Trostworte aus alter Zeit

Von allen Propheten des ersten Testamentes kommt einem vielleicht keiner so nahe wie Jeremia. Wir verfolgen seinen Weg, hören von seinen Mühen und Infragestellungen, sind mit ihm und freuen uns, wenn er Worte des Trostes findet.

Die Bibel – jedenfalls wenn man sie liest, wie sie von der Kirche überliefert ist, die historische Kritik hat vieles als unecht verworfen – zeigt ihn, wie er Briefe schreibt, ein Trostbüchlein, Klagelieder.

Er begleitet das Volk in den schlimmsten Stunden seiner Geschichte. Und er bleibt selber nicht verschont. Oft wehrt er sich gegen seinen Auftrag, das Volk zu mahnen, es nützt nichts, es zurechtzuweisen, er wird nur selber bedroht, ihm die Strafe anzusagen, das wird gefährlich für ihn und er verflucht den Tag seiner Geburt.

So ist er eine der lebendigsten Gestalten der Bibel. Jesaja mag einem näher kommen, weil er auch die spätere Zeit beschreibt, die Rückkehr aus dem Exil, die Wiederherstellung des Volkes. Er bringt Heilsansagen, die uns vertraut sind aus der Weihnachtszeit. Aber auch bei Jeremia findet man Trostworte und Heilszusagen, auch wenn diese laut Wissenschaft später eingetragen worden sind.

Viele Generationen von Meschen haben mit der Bibel gelebt und mit Jeremia. Sie haben sich in seinen Worten erkannt, ihr Leben in seinen Schilderungen, ihre Hoffnungen in seinen Zusagen. So ist es nicht falsch, wenn wir heute auch in Zeiten der Corona-Krise diesen Propheten aufschlagen. In den Kapiteln 30 und 31 findet sich ein eigentliches «Trostbüchlein». Es ist wie für uns geschrieben.

Zum Mitschreiben
«Schreib dir alle Worte, die ich dir gesagt habe, in ein Buch! Denn seht, es werden Tage kommen – Spruch des Herrn -, da wende ich das Geschick meines Volkes.»

Das ist das Motto für das Trostbüchlein, es ist der Trost damals, als alles verloren ging, an das man sich gehalten hatte. Es darf auch heute als Trost gelten, wenn wir nicht wissen, wie es weitergeht. Gott gibt es uns zum Mitschreiben: «Ich wende das Geschick meines Volkes.» (30,2f)

«An jenem Tag wird es geschehen, da zerbreche ich das Joch auf seinem Nacken; ich zerreisse seine Stricke. Denn ich bin mit dir, um dich zu retten (30,8ff). Ich lasse dich genesen und heile dich von deinen Wunden (30,17). Ich baue dich wieder auf (31,4).

Stufen der Heilung
Viele Stufen einer Heilung werden hier beschrieben, über lange Zeit will Gott sein Volk begleiten, bis es ganz wieder hergestellt ist. Das Trostbüchlein berichtet von der «Rettung des Volkes», von der «Heilung seiner Wunden», von der «Wiederherstellung» und von der «Heimkehr aller Versprengten». Es erzählt von einem neuen Segen, der ausgehen wird, von einem neuen Bund, den Gott mit dem Volk schliessen wird und endet mit der Zusage von «unvergänglichem Heil».

«Seht, ich bringe sie heim aus dem Nordland
und sammle sie von den Enden der Erde, auch Blinde und Lahme,
Schwangere und Wöchnerinnen;
als grosse Gemeinde kehren sie hierher zurück.
Weinend kommen sie und tröstend geleite ich sie.»

Normalität
«Ich führe sie an Wasser führende Bäche,
auf einen ebenen Weg, wo sie nicht straucheln. Denn ich bin Israels Vater.
Dann freut sich das Mädchen beim Reigentanz,
Jung und Alt sind fröhlich. Ich verwandle ihre Trauer in Jubel.» (31,8ff)

Die schönen Tage kehren zurück. Es wird wieder Gelächter geben auf den Gassen und Tanz bei den Festen. Die «Normalität», nach der sich alle sehnen, kommt zurück, wo Menschen sich begegnen «wie früher».

Aber Gott bringt auch Neues. Die Zukunft ist keine Wiederholung. Das Alte ist abgetan. Das Volk soll aufbrechen in das Gelobte Land wie die Väter nach der Auswanderung aus Ägypten.

Altes und Neues
«Kehr um, Jungfrau Israel, kehr zurück in diese deine Städte!
Wie lange noch willst du dich sträuben, du abtrünnige Tochter?
Denn etwas Neues erschafft der Herr im Land.» (31,21f)
Gott will den Boden neu ansäen und die Saat bewachen.

«Wie ich über sie gewacht habe, um auszureissen und einzureissen, zu zerstören, zu vernichten und zu schaden, so werde ich über sie wachen, um aufzubauen und einzupflanzen.» (31,28)

Dann will er einen neuen Bund schliessen, «nicht wie der Bund war, den ich mit ihren Vätern geschlossen habe, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägypten herauszuführen. Diesen meinen Bund haben sie gebrochen.
Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz. Ich werde ihr Gott sein und sie werden mein Volk sein.»

Wenn die Corona-Krise abflaut, ist noch nicht das Ende aller Zeiten nahe, wenn Gott wiederkommt und die Menschen neu geschaffen werden, so dass sie können was sie sollen. Sie werden immer noch beschränkte Kräfte haben und oft an sich verzweifeln.
Aber die Aussicht, dass Gott kommt, dass er am Ende der Geschichte steht, dass die Geschichte der Menschheit nicht im Dunkel endet, das gibt den Menschen Kraft. So halten sie an ihrer Hoffnung fest, und das Vertrauen wird neue Brücken bauen, die Angst und Sorge eingerissen haben.

«Seht, es werden Tage kommen, da wird die Stadt für den Herrn wieder aufgebaut. Sie wird niemals wieder zerstört und eingerissen werden.» (31,38ff)

 

Foto von Khimish Sharma von Pexels