Sie reichen der Welt die Kündigung ein

Früher hiessen sie „Aussteiger“. Sie wollten nicht mehr mitmachen in dieser Arbeitswelt, in der man sich selbst verlor. Sie suchten eine Alternative, zogen sich in die Berge zurück, auf eine Alp, oder in eine Alternativ-Kneipe mit Selbstverwaltung. So sollte die Arbeit wieder Freude machen, ohne Arbeitsteilung und Hierarchie, in selbstbestimmter Lebensweise. Manche verzichteten auch auf die Annehmlichkeiten dieses Lebens und zogen sich in ein asketisches Leben zurück. Sie reichten der Welt die Kündigung ein.

Inzwischen ist der Zweifel gewachsen, die analysierten Probleme sind grösser geworden. Die Globalisierung hat nicht nur die sozialen und wirtschaftlichen Fragen einer ungeheuren Dynamik unterworfen, die Welt vermag die ökologischen Folgen nicht mehr zu ertragen. Die Diskussion hat die Systemdebatte hinter sich gelassen. Ob „Sozialismus“ oder „Kapitalismus“, die Suche nach einer Lösung für Artensterben und Klimaveränderung geht darüber hinaus. Die gesuchte „Alternative“ müsste viel tiefer gehen. Grundsätzliche Wertorientierungen des Menschen sind offenbar verantwortlich, dass die Zivilisation diesen zerstörerischen Entwicklungspfad genommen hat. So die heutige Debatte.

Aussteigen oder „transformieren“
Annette hatte genug. Ich besuchte sie in den Bergen. Sie lebt mit ihrer Familie in einem alten Haus, das sie selber umgebaut haben. Sie verzichten auf vieles. Aber sie brauchen doch ab und zu etwas von dieser «andern» Welt. Darum arbeiten sie Teilzeit in der normalen Wirtschaft. Aber sie leiden darunter. Mit jedem Schritt trägt man dazu bei, die Welt zu zerstören. So sagt sie. Mit jeder Handlung ist man Profiteur einer ungerechten Weltwirtschaftsordnung und lebt auf Kosten von Benachteiligten. Man lehnt diese Situation ab und kann ihr doch nicht entfliehen, so kommt man dazu, sich selber ablehnen zu müssen.

Drinbleiben geht nicht, Aussteigen geht nicht. Ein Ausweg wäre, wenn die ganze Wirtschaft sich veränderte. Das wäre nicht nur hilfreich für die Menschen und ihre Arbeitsverhältnisse, das wäre eine Antwort auf die weltweiten Ungerechtigkeiten und die Schädigung der Umwelt. Das Wort, das dafür umgeht, ist «Transformation».

 

Zum Thema „Transformation“ beachten Sie das Streiflicht «Ein Zauberwort».

Foto von Vladislav Shurgin