Reine Gegenwart

Es gibt wohl keinen Gott, sagen sie. Er lässt sich nicht erkennen. Für die Gläubigen ist Gott gegenwärtig. Dort lässt er sich finden. Auf dem schmalen Grat zwischen Vergangenheit und Zukunft, wenn man sich dort einfindet, in der Gegenwart.

«Jetzt» – wie schnell ist es vergangen. Man kann es nicht antippen, nicht messen, schon ist es vorbei. Man kann keine Blatt dazwischen schieben, zwischen Vergangenheit und Zukunft. Es scheint wie nichts.

Und doch ist es alles. Alles geht durch diese Pforte, was Zukunft werden will. Alles ging hier durch, was wir aus der Vergangenheit kennen. Die ganze Welt hat hier Platz, alles Leben.

Es gibt nichts, was nicht hier durchgeht durch dieses Tor der Gegenwart. Aber man kann sie nicht fassen. Sie ist nicht lang, nicht kurz. Wer sie messen will findet nichts. Die Zeit geht gegen Null. Man kann nicht sagen, dass es Gegenwart «gibt».

Gott «gibt» es nicht. Und doch ist er alles. Die ganze Welt hat hier Platz, alles Leben. Es gibt nichts, was nicht hier durchgeht durch dieses Tor der Gegenwart. Aber man kann sie nicht fassen. Sie ist nicht lang, sie ist nicht kurz. Wer sie messen will, findet nichts. Die Zeit geht gegen Null.

«Actus purus» sagten die Altvorderen. Gott ist reiner Akt. Wer sich vor Gott stellt, findet zur Gegenwart. Wer gegenwärtig wird im Gebet, empfindet etwas von heiliger Präsenz. Er kann sich hineinstellen, alles vor Gott hinstellen im Gebet. So kann man sich finden, vor Gott. Aber messen und packen kann man das nicht.

Wer in der «Es-gibt-Sprache» davon reden will, müsste sagen: Es gibt etwas, das es nicht gibt.

 

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