Da ist Gott im Gegenteil verbogen

Manchmal verändert sich etwas in unserem Leben. Es kommt fast unmerklich, wir spüren, dass wir in etwas Neues hineinwachsen. Neue Aufgaben stehen vor uns. Das Buch des Lebens blättert eine Seite um. Was eben noch war, ist vergangen, etwas Neues steht vor uns. Und wir spüren, wie sich etwas in uns wandelt.

Solche Prozesse können wir nicht einfach „machen“. Wir dürfen aber stillhalten und sie geschehen lassen. Das braucht Vertrauen. Es ist ungewohnt, wenn das Alte nicht mehr da ist. Was uns früher Orientierung gab, hat seine Kraft verloren. Was ein fester Wert war, es gilt nicht mehr. Etwas Neues ist gefragt. Aber wie finden wir das?

Über Wasser gehen?
Wenn sich das Leben so verändert, ist das wie Hinausgehen in ein fremdes Element. Auf dem Wasser können wir nicht gehen. Da ist keine Planke, an der wir uns festhalten können. Wenn dann noch ein Sturm aufkommt, wenn der Wind gegen uns ist, dann brauchten wir Einen, der bei uns ist, der uns Vertrauen gibt, dass es gut kommt.

Nicht immer haben wir dieses Vertrauen. Oder es wurde verletzt. Und doch ist es irgendwo noch da: das Vertrauen, das wir meist unbewusst in uns tragen, dass wir letztlich doch getragen sind, dass da Einer ist, der uns kennt und nach uns schaut.

Als ob wir uns gehalten wüssten
So geht es den Jüngern, als sie in einen Sturm geraten und Jesus nicht bei ihnen ist. Es ist, als ob Gott nicht da wäre. Sie sehen ihn nicht, sie spüren ihn nicht, sie zweifeln und verzweifeln. Da sehen sie, wie Jesus über die Wellen zu ihnen kommt. Sollte das möglich sein, dass man auf den Wellen geht? – Sie halten es für Hirngespinst. Aber Petrus schaut gebannt hin. Das möchte er auch können: in diesem Sturm des Lebens die Ruhe bewahren, als ob wir es auf sicher hätten, dass unser Leben ans Ziel kommt! So über die Stürme des Lebens hin wandeln, als ob wir uns ganz und gar gehalten wüssten, als ob nichts und niemand uns schaden könnte!

Und er ruft: „Bist Du es Meister? Dann ruf mich und lass mich zu Dir kommen!“ An seiner Seite will er das lernen: wie man voll Vertrauen durchs Leben geht. Und Christus ruft ihn. Petrus steigt aus dem Boot. Und er geht über die Wellen. Er geht – und das Wasser trägt! Aber da erlebt er die Gewalt des Sturmes, er sieht die Wellen, die sich heranwälzen und die ihn unter sich begraben werden. Und er bekommt es mit der Angst zu tun. Er sinkt ein und schreit. Christus streckt die Hand aus und zieht ihn hoch. „Du Kleingläubiger, warum zweifelst du?“ –

Gerade hier ist Gott verborgen
Das ist eine Geschichte voller Lebenserfahrung. Sie ist gesättigt mit Erfahrungen von Not und Rettung. Viele Generationen haben ihre Erlebnisse hier eingetragen: wie sie Angst litten und Hilfe erfuhren, wie sie neu gehen lernten im Vertrauen, dass sie gehalten sind und begleitet werden.

Und wenn sie im Leben wieder einmal in eine solche Situation geraten, dass etwas Dunkles sich vor ihnen auftürmt, dann wissen sie, dass Er darin verborgen ist. Es ist nichts Feindliches, nichts, was Gott nicht kennen würde. So gehen sie darauf zu im Bewusstsein: Gerade in dem, was mir schwer wird, kommt mir Gott entgegen. Und wenn ich meine, es geht nicht mehr, streckt er mir seine Hand entgegen und hilft.

Auch wenn unser Leben zu Ende geht, so erzählt die Geschichte, kommt uns Einer entgegen. Mitten im Sturm ist Er. Im Lärm, der uns erschreckt, in den Wellen: da ist Er verborgen – mitten in dem, was uns verunsichert – und er streckt die Hand aus. Er zieht uns heraus und sagt: du Kleingläubiger, warum zweifelst Du? Wir dürfen vertrauen, sagt er, viel mehr als wir gewohnt sind. Der Herr des Lebens ist da, er begleitet uns auf unserem Weg. Er steht bereit, uns zu helfen, wenn wir fallen, uns verlieren. „So spricht Gott: fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir, ich behüte dich und verlasse dich nicht.“

 

Aus Notizen 2011
Foto von Harrison Haines. Pexels