischen Gott und Teufel. (Goethe wird das später imitieren, er setzt vor das Faust-Drama einen «Prolog im Himmel».)

 

Worum geht es in dem Stück?
Worum geht es denn in diesem ganzen Drama? Was ist letztlich entscheidend? Das wird hier verhandelt. Gott und Teufel gehen eine Wette ein. Verliert der Mensch den Glauben? Kann er der Verzweiflung widerstehen, wenn all die Leiden über ihn kommen, die das Leben auf dieser Welt für ihn bereithält? – Ich kann die Geschichte heute nicht anders lesen als unter Bezug auf die Leiden, die die Menschen heute schrecken: Klimawandel, Artensterben.

Versuchung
Der Teufel „versucht“ Hiob nicht nur, indem er ihm alles wegnimmt, was zu seinem persönlichen Leben gehört. Er nimmt ihm auch das Vertrauen weg, dass die Welt erhalten bleibe. Er gibt ihm die Angst ein, dass die Menschen das Leben durch ihre Schuld zerstören und die Angst, dass der Weg der Menschheit im Dunkeln endet.

Wenn er das alles verliert, glaubt er dann auch noch an Gott?

Das sind die drei denk- und lebens-notwendigen Intuitionen. Was ist, wenn sie verneint werden? Sie werden kontrafaktisch geglaubt. Sie beziehen sich auf Ganzheits-Aussagen, die in der relativen Erlebniswelt gar nie „faktisch“ werden können:

  • dass die Welt ihren Bestand hat unabhängig vom Menschen;
  • dass der Weg der Menschheit nicht im Dunkeln endet.
  • dass das eigene Leben gelingt, dass es ein „Ankommen“ gibt, so wie Odysseus nach seiner Reise ankommt, wo all die Intuitionen von Gerechtigkeit und Leben, von Zugehörigkeit und Würde, von Ich und Du, von Ansprechbarkeit und Antwort in Erfüllung gehen.

Es sind Hoffnungen, Voraussetzungen für das Leben-Können. Sie sind von vornherein auf Glauben angelegt, es sind Intuitionen, die „empirisch“ weder zu beweisen noch zu widerlegen sind. Wenn sie „eintreffen“ (am «Ende der Geschichte») wird das Bisherige aufgehoben. Individuum, Welt und Menschheit sind Teil einer Ganzheit, die die Totalität des Vorhandenen übersteigt. Sie verdanken sich – biblisch gesprochen – einem welt-überlegenen Gott, sind keine Entfaltungen bloss-weltlicher Prinzipien, sie finden Ziel und Wert in der Zugehörigkeit zu diesem welt-überlegenen Gott.

 

Hiob

Es war ein Mann im Lande Uz, der hiess Hiob. Der war fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und mied das Böse. (…) Es begab sich aber eines Tages, da die Gottessöhne kamen und vor den Herrn traten, kam auch der Satan mit ihnen. Der Herr aber sprach zu dem Satan: Wo kommst du her? Der Satan antwortete dem Herrn und sprach: Ich habe die Erde hin und her durchzogen.

Der Herr sprach zum Satan: Hast du achtgehabt auf meinen Knecht Hiob? Denn es ist seinesgleichen nicht auf Erden, fromm und rechtschaffen, gottesfürchtig und meidet das Böse. Der Satan antwortete dem Herrn und sprach:

Meinst du, dass Hiob Gott umsonst fürchtet? Hast du doch ihn, sein Haus und alles, was er hat, ringsumher bewahrt. Du hast das Werk seiner Hände gesegnet, und sein Besitz hat sich ausgebreitet im Lande. Aber strecke deine Hand aus und taste alles an, was er hat: Was gilt’s, er wird dir ins Angesicht fluchen!» (Hiob,1,1ff)

 

Aus Notizen 2014
Bild: Hiob, William Blake