Der Jubel der Gerechtfertigten

Apokalypse und jüngstes Gericht

Der Jubel der Gerechtfertigten, den man in der Apokalypse hört, der ist bereits im ersten Testament zu finden. Lange haben sie gewartet, gelitten und „eingesteckt“. Alles haben sie Gott anvertraut, damit er endlich „aufsteht“ und sich als Richter erweist, dass er eingreift und Recht schafft.

In den Siegesliedern ist dieser Ton zu finden. Anders geht die Welt nicht auf.
Ohne Gerechtigkeit bleibt sie eine Räuberhöhle und ein Hohn auf Gott. Aber jetzt geschieht es, „endlich“, und sei es in einem letzten Moment, der schon nicht mehr zur Geschichte zählt, der mathematisch einem Grenzbegriff gleicht, der aber doch den ganzen Definitionsbereich prägt: Es ist vielleicht erst im „jüngsten Gericht“.

Aber das wirkt nach vorne und hinten. Die Welt wird erlöst, auch bezüglich von Recht und Unrecht, von Leid und Demütigung und falschem Triumph. Gott rückt es wieder zurecht. So kann man aushalten, notfalls ein ganzes Leben lang, notfalls, ohne dass man auch nur ein Quantum davon erlebt, von dieser Gerechtigkeit. Aber die Gewissheit, dass sie kommt, lässt die Leidenden aushalten, es hält die Balance.

Das Reich Gottes hat (in der leidvollen Erfahrung der Zeit, in der hier gesprochen wird) keine „Brückenköpfe“ mehr auf dieser Seite des Lebens. Der Brückenkopf ist fast nur virtuell: in der Gewissheit des Glaubens, die ausstrahlt in die Hoffnung. Sie verleiht die Fähigkeit, zu vergeben, immer wieder aufzustehen und weiter zu gehen. Sie nährt die Kraft, den Menschen zu begegnen und nicht zu verbittern. Sie verleiht die Geborgenheit einer „neuen Unschuld“, so verletzt und entstellt die Gesichter auch sind durch das erlittene Unrecht. Aber sie müssen die Welt nicht in Brand stecken, diese Menschen, sie müssen das höllische Feuer, das sie erleiden, nicht nach aussen tragen. Denn sie vertrauen auf einen Gott, der – trotz allem – das Recht in der Hand hält. Und der aufsteht zum Gericht.

Brutalität in der Bibel
Und so kann man auch die „brutalen Szenen“ würdigen in diesen Texten. Es ist nichts gegen die Filme, die jeden Tag im TV laufen und die auf einer sozialtherapeutischen Ebene am selben Problem arbeiten: an der Erfahrung von Ungerechtigkeit in der Gesellschaft.

Es ist die Genugtuung der Opfer, die gelitten haben und die gerade nicht zur Rache greifen, die gerade nicht Amok laufen, die gerade nicht eine gewalttätige Revolution anzetteln, die gerade nicht einen Wind säen, der nur zu einem Sturm werden kann und mehr Uebel erzeugen als er lösen soll.

Es sind die Menschen, die alles vor Gott getragen haben, all ihr Leiden, all ihre Demütigung und Bloss-Stellung, all ihre Zurücksetzung, den ganzen Betrug, die Falschheit und Lüge, der sie ausgesetzt sind.

„Gott steht auf, seine Feinde zerstieben;
die ihn hassen, fliehen vor seinem Angesicht.
Sie verfliegen wie Rauch verfliegt;
wie Wachs am Feuer zerfliesst,
so vergehen die Frevler vor Gottes Angesicht.
Die Gerechten aber freuen sich und jubeln vor Gott;
sie jauchzen in heller Freude.“ (Aus dem Ps 68)

 

Aus Notizen 2013
Foto von Harrison Haines von Pexels
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