Himmel-Fahrt und der Weg „unten durch“

„Er richtet den Geringen auf“. So erzählt die Bibel von Gott. Er thront „droben in der Höhe“, aber er „schaut hernieder in die Tiefe“. Und er sieht die Menschen und was sie bewegt. „Ich habe das Leiden meines Volkes gesehen und ihr Schreien über ihre Antreiber habe ich gehört, ja ich kenne ihre Leiden. Darum bin ich herabgestiegen, um sie aus der Hand ihrer Verfolger zu erretten.“

So berichtet das Alte Testament, und das Neue Testament erzählt von Jesus Christus, wie er über Land geht. Sie bringen ihm ihre Kranken, dass er sie heilen soll. Er bückt sich nieder zu dem Blinden am Weg. „Er richtet den Geringen auf aus dem Staube und erhöht den Armen aus dem Kot“.

Aus dem Aschenhaufen
Wörtlich heisst es: „Er erhebt ihn aus dem Aschenhaufen“. Hiob, als er alles verloren hatte, setzte sich in die Asche. Dieser Ort bezeichnet den tiefsten Punkt, aus dem allein kein Aufstehen ist. Christus selber hat ihn kennen gelernt, als sie ihn zu Unrecht angeklagt und hingerichtet hatten. Aber Gott hat „den Geringen aufgerichtet aus dem Aschehaufen, er hat den Armen erhöht aus dem Kot, und er hat ihn neben die Fürsten gesetzt.“

So erzählt ein Psalm das Geschehen von Ostern und Auffahrt. Und diese Himmelfahrt, die wir in diesem Monat feiern, ist plötzlich nichts Abstraktes mehr. Sie bedeutet, dass es so etwas gibt wie Gerechtigkeit, dass Gott sieht, was geschieht. Und der, den sie verspottetet, niedergemacht und aus dem Wege geräumt haben, dieser wird aufgerichtet. Gott bringt ihn ins Licht, er bringt den Verachteten zur Ehre.

Aschenputtel
„Aus dem Aschenhaufen erhebt er den Geringen“. In der Ursprache heisst Aschenhaufen „aschpot“. Von diesem Text her wurde das Märchen von „Aschenputtel“ erzählt. Das ist das Mädchen, das von ihrer Familie entrechtet wird. Es muss bei der Asche liegen. Da ist es wenigstens noch warm, aber es wird schmutzig. Man kann seine Schönheit nicht mehr sehen. Aber der Prinz, der von oben kommt, erkennt sie in ihrer Verstellung. Er bringt sie zu Ehren.

Das Märchen zeigt das Wissen von etwas Wahrem, auch wenn es nicht immer zum Ausdruck kommt. Der Mensch hat eine unverlierbare Würde, auch wenn man diese mit Füssen tritt. Daran muss man festhalten, selbst wenn die Erfahrung im Alltag von Erniedrigung und Entrechtung geprägt ist.

Himmelfahrt heisst, dass das Leben mehr ist, als was zwischen Geburt und Tod Platz hat. Der Weg des Menschen beginnt bei einem Ursprung, auf den der Mensch keinen Zugriff hat. Und er endet bei einem Ziel, das Gott bestimmt. Darum gibt es ein „Ankommen“ für die Menschen am Ende ihres Weges. Darum endet der Weg der Menschheit nicht im Dunkeln. Darum hat die Welt Bestand. Die Kraft, die die Welt geschaffen hat, ist auch heute noch am Werk.

Wer ist wie der Herr, unser Gott? Der oben thront in der Höhe, der hernieder schaut in die Tiefe, der den Geringen aufrichtet aus dem Aschehaufen und erhöht den Armen aus dem Kot, dass er ihn setze neben die Fürsten, neben die Fürsten seines Volkes. (Psalm 113)

 

Bild Iklima Babangida, Pexels
Aus Notizen 2010