Vielerlei Herren

Wie ein Nachklang auf Weihnacht kommen am Mittwoch noch die drei Könige. Als ob sie nicht nur zum alten Jahr gehören wollten, sondern auch zum neuen. Könige brauchen wir nicht, das Thema Herrschaft sind wir aber noch nicht los. Und wo niemand sichtbar die Verantwortung für etwas übernimmt, schleichen sich unsichtbare Herrschaftsformen ein.

Da sind Herren, die sich etwas unterwerfen. In das neue Jahr wollen wir aber frei eintreten, damit wir dieses Stück Leben, das vor uns steht, frei bestimmen können. Damit das Jahr, wenn es denn um ist, uns gehört und wir es nicht verbraucht haben im Dienst fremder Mächte.

Die drei Könige sind immerhin seltsam. Anders als König Herodes suchen sie den neuen König nicht, um ihn zu beseitigen. Anders als Herodes, haben sie es nicht auf ihre eigene Herrschaft abgesehen. Sie suchen den neugeborenen König, um ihm zu „huldigen“. Sie suchen einen König, der grösser ist als sie. Und sie kommen erst zur Ruhe und zum Frieden, wenn sie seine Herrschaft anerkennen.

Das kann die Phantasie beschäftigen. Was ist das wohl in unserem Leben, was Herrschaft über uns ausübt und was nur zum Frieden kommt, wenn es sich selber unterordnen kann? Das muss jeder für sich herausfinden. Als Vorschlag seien drei Herrscher hier erwähnt: der glänzende, der mächtige und der dunkle König.

Der glänzende König ist unser Ehrgeiz. Er stellt gerne Vergleiche an: Wer ist besser? Das ist der Stolz, wenn etwas gelungen ist. Dann stellen wir unsere Selbstachtung ab auf diesen Erfolg und wir fühlen uns wie Könige. Die Krise folgt, wenn der Erfolg einmal ausbleibt, wenn ein anderer besser ist, wenn wir eine Position verlieren und uns nicht mehr „beweisen“ können. Dann fühlen wir uns wie vernichtet. Wir haben den richtigen Grund noch nicht gefunden, warum wir Achtung haben für uns oder für andere. Darum schwanken wir hin und her, sind mal oben, mal unten. Wir huldigen dem falschen König. Und seine Herrschaft drückt uns.

Der mächtige König in unserem Leben, das ist unser Bedürfnis nach Sicherheit. Ihm opfern wir Zeit und Geld und das halbe Leben. Wir kleiden ihn ein mit Seide und Gold, mit Panzer und Schwert. Aber der Mensch, der alles hergibt für diesen Herrscher, das ist ein verängstigter Mensch. Er fühlt sich nicht wohl in seiner Haut. Frei sein würde heissen: Ich kann überall hingehen, zu jeder Tageszeit, an jeden Ort. Ich muss nichts festhalten, ich finde überall, was ich brauche.

Der dunkle König in unserem Leben, das ist unsere Verzweiflung. Sie ist gut drapiert, wir wissen gar nichts von ihr. Aber sie bricht immer wieder hervor. Es muss uns nur etwas im Weg stehen, etwas nicht laufen, wie es sollte, schon verlieren wir die Beherrschung. Schon zeigen wir, dass wir beherrscht werden von einer fremden Macht: von der Sorge um unser Dasein, von diesen und jenen Ängsten, die immer ein neues Objekt finden, an dem sie sich festmachen können.

Anders die drei Könige. Sie finden Frieden bei einem Herrscher, der grösser ist als sie selbst. In seinem Dienst werden sie frei.

 

Aus Notizen 2009
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