Himmel und Erde

Geht Gott in Geschichte ein?

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Dass der Glaube und alle seine Inhalte geschichtlich seien, gilt heute als selbstverständlich. Es ist kaum noch einfühlbar, wie Jahrhunderte der Glaubensgeschichte diese als «überzeitliche Grössen» behandelten. «Gott», «Heil», «Reich Gottes» – das schien einem «Jenseits» anzugehören. Das Dasein auf dieser Welt wurde entwertet, es wurde gar nicht ernst genommen.

Mit der Historisierung dieser Gehalte wurde es aber zunehmend schwierig, ihre Göttlichkeit noch zu denken und zu empfinden. Jesus wird heute weitgehend als historische Gestalt empfunden, als moralisches Vorbild und Religionsstifter, aber nicht als göttliche Gestalt, zu der man beten könnte. So ist zwischen Geschichte und religiöser Wahrheit ein Riss eingetreten.

 

Die historische Wende
Im 19. Jh. setzte sich in der deutschsprachigen protestantischen Theologie die Haltung durch, die Theologie «konsequent geschichtlich» auszurichten. Die Berufung auf Dogma und Metaphysik, die der allgemeinen Kultur nicht mehr zu vermitteln seien, wurde aufgegeben. Aber welcher Geschichts-Begriff wurde unterstellt? Wie verstand sie die «Geschichte», der sie jetzt die Entscheidung über die Gültigkeit der Glaubensinhalte anvertraute: ob etwas noch wissenschaftsfähig sei oder nicht?

Der «Historismus», der damals das Geschichtsdenken prägte, ist ideologisch geprägt. Der Historismus ist ein Gegenprogramm gegen universalisierende Konzepte und hat gewollt relativierende Konsequenzen. Im Konzept des Historismus lässt sich die Gültigkeit historischer Phänomene nur kritisieren, aber nicht begründen. Mit dem Entscheid zu einer «konsequent historischen» Deutung und mit dem angelegen Geschichtsbegriff wurden der Relativismus und der «Nihilismus», der später beklagt wurde, schon als Axiom ins System eingetragen – ein unlösbarer Konflikt.

 

«Geschichte» in der Bibel
Die Bibel verdankt sich historischen Erfahrungen von teils traumatischer Dichte. In ihr finden sich verschiedene Geschichtsbegriffe. Im Neuen Testament begegnet Geschichte in verschiedenen Modellen, von einer «aktualistischen» Entscheidungs-Haltung bei Johannes, über eine «essentialistische» Kontemplation in der Gnosis bis zur einer Konzeption bei den Synoptikern, die dem menschlichen Tun einen Geschichtsraum öffnet, diesen aber eingerahmt sieht von Heilsereignissen, die von Gott ausgehen. «Geschichte» wird in allen Modellen anders verstanden, als im Historismus, der der Bibelkritik des 19. Jh. zugrunde liegt.

 

Ein Download
Im download-Bereich dieses Blogs findet sich ein Aufsatz zu diesen Themen. Er ist als Diskussions-Beitrag zu einem Seminar an der Theologischen Fakultät Zürich im Jahr 1991 entstanden. Der Titel des Seminars nimmt das «Historisch-Kritische Denken in der Theologie» auf, weil sich hier immer wieder heftige Kontroversen entzünden. Im Rahmen des Historismus erlaubt die historische Kritik nur ein Distanzieren von Glaubensinhalten aber kein Begründen.