Geborgenheit in der Natur

Die Zeit der Natur-Mystik scheint heute vorbei. Das Daseins-Gefühl in der Natur spiegelt heute nur die menschlichen Eingriffe und die Folgen, die die Störung eines dynamischen Gleichgewichtes mit sich bringen.

Angesichts von Hitzesommern, Überschwemmungen, Bergstürzen etc., wird das „Natur-Gefühl“ eher von Angst bestimmt. Das kontrastiert aufs heftigste mit einem „mystisch“ zu nennenden Gefühl von Geborgenheit in einem namenlosen Grösseren, das nicht zu umfassen und nicht zu kontrollieren ist, das einem anderen Gesetz gehorcht, in dem man sich als Mensch aber mit all seinem Dasein, von der Geburt bis zum Tod aufgehoben fühlte.

Das wird mir diesen Sommer wieder bewusst. Er fühlt sich so ganz anders an als ich es selber noch erlebt habe in früheren Phasen meines Lebens. Die Hitze, die Trockenheit, die Waldbrände, dann der plötzliche Regen, die Überschwemmungen und die Murgänge – das läuft unter dem Titel Klima-Veränderung. Da begegnet uns nicht mehr „das andere und grössere“, von dem wir ein Teil sind und dem wir uns vertrauensvoll hingeben können. Da begegnet uns nur noch der Mensch und sein „Machen“.

Die Welt der rationalen Kalküle, die wir jeden Tag im Büro erleben – wir finden sie jetzt auch im Regen und im Sonnenschein, selbst in den Ferien auf fernen Kontinenten, wo wir dem Büro zu entfliehen suchen. Es gibt keinen Ort mehr auf der Welt, wo wir davon nicht eingeholt würden.

Ich erinnere mich an die Kindheit, wie sich das anfühlte, wenn ich mit dem Velo unterwegs war, verregnet wurde und nass nach Hause kam. Oder der Zauber, den der Regen über die Landschaft breitete – der warme Landregen und die böigen Winde bei einem Gewitter. Der Regen schlug Staubperlen aus der Strasse und verbreitete einen charakteristischen Geruch.

Die Zeit der Natur-Mystik scheint für unseren Kulturbereich vorbei. „Draussen“ ist diese Erfahrung von Aufgehobensein kaum noch zu finden. Umso wichtiger ist es, dass der Glaube wieder davon zu erzählen lernt.

 

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Foto von Johannes Plenio, pexels
Aus Notizen 2017