Sturz der Götter

Ich lese abends in der Bibel und stosse auf Psalm 82: Gott stürzt die anderen Götter! Einen solchen Göttersturz gibt es auch in anderen Religionen. Interessant sind hier die Kriterien:

«Wie lange noch wollt ihr ungerecht richten und die Frevler begünstigen? Verschafft Recht den Unterdrückten und Waisen, verhelft den Gebeugten und Bedürftigen zum Recht! Befreit die Geringen und Armen, entreisst sie der Hand der Frevler!»

Recht und Gerechtigkeit
Recht und Gerechtigkeit, ein Zusammenleben in Solidarität und Frieden – das steht hier schon am Anfang der Göttergeschichte. Der Kampf gegen Unterdrückung, Unfreiheit und soziale Bedrückung ist das Fundament der biblischen Botschaft, wie sie hier vorgetragen wird. Es erscheint als eine nicht hinterfragbare Kategorie des Glaubens wie des Zusammenlebens in einer Gemeinschaft, die sich nach biblischem Glauben ausrichtet.

Göttersturz

82,1 Ein Psalm Asafs.
Gott steht auf in der Versammlung der Götter,
im Kreis der Götter hält er Gericht.
2 «Wie lange noch wollt ihr ungerecht richten
und die Frevler begünstigen?

3 Verschafft Recht den Unterdrückten und Waisen,
verhelft den Gebeugten und Bedürftigen zum Recht!
4 Befreit die Geringen und Armen,
entreisst sie der Hand der Frevler!»

5 Sie aber haben weder Einsicht noch Verstand,
sie tappen dahin im Finstern.
Alle Grundfesten der Erde wanken.

6 «Wohl habe ich gesagt: Ihr seid Götter,
ihr alle seid Söhne des Höchsten.
7 Doch nun sollt ihr sterben wie Menschen,
sollt stürzen wie jeder der Fürsten.»

8 Erheb dich, Gott, und richte die Erde!
Denn alle Völker werden dein Erbteil sein.

Nicht Mythos sondern Gerechtigkeit
Das Mythologische – der Kampf der Götter – das gab es in vielen antiken Parallelen. Vielleicht kam es dem Verfasser (Asaf steht für ein prophetisches Profil, er berichtet in den Psalmen 73-83 von der Exils-Katastrophe) nicht darauf an. Er benutzte diese Aussagen, die damals wohlbekannt waren, um einen anderen Inhalt in diese Bilder zu packen.

Und dieser Inhalt ist sehr markant und scharf profiliert. Es geht um das prophetische Anliegen von Recht, Gerechtigkeit und sozialer Verpflichtung. Das ist umso deutlicher, wenn man diese „Götterkritik“ mit der antiken Aufklärung etwa im alten Griechenland vergleicht, wo die Kritik an den Göttern an ihrem „unsittlichen Lebenswandel“ festgemacht wird.

Aus Notizen 2014
Foto von Kindel Media von Pexels