Tag Archive for: Trauma

Gestern war ein Bericht in der Zeitung über ein katholisches Waisenhaus in Irland, wo offenbar über Jahrzehnte Kinder vernachlässigt wurden. Als sie starben hat man sie in einem Schacht „begraben“. Zwei Jungen fanden den Eingang beim Spielen. Offenbar liegen dort meterhoch Kinderleichen. Sie fassten einen Schock fürs Leben und können erst jetzt davon erzählen, nach 20, 30 Jahren.

Es ist nicht zu ertragen. Ich mag mich kaum damit befassen.

Die Kirche hat keinen „Bonus“ mehr. Sie hat einen „Malus“. Sie muss sich rechtfertigen, wann immer sie in der Öffentlichkeit als Kirche erkennbar wird. Und der Malus wird durch solche Nachrichten immer mehr befestigt. Weiterlesen

„Im Jahr des Herrn“, so mass man früher die Zeit. Weil das Christentum die Welt erobert hatte und darum alles Christus gehörte? Nein, weil er mitgeht im Lauf der Zeit. Weil er mitleidet mit den Menschen. Weiterlesen

«Vor Monaten hat sich etwas Neues in mein Gebetsleben eingeschlichen, unmerklich, von den Rändern her.» (So beginnt eine Notiz aus der Zeit, in der ich nach dem Glauben suchte.) «Schon früher hatte ich manchmal, als paradoxe Gedankenspielerei, den Satz ausgesprochen: „Wenn wir ernst nähmen, wovon wir immer sprechen: Gott – dass es ihn wirklich gäbe …!»

Ich begleitete den Satz mit einem Lachen, um anzudeuten, dass er nicht so ernst gemeint sei, denn das schien doch skandalös, dass da einer von Gott redet, ohne wirklich an ihn zu glauben. Ich hatte wohl den Verdacht, dass wir alle uns so verhalten, aber mit dem Satz schien ich ein Stillschweigen zu verletzen, wie das Kind im Märchen vom König ohne Kleider. Ich schien mich blosszustellen vor einer Menge, die allesamt bestreitet, dass es ihr so gehe, so dass nur ich nackt vor den skandalisierten Menschen zu stehen schien.

Dann rutschte der Satz in mein Gebet. Und ich versuchte mir vorzustellen, dass dieser Gott, von dem ich immer redete, zu dem ich selbstverständlich immer betete, wirklich lebte! – Es war eine Sensation wie ein Erdbeben: Eine Kruste brach auf, vom Magen her sprudelte etwas auf und überschwemmte mich, es ging durch alle Glieder…

Es war ein Gefühl ungeheurer Freiheit. Wenn Gott lebt und der Welt gegenübersteht, so lebe auch ich und stehe der Welt gegenüber! Dann bin ich frei – in meiner Fülle festgestellt, und gerade dadurch frei, mich ins Einzelne zu verlieren!

Es war eine Ahnung von Freiheit, von der Möglichkeit, mich aus der Deckung aufzurichten, hinter der ich mich vor dem Leben verschanzt hatte.»

So schrieb ich in einer Notiz vom 20. März 1990.
Lesen Sie die Fortsetzung im Streiflicht «Ein lebendiger Gott»
(Die Schaltfläche Streiflicht ist auf der Menüleiste).

In der Seelsorge hat man es manchmal zu tun mit Menschen, die sich von Gott verstossen glauben.
Ich bekam einmal einen Anruf. Jemand fühlte sich von Dämonen verfolgt. Weiterlesen

Die religiöse Tradition redet von Liebe und stellt es als höchsten Wert eines christlichen Lebens hin. Aber sie hat lange so davon geredet, bis das Gemeinte gar nicht mehr erkennbar war, bis die Angesprochenen es nicht mehr mit eigenen Erfahrungen verbinden konnten.

Und vor allem hat sie immer wieder moralisch davon gesprochen, als ob das eine Sache von gutem Willen und von Anstrengung wäre! „Liebe“ müssen wir uns nicht vornehmen wie eine saure Pflicht, das ist ein allererstes Lebensbedürfnis. Und was uns daran hindert, ist nicht Faulheit oder Egoismus – viele haben ja bis zum Überdruss genug an ihrem „Ego“ und finden doch den Weg nicht hinaus! Die dauernde Anstrengung erhöht nur das Gefühl der Vergeblichkeit und vertieft den Überdruss am ewigen Kreisen in sich selber. Weiterlesen

Die Weinlese hat dieses Jahr bereits begonnen. Der Tourismus hat da und dort ein altes Fest wiederbelebt: den Erntedank. Für die meisten ist die Landwirtschaft aber wohl „weit weg“. Sie arbeiten in der Stadt. Kann man Erntedank feiern in der Fabrik?  In der digitalen Welt?

 

Auf dem Land feiert man bald wieder Erntedank. Dieses Fest ist uralt. Seit die Menschen die Erde bebauen, spüren sie, dass etwas dazu kommen muss zu ihrer Anstrengung, damit die Saat wächst und gedeiht. So war die Arbeit in der Landwirtschaft immer umgeben von religiösen Handlungen. Man bat Gott um Regen, um Schutz gegen Sturm und Hagel. Und bei der Ernte dankte man ihm für seinen Segen, der das Leben weitergehen liess.

Heute leben wir immer noch von dem, was auf den Feldern und Äckern wächst. Aber die Anschauung ist uns verloren gegangen. Nur noch vier Prozent der Schweizer Bevölkerung ist heute noch in der Landwirtschaft tätig. Und wir müssen uns fragen: Was bedeutet „Segen“ in der Fabrik? Macht Gott auch „gut Wetter“ für die Arbeit am Bildschirm? Weiterlesen

Es gibt heute ernste und grosse Probleme – soll man sich auch noch um den Glauben streiten? Haben die Kirchen nichts Besseres zu tun? Sollten sie sich nicht besser mal um die Menschen kümmern? – Viele denken wohl so, wenn sie in der Zeitung lesen, wie Kirchen sich gegenseitig die Wahrheit absprechen. Und noch schlimmer: die Richtungen, die zu Gewalt aufrufen oder sich mit extremen politischen Ansichten verbinden! – Weiterlesen