Warum ist die Predigt langweilig?

Die Predigt ist langweilig geworden. Vielleicht liegt es nicht daran, dass der Pfarrer alt ist und keine Energie mehr hat. Vielleicht liegt es daran, dass ihm bei der dauernden Anpassung an das historisch Verifizierbare der Gegenstand unter den Händen zerbröselt.

Die Kirche getraut sich nur noch, dem historisch Evaluierbaren entlang zu reden, das macht die Verkündigung flach und eliminiert einen transzendenten Glauben. Die Kopie der kulturellen Codes, die Verdoppelung der Rede, die auch in säkularen Institutionen gepflegt wird, lässt die Kirche als unnötig erscheinen.

Viele zentrale Glaubensinhalte, gerade auch um die Zentralgestalt Jesus Christus (Gott wird Mensch, Auferstehung, Erlösung, Bund) erscheinen in der Bibel nicht als Weisheitslehre, die unabhängig von Ort und Zeit überall gelten können. Sie beziehen sich auf Ereignisse, die die Botschaft auch in der Geschichte verankern. Trotzdem erzählen sie davon auch in mythologischer Gestalt. Dass Jesus lebte, kann man aus Quellen nachweisen, dass er Gottes Sohn sei, wird man nicht historisch verifizieren.

Die Kirche will nicht von «Mythos» reden, das würde den Inhalt des Evangeliums vergleichgültigen, das historisch Verifizierbare reicht aber nicht zu einem Glauben.

So gibt es seltsame Ungleichzeitigkeiten im Denken, manche Gläubige oder auch Gemeinschaften, buchstabieren ihren Glauben noch im Stil mittelalterlicher oder antiker Denksysteme. Diese lassen sich zwar kaum an die Allgemeinheit vermitteln, aber gegen innen sind sie fähig, die Wahrheit des empfundenen Glaubens zum Ausdruck zu bringen. Diese Gläubigen ziehen sich von der Allgemeinheit zurück, welche umgekehrt den Kontakt zur Tradition verloren hat und diese gar nicht mehr verstehen kann.

Dass es dabei nicht nur um philosophische Fragen geht, um Erkenntnislehre und die Frage, was «Wirklichkeit» denn eigentlich sei, ist mir erst vor kurzem aufgegangen. Mythos ist nicht nur ein Begriff der Kulturgeschichte, er gehört auch zur politischen Geschichte und zur Geschichte der totalitären Staaten im 20. Jahrhundert. Unter dem Eindruck von Krieg und Krise zog das kulturelle Suchen sich zeitweise von Vernunft und Billigkeit zurück und suchte in alten Mythen eine Antwort, die Hoffnung geben könnte. Und es wurden neue Mythen entworfen, die direkt zu totalitären Herrschaftssystemen führten. Mit Christentum hatte das nichts zu tun (der Gottesbegriff wurde durch andere Grössen ersetzt). Es brachte aber den Mythos in Verruf.

 

Beachten Sie dazu das Streiflicht «Missbrauch der Mythen»
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