Unwahrscheinlich

In der Bibel stehen viele unwahrscheinliche Geschichten: dass Gott mitten am Tag die Sonne angehalten hat. Dass Jesus auf dem Wasser gegangen ist. Dass eine Jungfrau ein Kind bekommen hat… Die Bibel hat Freude daran. Ja, es ist, als ob sie uns ein bisschen ärgern wollte mit unserem Verstand. Sie hat besondere Freude an Geschichten, die uns Menschen ganz und gar unmöglich vorkommen.

Und gerade um Advent und Weihnacht herum erzählt sie solche Geschichten. Eine davon möchte ich herausgreifen. Lassen wir uns doch anstecken von ihrer Freude! Sie führt uns in eine andere Zeit und zu einem andern Ort.

Es ist Sommer im Vorderen Orient, und es ist heiss. Abraham hat einen guten Platz gefunden für seine Herde. Er lässt sie lagern. Da ist ein Hain, es gibt Schatten und eine Quelle. Auch Futter gibt es hier genug. Für sich und seine Frau Sara hat er ein Zelt aufgeschlagen. Sie haben zu Mittag gegessen und ruhen sich aus. Es ist heiss geworden.

Abraham sitzt am Zelteingang und döst vor sich hin. Er und Sara sind glücklich. Sie beklagen sich nicht. Sie sind dankbar für alles, was sie haben. Nur, der grösste Wunsch ihres Lebens, der ist ihnen bisher versagt geblieben: Sie haben keine Kinder bekommen, und jetzt sind beide schon alt. Wie wird das weitergehen? denkt Abraham. Ein Verwandter wird seine Stelle einnehmen, da er ja keine Erben hat. Seine Verwandtschaft wird für ihn sorgen.

Als Abraham den Kopf hebt, sieht er drei Männer vor sich stehen. Wo kommen diese so plötzlich her? Er hat sie gar nicht kommen sehen. Er steht auf, geht ihnen entgegen und verneigt sich, wie es üblich ist nach den Regeln der Gastfreundschaft. „Herr“, sagt er, „habe ich Gnade gefunden vor deinen Augen, so gehe nicht an deinem Knecht vorüber. Man soll euch ein wenig Wasser bringen, eure Füsse zu waschen. Lasst euch nieder unter dem Baum. Ich will euch einen Bissen Brot bringen, dass ihr euer Herz labt; danach mögt ihr weiterziehen.“

Abraham geht ins Zelt. Sara soll Kuchen backen für die Gäste. Er selber geht zum Vieh, das im Schatten der Bäume liegt. Er sucht sich ein Kalb aus und lässt es vom Knecht zubereiten. Dann bringt er alles zu den drei Gästen.

Nach dem Essen, an der Stelle, wo Gäste sich gewöhnlich erkenntlich zeigen, fragen sie ihn: „Wo ist Sara, deine Frau?“ – Seltsam, woher wissen diese drei Fremden den Namen seiner Frau? – Sie sei drinnen im Zelt, sagt er.

Und der Gast sagt: „Ich will wieder kommen, heute in einem Jahr. Dann soll deine Frau Sara einen Sohn haben.“ Das ist wohl das Gastgeschenk, das er geben will. Aber was für ein seltsames Geschenk?

Sara im Zelt hat es gehört. Und sie lacht bei dieser Ankündigung. Sie nimmt wohl an, dass der Gast als Geschenk einen Segen über sie ausgesprochen hat. Aber der Fremde weiss wohl nicht, wie alt sie ist! „Warum lacht Sara?“ fragt der Gast. „Sollte dem Herrn etwas unmöglich sein? – Um diese Zeit übers Jahr will ich wieder zu dir kommen; dann soll Sara einen Sohn haben.“

Und so hört die Geschichte auf:
„Und der Herr suchte Sara heim, wie er gesagt hatte, und tat an ihr, wie er geredet hatte. Und Sara ward schwanger und gebar dem Abraham einen Sohn. Und Abraham nannte seinen Sohn Isaak (d.h. „er wird lachen“). Hundert Jahre war Abraham alt, als ihm sein Sohn Isaak geboren wurde. Und Sara sprach: Gott hat mir ein Lachen bereitet.“

Und jetzt bekommt das Lachen einen anderen Klang. Aus dem Lachen des Unglaubens wird ein Lachen der Freude und des Glücks. So heisst es in einem Psalm – und damit endet diese Geschichte:

 

„Wenn der Herr wendet unser Geschick,

dann werden wir sein wie die Träumenden.

Dann wird unser Mund voll Lachens

und unsere Zunge voll Jubels sein.

Und man wird sagen unter den Völkern:

Der Herr hat Grosses an ihnen getan!

Ja, der Herr hat Grosses an uns getan;

darum sind wir fröhlich.“ (Ps 126)