Eine schlaflose Nacht

«In der Nacht vom 7. auf den 8. Tag: Ich wache auf, bin schlaflos. Jetzt ist in Japan Nachmittag, jetzt ist der entscheidende Kampf, ob es gelingt, den Super-GAU abzuwenden. Gebet. Ich liege wach bis zum Morgen.»

So schreibe ich am 18. März 2011 im Tagebuch. Ich lade die Kirchen in unserer Stadt zu einer ökumenischen Gebetsnacht ein und lege ein Kondolenz-Buch auf, wo Menschen ihre Bitten eintragen können.

Aus dem Kondolenzbuch:

«Wir hören immer wieder die Nachrichten
und verstehen doch nicht,
eine ganze Zivilisation steht still, in einem Augenblick.
Menschen sitzen im Dunkeln,
ein Dorf am Meer ist verschwunden,
Schienen, Strassen, Flugplätze sind blockiert.
Das Handy hat keine Verbindung,
Menschen fliehen aus U-Bahn-Schächten,
die Wirtschaft ist lahmgelegt.
Die AKWs haben sich ausgeschaltet,
bei einem Reaktorblock ist die Kühlung ausgefallen,
es droht eine Kernschmelze –
die Menschen beginnen aus ihrem Schock zu erwachen.
Hilfsmassnahmen laufen an.»

Unser Gott, hilf ihnen, hilf uns beim Helfen!»

 

«Fukushima» hat sich in die Erinnerung eingeschrieben. Noch sind die Folgen nicht bewältigt. Die Politik hat seither eine «Energie-Wende» eingeläutet. Doch der Vorfall stellt auch kulturelle Fragen. Dazu finden sich auf diesem Blog unter dem Menu «Streiflicht» einige Texte unter dem Titel «Katastrophen und Wendepunkte».

 

Text aus Notizen 2011
Foto von Lisa Fotios von Pexels