Spiritualität in der Klimakrise

Ein Kind taufen in einer Welt voll ökologischer Ängste?

Wir werden aufgeschreckt durch Meldungen über Umweltkatastrophen: die Wald-Brände in Russland und die Überschwemmungen in Pakistan und in anderen Ländern. In Pakistan sind 15 Millionen Menschen betroffen. Es heisst, es sei „die schlimmste Überflutung“, die es in diesem Land je gegeben. (TA 10.8.2010)

In Russland sind wegen der langen Hitzeperiode über 500 Feuer ausgebrochen. 175.000 ha Wald stehen in Brand. Es heisst, in der Geschichte Russlands habe es überhaupt noch kein solches Ereignis gegeben.

Solche Meldungen machen Angst. Hat das zu tun mit der Klima-Änderung? – Das ist ein aufgeladenes Thema. Es gibt Leute, die malen den Weltuntergang an die Wand.

Das kann uns lähmen, dass wir wegsehen. Wir halten es nicht aus, wir stülpen den Kopfhörer über oder wir machen weiter im Alltag, als ob nichts wäre.

Wir wollen nicht wegschauen, uns aber auch nicht lähmen lassen. Wir wollen auf Gott vertrauen, dass er zu seiner Welt schaut. Dann wollen wir aber auch Verantwortung übernehmen. Wir wollen Verantwortung übernehmen für dieses Kind, das heute getauft wird und für die ganze kommende Generation. Und wir wollen tun, was nötig ist.

Soll das helfen, dass wir die Erde bewahren können? Hilft das Beten? – In diesen Tagen feiern zwei Frauen ein 100jähriges Jubiläum, die diese Welt verändert haben. Beide waren von ihrem Glauben beeinflusst. Beide haben so die Kraft gefunden zu einem grossen Engagement. Die eine ist Florence Nightingale, die am letzten Freitag vor 100 Jahren gestorben ist. Die andere ist Mutter Theresa, sie würde am 26. August 100 Jahre alt.

Florence Nightingale leitete Mitte des 19. Jahrhunderts ein Sanatorium für kranke Gouvernanten in London. Sie entwickelte es zu einem modernen Krankenhaus. Als der Krimkrieg ausbrach bat die britische Regierung sie, die Lazarette auszubauen. In diesem Krieg pflegte sie Tausende von Verwundeten und Kranken. Ihre Arbeit machte sie berühmt. Ihr System der Krankenpflege und Pflegeausbildung setzte sich in England und ganz Europa durch. Als sie vor 100 Jahren starb, schrieb eine Zeitung im Nachruf: „Nur wenige Leben verliefen nutzbringender und anregender als ihres.“ –

Soll man beten oder handeln? Beides! sagte sie. Sie schrieb: „Mir schien es manchmal sonderbar, dass wir beten, von Pest und Hunger verschont zu werden, wenn unsere Abwasserkanäle in die Themse fliessen und weite Landstriche sumpfig bleiben.“ Beten muss von Handeln begleitet werden.

Mutter Theresa (Agnes Gonxha Bojaxhiu aus Mazedonien) war auch vom Glauben bewegt. Sie setzte nicht bei den Strukturen ein. Schon als 12-jähriges Mädchen wollte sie Nonne werden. Später trat sie in einen Orden ein und reiste nach Indien, wo sie zuerst an einer Mädchenschule arbeitete. Ihr Motiv war, am Leiden Christi teilzunehmen. Im Nächsten, der ihr begegnete, sah sie den leidenden Christus. Dieses Leiden wollte sie mit ihm teilen.

So verliess sie ihre Schule, ging in die Slums von Kalkutta. Dort sah sie, was die Kranken und Obdachlosen brauchten. Sie setzte sich ein für Essen, Unterkunft und medizinische Versorgung. 1950 gründete sie zu diesem Zweck einen eigenen Orden, der heute in 133 Ländern aktiv ist. Sie ist 1997 gestorben und schon sechs Jahre später vom Papst seliggesprochen worden.

Beide Frauen haben die Welt verändert. Sie waren von ihrem Glauben beeinflusst, haben darin die Kraft zum Handeln gefunden. Die eine ging von den Strukturen aus und reformierte die Krankenpflege ihrer Zeit. Die andere wollte nach ihrem Glauben einfach das Leben der Ärmsten teilen. Das weitere ergab sich. Sie sah, was diese brauchten. – So muss man nicht streiten: beten oder handeln. Es braucht beides.

So vieles müsste geschehen!
Der Spruch, der nach der Leseordnung der Kirche über dieser Woche steht, heisst: «Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade.» (1. Petr 5, 5) Der Spruch passt zu diesen Gedanken. Er gibt den Rat, dass wir nicht nur auf die eigene Kraft bauen, sondern auf Gott vertrauen.

Bei vielen Menschen, die sich um die Umwelt Sorge machen, sehe ich, dass sie sich vor der Grösse der Aufgaben überfordert fühlen. So viel ist zu tun, so schnell müsste es geschehen! So langsam geht es vorwärts. Da ist die Gefahr gross, dass man resigniert.

Gesucht: eine Bewegung
Es ist viel leichter, sich für etwas einzusetzen, wenn man sich in eine Bewegung einreihen kann. Wenn man sich getragen fühlt von einer Welle, einer Kraft, einem Trend. Wenn man spürt, dass es etwas bringt, was man tut, dass es nicht umsonst ist.

Der Glaube sagt uns, dass Gott seine Welt nicht allein lässt. Die Kraft, die das Leben schuf, ist auch heute wirksam. Sie begleitet das Leben – uns alle und die ganze Welt. In diesem Vertrauen finden wir den Mut, uns einzusetzen. Das ist die Welle, die trägt. Und das fängt damit an, dass wir nicht mehr wegsehen. Dass wir andere unterstützen, die schon tätig sind, so wie Florence Nightingale oder Mutter Theresa. So kommt eine Bewegung in Gang, wo wir uns gegenseitig unterstützen.

 

Zum Eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag
Foto von Josh Willink von Pexels
(Text aus Das Hingabe-Verbot. Notizen 2010)