Lachen oder Weinen?

Wir haben den Film „Melinda und Melinda“ von Woody Allen gesehen. „Ist es eine Tragödie? Ist es eine Komödie? Es liegt im Auge des Betrachters.“ Die Rahmen-Erzählung handelt von zwei Schriftstellern, die sich über diese Frage streiten. Ist das Leben zum Lachen oder zum Weinen? Es lässt sich so oder anders erzählen.

Die Daten fügen sich. Es gibt so etwas, wie eine übergeordnete Erzählung, die uns das Leben aufschlüsselt, die aber selber nicht ins Bewusstsein tritt wie die Fensterscheibe, die den Blick freigibt, aber selber nicht gesehen wird. Sie gibt den Rahmen für alles, was sich darin abspielt. Der Rahmen deutet, was darin sichtbar wird.

Eine andere Deutung
Die Deutung macht aus dem Widerfahrnis das „Ereignis“, das wir „erleben“. Wir schwören auf die „Fakten“, aber diese sind schon gedeutet, und sie fügen sich auch einer anderen Deutung. Darum kann sich das Leben auch verändern in seinem Verlauf. Die harte Faktizität der Fakten ist nicht hart. Sie sind eingebettet in den weichen Strom der Deutungen, die diese umspülen wie ein Bach die Steine. Und so lernen wir, das Leben anders zu deuten, wenn wir älter werden, wenn wir neue Haltungen lernen.

Aber das Leben wird wirklich anders, wenn wir älter werden. Es wird nicht nur „vergoldet von der Nostalgie des Alters“, wenn wir wirklich zu Vergebung finden, zu Dank und Versöhnung. Es wird anders, wenn wir den Glauben kennen lernen.

Eine andere Wirklichkeit
Das fehlt in dieser Alternative von Woody Allen. Es gibt nicht nur die tragische und die komische Deutung des Lebens. Man muss sich nicht nur entscheiden zwischen tragischem Scheitern und komischem Verzichten. Es gibt die religiöse Deutung. Die Erlösungs-Religion kennt keine tragischen Konflikte. Sie lässt niemanden als bitteren Clown am Rande zurück.

Der Konflikt wird gewissermassen auf Christus konzentriert. Und er wird aufgehoben in den Heilstaten, wenn das Absolute in das Relative eingeht, wenn das Relative in das Absolute aufgehoben wird. So gibt es Recht und Wahrheit und Schönheit und Gnade. Und das Gebrochene wird heil, das Krumme gerade, das Tote wird auferweckt. Und was gescheitert ist, es wird wieder heil, weil Gott die Geschichte rückwärts laufen lassen kann. Weil er ein Gott des Anfangs ist, weil die Schöpferkraft einen neuen Anfang wirkt. Weil das Absolute uns ins Ganze versöhnt, so dass auch Anfang und Ende relative Begriffe werden.

 

Aus Notizen 2014
Foto von Norbert Kundrak von Pexels